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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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frühreif gewesen sein, er wäre noch nicht mal zehn Jahre alt gewesen, als Hugi geboren wurde.« Er seufzte. »Die Kreuze haben nichts mit dem Haus zu tun und sind bestimmt von einem Wanderer oder Gott weiß wem dahingelegt worden.«
    »Ich bin heute Nacht von Stimmen wach geworden.« Líf kniff die Lippen zusammen, bis sie blass wurden. »Ich weiß nicht, warum ich euch das heute Morgen nicht erzählt habe. Sie kamen aus dem Erdgeschoss. Mit diesem Haus stimmt was nicht.«
    »Ach, hör doch auf.« Garðar wirkte alles andere als glücklich über den Verlauf des Gesprächs. Bestimmt sehnte er sich danach, Einar oder einen anderen Mann dabei zu haben, mit dem er einfach gemeinsam die Augen verdrehen und über Nägel sprechen könnte. »Das hast du geträumt. Mit diesem Haus stimmt zwar einiges nicht, aber das hat mit seinem Zustand zu tun, und wir sind hier, um daran zu arbeiten.« Er schüttelte den Kopf und murmelte: »Stimmen. Um Himmels willen.«
    »Ich weiß, was ich gehört habe. Es war nur eine Stimme. Eine Kinderstimme.« Im selben Moment knarrte das Gebälk des Hauses laut, und Líf zuckte zusammen.
    »Aha«, sagte Garðar triumphierend. »Das hast du gehört. Häuser geben alle möglichen Geräusche von sich, vor allem diese alten Holzhütten. Nachts, wenn alles still ist, merkt man das besonders.«
    »Das war kein Knarren, es war eine Stimme.«
    Katrín hatte genug über Lífs Träume gehört. Sie wollte ihre Phantasie nicht noch weiter anstacheln und jedes Geräusch und jedes Knarren des Hauses als Reden oder Flüstern interpretieren. »Garðar hat recht, Líf, das musst du geträumt haben. Du weißt doch, wie das ist, im Halbschlaf bildet man sich allen möglichen Unsinn ein.« Bevor Líf etwas entgegnen konnte, wandte sich Katrín an Garðar: »Aber selbst wenn dieser Typ keine Nachkommen hatte, muss er Erben gehabt haben. Warum wollten die das Haus eigentlich nicht behalten?« Die Frage war ziemlich absurd, da das Haus baufällig war, andererseits hatte der Kapitän gesagt, die Häuser in dieser Gegend seien begehrt.
    »Woher soll ich das denn wissen? Vielleicht waren es alte Leute, die kein Interesse daran haben hierherzufahren. Es gibt keinen Strom, und das Haus muss renoviert werden, das traut sich doch nicht jeder zu. Vielleicht haben sie das Geld mehr gebraucht als die Hütte. Es gibt Millionen Gründe dafür. Ich habe den Makler jedenfalls nicht ausgefragt, auch wenn ihr das wahrscheinlich gemacht hättet.«
    »Ich bestimmt«, behauptete Líf, aber Katrín wusste es besser. Ihre Freundin machte nie viele Worte um die Dinge, entweder war etwas großartig oder aber total daneben, und Entscheidungen wurden ohne langes Nachdenken getroffen. Vielleicht lag das an Einars und ihrem finanziellen Background – die Folgen einer unüberlegten Entscheidung waren für sie nicht so schlimm, dass es eine große Rolle spielte.
    Das Gespräch über das Haus hatte sie auf andere Gedanken gebracht, und Katrín bereute es, so ein Theater wegen der Kreuze gemacht zu haben. Sie hatte Garðar genötigt, mit seinem schlimmen Fuß nach draußen zu hinken, und Líf in Aufregung versetzt. Es war albern von ihr gewesen, die Kreuze nicht einfach selbst aufzuheben und ins Haus zu tragen, aber das ließ sich nun nicht mehr rückgängig machen. Sie musste das Beste daraus machen, das Unbehagen, das die Einsamkeit in ihr auslöste, abschütteln und Líf nichts davon merken lassen. Das geringste Anzeichen von Beklommenheit würde Lífs Hysterie nur anfeuern. Katrín stand auf und ging zu Garðar. »Du kannst froh sein, dass wir nicht dabei waren. Der Makler hätte dir das Haus dann bestimmt gar nicht verkauft.« Sie umarmte ihn und lehnte sich an ihn. Durch die dicken Klamotten spürte sie seine Wärme, aber er wirkte abwesend und erwiderte ihre Umarmung nicht. Bestimmt war ihm das in Lífs Gegenwart unangenehm, er hatte noch nie gerne Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit ausgetauscht. Dennoch beschlich Katrín der Verdacht, dass es einen anderen Grund dafür gab und Garðar mehr wusste, als er zugeben wollte.
    »Sehr froh.« Garðar strich Katrín eine Strähne aus den Augen, die sich aus ihrer wirren Frisur gelöst hatte. Er schaute an ihr vorbei und blinzelte Líf zu. Katrín konnte nicht sehen, wie sie darauf reagierte, hoffte aber, dass sie dieser Freundschaftsbeweis beruhigte. Dann schaute Garðar wieder zu seiner Frau und nahm sie in den Arm. »Sollen wir nicht lieber aufhören zu diskutieren und uns wieder an die

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