Geisterblumen
so aus.«
Sie fuhr mit dem Finger über die tiefen Rillen. »Ich frage mich, was sich verändert hat.«
»Es muss schwer sein, einen großen Teil seines Lebens geheim zu halten.«
»Ja«, stimmte sie zu. Sie schien sich einen Moment lang in sich selbst zurückzuziehen, bevor sie in fröhlichem Ton sagte: »Geheimnisse können aber auch kostbar sein. Privat. Das ist für andere schwer zu verstehen. Es kann schon wichtig sein, etwas zu haben, das man nicht mit der ganzen Welt teilt.« Es klang wie ein Ratschlag, den sie beim Arzt im Wartezimmer gelesen hatte.
Sie war ziemlich seltsam. Manchmal sympathisch, dann wieder eben … Bridgette. »Sicher.«
»Du kannst dir sicher zuletzt ein Urteil erlauben«, fauchte sie wütend und defensiv zugleich. Sie hielt mir das Foto hin. »Ich würde das irgendwo aufbewahren, wo es niemand findet.«
»Das hat dein Bruder auch gesagt.«
»Tatsächlich? Dann sind wir mal einer Meinung.«
»Wieso?«
Sie schaute mich scharf an. »Wenn du anfängst, Fotos herumzuzeigen, werden die Leute Fragen stellen. Denk dran, du bist nur vorübergehend hier. Je neugieriger sie werden, desto eher werden sie unseren Betrug entdecken. Und das Letzte, was wir wollen, ist, dass die Polizei auf dich aufmerksam wird.«
»Stimmt.« Ich glaubte ihr, war mir aber nach wie vor auch sicher, dass sie etwas verschwieg. Leider gelang es mir nicht ganz, meine Skepsis zu verbergen.
Sie betrachtete mich prüfend. »Ich weiß nicht, was dich dazu gebracht hat, eine Woche früher als geplant hier aufzutauchen, aber ich schlage vor, dass du von jetzt an machst, was ich sage. Es wäre alles andere als schön, wenn du Schwierigkeiten bekämst.«
Ich hörte den drohenden Unterton in ihrer Stimme, wollte aber aus irgendeinem Grund, dass sie es offen aussprach. »An welche Schwierigkeiten hattest du gedacht?«
Sie griff in ihre Handtasche und öffnete ihr Portemonnaie. »Dann würde ich beispielsweise das hier der Polizei übergeben.« Sie zog meinen Ausweis hinter einer schwarzen American-Express-Karte heraus.
Mir wurde klar, dass ich auf diesen Augenblick gewartet hatte, seit ich vom Tennisspiel mit Bain zurückgekommen war und entdeckt hatte, dass mein Ausweis verschwunden war. Ich war fast erleichtert, dass sie endlich damit herausgerückt war. »Wenn du das machst, wäre ich gezwungen, alles über meinen Deal mit dir und Bain zu erzählen.«
»Natürlich«, erwiderte sie und nickte. »Allerdings möchte ich bezweifeln, dass man dir glauben würde. Außerdem, selbst wenn die Leute dir deine verrückte Geschichte abnehmen, kannst du nicht allen Ernstes annehmen, dass das Stück Papier, das du unter deiner Matratze versteckt hast und auf dem die Sache mit den 100 000 Dollar steht, wirklich einer Untersuchung standhalten würde. Du hast es offensichtlich aus dem Müll bei Starbucks gefischt, während du dort gearbeitet hast.«
Bain musste an jenem Abend, als er in meinem Zimmer gewesen war, nach dem Zettel gesucht haben. Vermutlich stand mir die Überraschung ins Gesicht geschrieben, denn sie lachte. »Ach, du hast geglaubt, es würde funktionieren. Wie süß. Egal, selbst wenn man dir deine Geschichte glaubt, bist du immer noch die Einzige von uns, die gegen das Gesetz verstoßen hat. Und die Einzige, die bestraft wird.« Sie steckte den Ausweis auf den Namen »Eve Brightman« wieder hinter die schwarze Kreditkarte. »Aber es gibt ja keinen Grund dafür, oder? Du tust einfach, was ich dir sage, und alles wird super laufen.«
Super für wen?
, fragte eine Stimme in meinem Hinterkopf.
Und einfach so, wie auf Knopfdruck, änderte sich ihre Persönlichkeit erneut. Als hätten wir etwas gütlich geregelt, löste sie ihren Sicherheitsgurt und lächelte mir verschwörerisch zu. »Komm mit.« Sie öffnete die Tür. »Ich werde dir eine der besten Sachen in Tucson zeigen.«
Ich schaute auf die Fassade des Einkaufszentrums vor uns. Ein Geschäft war geschlossen, dann gab es ein orientalisches Café mit Shisha-Lounge, den Billigladen und eine Esoterik-Buchhandlung. Bevor ich raten konnte, was die besondere Sehenswürdigkeit war, zog sie mich aus dem Auto und hin zu dem Billigladen. »Schatzsuche. Das Ziel besteht darin, das auserlesenste Stück zu finden. Die Gewinnerin zahlt.«
Ich hob die Augenbrauen. »Du warst da schon mal drinnen?«
»Jeder muss irgendwo Dampf ablassen.« Sie lächelte. »Weißt du jetzt, was ich mit dem Geheimhalten privater Dinge meine? Das hier ist mein kleines Geheimnis.«
»Und wenn
Weitere Kostenlose Bücher