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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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funktionieren würde, und drückte trotzdem auf den Knopf.
    Sie funktionierte. In ihrem Lichtkegel sah sie Randys Gesicht, seine toten Augen und das Blut, das aus dem klaffenden Loch lief, wo sich einmal seine Kehle befunden hatte. Chess blieb kaum Zeit zu begreifen, was sie da sah, da hielt der Traumdieb schon die Spiegelscherbe, mit der er Randy getötet hatte, in den Schein der Taschenlampe, warf das Licht damit zurück und blendete sie.
    Die Lampe fiel ihr aus der Hand, als Terrible sie schmerzhaft fest am Arm ergriff, sie dadurch aus ihrer Benommenheit herausriss und sie zum Ausgang des Zimmers drängte. Sie konnte überhaupt nichts mehr sehen; die weißen Flecken vor ihren Augen waren schlimmer als die Dunkelheit zuvor.
    »Das Amulett, wir brauchen das Amulett!«
    »Ich hab’s! Raus hier!« Er lief los und zog sie mit. Sie hörte dort, wo sie eben noch gestanden hatten, etwas an die Wand knallen und den Putz abplatzen.
    Bilder flogen von den Wänden, als Terrible und Chess die Treppe hinunter stürmten. Sie stolperten mehr, als dass sie liefen. Am unteren Treppenende verdrehte sie sich den Fuß, ließ sich davon aber nicht aufhalten. Sie spürte den Traumdieb hinter ihnen, wusste, dass es vor diesem Wesen kein Entkommen gab.
    Sie rannten aus dem Haus in die dunkle Nacht und quer über den Rasen auf Terribles Wagen zu, der hinter der nächsten Ecke stand. Das war jetzt wahrscheinlich nicht der allersicherste Ort für sie, aber Chess dachte nur noch daran, so schnell wie möglich wegzukommen. Weg und zum Flugplatz, um das Ritual hinter sich zu bringen. Sie hatte keine andere Wahl. Selbst die magischen Wehre der Kirchengebäude waren wahrscheinlich nicht stark genug, um sie vor diesem Traumdieb zu beschützen, der zu allem Überfluss auch noch durch ihr Blut mit ihr verbunden war.
    Schon auf halber Strecke zur Straße fühlte sich ihr ganzer Brustkorb an, als würde er gleich platzen. Sie wagte nicht sich umzusehen, und es hatte ja eh keinen Sinn. Er war hinter ihnen her, selbstverständlich war er hinter ihnen her, denn sie hatten ja schließlich das Amulett. Das Einzige, womit er eventuell zu beherrschen war - und das Einzige, was ihn zu ihr führen konnte.
    »Gib mir das Amulett«, bat sie Terrible keuchend.
    Er drückte es ihr, ohne Fragen zu stellen, in die Hand und schloss ihre Finger darum.
    Ereshdiran schoss an ihnen vorbei - ein schwarzer Blitz im orangefarbenen Lichtschein der Straßenlaternen. Chess sog so viel Luft, wie sie nur konnte, in ihre schmerzende Lunge und sprach die grundlegenden bannenden Worte, die sie fünf Jahre zuvor erlernt hatte, die ersten Macht-Worte, die jeder angehende Kirchenmitarbeiter beigebracht bekam: »Arcranda beliam dishager!«
    Sie blieben nicht stehen, um zu sehen, ob die Worte wirkten. Wenn sie wirkten, dann zumindest nicht dauerhaft. Doch wenn sie ihnen nur ein paar Minuten Vorsprung verschafften, genug Zeit, um in den Wagen zu gelangen und loszufahren, genug Zeit, um ihn weiter bannen zu können, bis sie mit dem Ritual beginnen konnte, dann war das viel wert.
    Endlich beim Wagen angekommen, rissen sie die Türen auf und warfen sich hinein. Terrible hatte den Motor angelassen, noch bevor Chess aufrecht saß, dann schossen sie in einer dicken Abgaswolke aus der Parklücke heraus, wobei das Heck des Wagens kurz ausbrach, und brausten davon.
    Der Chevelle fraß den Highway förmlich auf und schlängelte sich mit tiefem, zufriedenem Schnurren durch den Straßenverkehr. Chess blickte aus dem Fenster und sah zu, wie andere Autos hinter ihnen verschwanden, bis ihre Hände irgendwann zu zittern aufhörten.
    Dann gönnte sie sich als Erstes eine weitere Nase Speed, und zwar diesmal eine richtige. Anschließend trank sie ihre Flasche Wasser halb leer und reichte Terrible den Rest.
    »Alles okay, Chess? Bist du verletzt?«
    »Nein, mir geht’s gut. Und dir?«
    Er zuckte nur mit den Achseln, doch der Lichtschein des Armaturenbretts fing sich auf der Spiegelscherbe, die ihm aus dem linken Arm ragte.
    »Das sieht echt ungut aus.«
    »Halb so wild. Hab schon viel schlimmere Sachen weggesteckt.«
    »Ach ja? Was denn zum Beispiel?« Sie wollte nur, dass er weiter redete, worüber, war ihr egal. Sie wollte nur seine ruhige, tiefe Stimme hören, die sich wie ein aufgeschüttetes Kiesbett über die Schlaglochpiste ihres Entsetzens legte.
    »Na ja. Bin mal von einer Frau gebissen worden.«
    Sie musste unwillkürlich lachen, ja, dieses Lachen kam so überraschend wie ein Schluckauf. »Du

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