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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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dieser ganze Schlamassel, das ist alles deine Schuld, und sie machen mich dafür verantwortlich. Wenn du mir das Amulett nicht gibst, werden sie mich auch noch umbringen, und nicht nur -« Er verstummte, als hätte er um ein Haar ein Geheimnis preisgegeben. Als hätte sie nicht längst gewusst, dass die Lamaru sie tot sehen wollten. »Gib’s mir einfach. Sie brauchen mich. Ich kann mit ihnen reden, kann sie überzeugen, dass es ein Versehen war und dass du von nichts weißt.«
    Ja, klar. Das glaubte sie ihm aufs Wort. Sie atmete tief durch. »Also gut. Hier hast du’s.«
    Sie drehte den Oberkörper, drängte sich mit der rechten Seite gegen ihn und tat so, als würde sie ihm das Amulett mit der rechten Hand überreichen. Er hielt das Messer in seiner Rechten, musste seine Linke also, um das Amulett entgegenzunehmen, von ihrem Nacken lösen.
    Sie war nie sehr gut mit den Fäusten gewesen, hatte lieber irgendwelche Waffen benutzt, aber nun setzte sie das ein, was sie hatte, und holte mit der Linken aus. Es fühlte sich seltsam und unnatürlich an, aber es funktionierte. Sie traf ihn mit der Faust am Auge, und er kippte nach hinten. Chess ließ das Amulett fallen, zog ihr Messer und stieß zu, aber Randy war schneller. Er schnappte ihre Hand und drückte zu.
    Der Knauf ihres Messergriffs drückte sich mit voller Wucht in ihre verwundete Handfläche. Vor Schmerzen wurde ihr kurz schwarz vor Augen. Sie schrie und drehte sich seitwärts, um sich loszuwinden, doch er drückte noch fester zu. Durch einen Tränenschleier sah sie sein Gesicht, und seine Lippen waren wutverzerrt. Er hob die rechte Hand. Sein Messer blinkte im Mondschein.
    Terrible packte ihn, riss ihn empor und schleuderte ihn beiseite. Randy knallte mit einem Schlag, der den ganzen Raum erbeben ließ, an die Wand und fiel zu Boden. Es hätte geradezu komisch ausgesehen, wäre er nicht sofort wieder aufgesprungen.
    Er stieß einen heulenden Schrei aus und riss das Messer hoch, aber Terrible war zu schnell für ihn. Er packte Randys Handgelenk und stieß ihn mit der Schulter ein weiteres Mal an die Wand. Dann schlug er Randys Hand mit solcher Wucht dagegen, dass der Putz aufplatzte. Das Messer fiel zu Boden.
    Randy prügelte auf Terribles Rücken ein und hörte erst damit auf, als Terrible ihm die Messerspitze an die Kehle setzte.
    »Was soll ich tun?«, fragte er Chess.
    »Wir nehmen ihn mit. Ich hab unten irgendwo ein Seil gesehen. Damit fesseln wir ihn, und dann kann er mitkommen und helfen, den Traumdieb zurückzuschicken.«
    »Den kann man nicht zurückschicken«, sagte Randy. »Verstehst du denn nicht? Ohne das Amulett haben wir nicht mehr die Kontrolle über ihn, die wir mal hatten. Er wird immer stärker, und du hast ja gesehen, was er unten mit meiner Mom gemacht hat. Wir hatten ihn in gewisser Hinsicht eingesperrt, aber jetzt bricht er aus, und ich brauche das Amulett, um -«
    Das Licht erlosch, sämtliche Lampen, und sie standen mit einem Schlag im Dunkeln. Chess brannte und juckte die Haut rings um die Tätowierungen.
    Randy flüsterte: »Er ist hier.«

34
    »Ihr könnt die Toten nicht besiegen. Das vermag nur die
    Kirche mit ihren eigens dazu ausgebildeten Mitarbeitern.«
    Das Buch der Wahrheit, »Veraxis«, Artikel 5
    Chess hatte das Amulett zu Beginn des Kampfes fallen lassen. Sie kniete sich hin und fuhr mit den Fingern über den Teppichboden. Ihr war, als hätte sie eine Zielscheibe auf dem Rücken. Wo war Ereshdiran? Direkt vor ihr, die langen, fleckigen Zähne gebleckt? Oder direkt hinter ihr, um ihr eine Schlinge um den Hals zu legen oder ihr die Kehle aufzuschlitzen?
    Die Dunkelheit war vollkommen, nirgends auch nur der kleinste Schimmer Licht. Es war so dunkel wie im Schlund eines Raubtiers.
    Randys Schluchzer hallten durchs Zimmer. »Er ist hier, er ist hier, bitte finde das Amulett, Chessie, bitte, schnell...«
    Es fiel ihr schwer, sich auf irgendetwas zu konzentrieren, trotz des Adrenalins, das ihr durch den Körper strömte. Mit einem Mal war ihr ganz schläfrig zumute, und es war so dunkel, und der Teppichboden war so weich und kuschelig. Sie konnte sich dort hinlegen, konnte sich schön gemütlich zusammenkuscheln und ein kleines Nickerchen machen, konnte ...
    »Wach bleiben!«, schrie sie, doch ihre Stimme wurde von zersplitterndem Glas übertönt. Hinter ihr? Der Spiegel. Der Spiegel über der Frisierkommode. Ereshdiran musste ihn eingeschlagen haben. Seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte er so viel Kraft gewonnen,

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