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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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Erfolg«, sagte ich. Ich sah die Landschaft auf dem grünen Bildschirm der Kamera vorbeiziehen, entdeckte aber nichts, das nur im entferntesten wie ein Geist aussah.
    »Klar. Mein Erfolg und mein Ruf. Ich kann es gar nicht abwarten, der König der Webserien zu werden.« Er hielt das Lenkrad mit dem linken Arm und beugte sich vor, schaute von der Straße zum Kamerabildschirm und zurück. »Die Geister zu erkennen kann ganz schön schwierig sein, vor allem auf dem Gehweg und … da, schau!« Er lenkte den Wagen wild in Richtung Bordstein. »Wir haben einen!«
    Er grinste von einem Ohr zum anderen und deutete auf eine Wand aus Betonziegeln, auf der nichts zu erkennen war.
    »Wo denn?«
    Er stieß mich mit der Kamera an, und als ich durchs Objektiv auf die Wand schaute, erkannte ich plötzlich etwas, das wie ein Tropfen mit zwei runden Augen aussah. Es war knapp über dem Boden auf die Wand gemalt. »Niemals!«
    »Das ist ein Geist«, erklärte Grant. »Die Verfolger malen sie mit lichtempfindlicher Farbe, und die Jäger – das sind wir – müssen sie finden und auslöschen.«
    »Wie auslöschen?«
    »Schau zu und lerne.« Er sprang aus dem Wagen, holte etwas aus dem Kofferraum und erschien mit einem Eimer, einer Farbrolle und einem Blatt Papier auf dem Gehweg. Er tauchte die Rolle in den Eimer, legte das Papier über die Wand und drehte sich zu mir um. »Ist es über dem Geist?«
    Ich lachte. Auf dem Papier waren große, gelbe Pac-Mans aufgedruckt. »Zehn Zentimeter weiter nach links.« Als es richtig saß, rollte er mit dem Kleister darüber und klebte es an die Wand.
    »Jetzt machen wir ein Foto, schicken es an den Spielleiter und: ta-da! Ein Punkt für uns. Wir haben spät angefangen, aber ich habe ein gutes Gefühl.«
    Wir gingen in der ganzen Ebene um Tucson herum auf Geisterjagd. Während wir den fünften Geist überklebten, der seitlich an der Sitzbank einer Bushaltestelle versteckt war, fragte ich: »Wer hat dir beigebracht, mit Geistern zu sprechen, so wie du es bei der Séance gemacht hast?«
    »Das habe ich von meiner verrückten Tante Rosalie gelernt.« Er lachte bei sich, als er die Rolle wieder in den Kleister tauchte. »Sie war eine Zigeunerin, hat sie jedenfalls behauptet, und mein Vater hat meine Mutter, wenn er sauer auf sie war, immer als Zigeunerschlampe bezeichnet. Also muss es stimmen, oder?« Ich kniete mich hin, um das Poster festzuhalten, und er beugte sich vor, so dass sein Gesicht für mich auf dem Kopf stand. Er bedachte mich mit einem kleinen Lächeln, das mein Herz etwas schneller schlagen ließ, und ich stellte verwundert fest, wie leicht es mir in seiner Gegenwart fiel, Aurora zu sein. Er kitzelte Aurora förmlich aus mir heraus.
    Dann stand er auf. »Tante Rosie nahm mich auf ihren Runden mit. Sie war eine Art Geisterdoktor für viele Leute. Ich nehme an, ich habe vom Zuschauen gelernt. Sie sagte, ich könne gut mit verstörten Geistern umgehen. Sie nannte es
tocco luces
, die Berührung des Lichts. Ich glaube, sie hatte es sich ausgedacht, damit ich mir wichtig vorkam, aber das ist mir egal. Ich mag den Ausdruck.«
    »Heute Abend ist es dir auf jeden Fall gelungen.«
    »Ich weiß nicht, was das heute Abend war. Ganz merkwürdig.«
    »Weißt du, wer Jay war? Der Typ, der mit Bain geredet hat?«
    »Keine Ahnung. Vor drei Jahren war niemand namens Jay auf der Party …« Er hielt inne und sah plötzlich verwirrt aus.
    »Was ist los? Woran erinnerst du dich?«
    »Hat Bain nicht einen ›J. J.‹ erwähnt?«
    Ich überlegte. »Kann sein. Wieso?«
    »Es gab da einen Typen namens Jimmy. Er war Handwerker im Country Club. Alle nannten ihn J oder J. J., aber er war nicht auf der Party.« Er schaute nachdenklich drein, gab sich dann aber einen Ruck und lächelte. »Hat vermutlich nichts zu bedeuten. Aber das ist es, der
tocco luces
. Du hast es heute Abend mit eigenen Augen erlebt. Es ist auch der Titel meines ersten Films.«
    »Wie viele Filme hast du schon gedreht?«
    »Das ist …«, setzte er an, blickte dann aber alarmiert auf und flüsterte: »Da ist das Gesetz.« Ohne ein weiteres Wort ergriff er meinen Arm und zog mich hinter die Bank.
    Wir kauerten nebeneinander, warteten und horchten auf das Geräusch von Autoreifen oder Sirenen, aber es passierte nichts. Kein Streifenwagen war zu sehen. Ich schaute ihn an. »Wolltest du etwa meinen Fragen ausweichen?«
    Sein Gesicht war nah an meinem. »Stimmt«, sagte er grinsend. »Komm, wir sind noch lange nicht fertig.«
    Danach entdeckten

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