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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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deutete also nichts daraufhin, dass es in Chester tatsächlich spukte.
    Allerdings hatte bei den Sanfords anfänglich auch nichts darauf hingedeutet, und trotzdem war der Spuk echt gewesen.
    So viel zum Thema anfängliche Anzeichen.
    Die Mortons sahen aus wie eine ganz normale, nette Familie, die es mit aller Macht zu dem stereotypen Vorstadthaus mit zehn Metern Rasen drumherum bringen wollte. Doch das besagte gar nichts. Es hieß sogar, dass Chess noch mehr auf der Hut sein musste, denn den Mortons war dieses Vorstadthaus offenkundig ein dringendes Bedürfnis, das sah man ihren wohlgenährten Gesichtern an.
    Und Leute, die ein dringendes Bedürfnis hatten, schreckten oft vor Lug und Trug nicht zurück, um das Ersehnte zu bekommen.
    Damit kannte sich Chess aus eigener Erfahrung leider bestens aus.
    Und so setzte sie ein Lächeln auf und zückte ihr Notizbuch. »Was sagten Sie, wann ging es mit diesen Erscheinungen los?«
    Mrs. Morton hielt einen Moment lang inne und legte einen zierlichen, rosa lackiertem Fingernagel an ihre zierlichen, ebenfalls rosa geschminkten Lippen. »Ich glaube, das ist ungefähr fünf Wochen her, nicht wahr, Bill, Liebster? Als du auf diesem Kongress warst.« Sie wandte sich wieder an Chess. »Bill ist nämlich Optiker, müssen Sie wissen.«
    »Großartig.«
    Was sollte sie dazu sagen? Bill hätte sämtliche Augen im ganzen Stadtbezirk untersuchen können, und es hätte ihr nicht mal ein müdes Arschrunzeln abgerungen.
    Mrs. Morton jedoch war offenkundig sehr stolz darauf, und eines wollte Chess in diesem Moment ganz bestimmt nicht: diese Familie gegen sich aufbringen.
    »Ich war gerade in der Waschküche«, fuhr Mrs. Morton fort, »und habe eine Ladung Wäsche in den Trockner getan, als ich Albert schreien hörte. Das war seltsam, denn Albert ist ein so tapferer und stiller Junge. Genau wie sein Daddy.«
    Wenn Mrs. Morton sich verkneifen würde, den beiden verbal einen runterzuholen, könnte man die ganze Sache viel schneller über die Bühne bringen. Aber wahrscheinlich war das so ziemlich der einzige Sex, den diese Frau bekam. Mr. Morton - schweigsam, blass, Pullunder - sah nach dem Typ Mann aus, der selbst Rippchen mit Messer und Gabel aß. Nicht gerade der heißblütigste aller Lover, vermutete Chess, aber andererseits: Was wusste sie schon?
    »Haben Sie die Erscheinung denn mit eigenen Augen gesehen, Mrs. Morton? Oder hat nur Albert sie gesehen?«
    »Damals habe ich sie nicht gesehen. Aber er hat sie mir so lebhaft beschrieben, dass es mir fast so vorkam. Beim nächsten Mal habe ich sie dann tatsächlich mit eigenen Augen gesehen. In unserem Schlafzimmer. Ich war gerade kurz vorm Einschlafen.«
    »Und wie sah sie aus?«
    »Absolut scheußlich. Wie ... wie ein Ghul etwa. Im Zimmer ist es ganz kalt geworden. Es fühlte sich so ... böse an.«
    Die Dame des Hauses durchlief ein geziertes Schaudern. »Es war grau und runzlig. Und irgendwie moderig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Es trug irgendwelche Lumpen, die vielleicht mal ein Kleid gewesen sind, aber das war nicht mehr zu erkennen. Ich weiß nicht mal, ob es ein Mann oder eine Frau war. Es muss jedenfalls schon sehr lange tot gewesen sein. Ist es aus der Stadt der Ewigkeit geflohen? Ich dachte, die könnten dort nicht mehr hinaus, aber wenn dem wirklich so wäre, dann würde es bei uns ja nicht spuken, nicht wahr?«
    »Manche Geister haben es nie bis in die Stadt geschafft. Wir räumen immer noch das Durcheinander auf, das uns die alten Religionen hinterlassen haben.«
    Chess machte sich noch eine Notiz: Sehr darauf bedacht, der Kirche die Schuld zu geben. Kann das Wesen nicht genau beschreiben. Mit etwas Abstand fügte sie noch hinzu: Wodka, Waschmittel, Zahnpasta.
    Mrs. Morton musste Chess etwas angesehen haben, denn sie fügte hinzu: »Nicht dass wir die Kirche dafür verantwortlich machen! Ganz gewiss nicht. Aber es ist ... Es ist schon sehr unheimlich. Der arme Albert traut sich nicht mehr, in seinem Zimmer zu schlafen. Wir alle fühlen uns hier nicht mehr wohl, wenn wir allein sind, und dabei, na ja, ist es doch unser Haus. Und jetzt können wir es nicht einmal mehr verkaufen, wo ein Unti darin spukt!« Sie hielt sich die Hände vor den Mund.
    Chess ignorierte diese Bezeichnung ebenso wie das übertriebene Entsetzen in Mrs. Mortons überaus sorgsam geschminktem Gesicht. »Unti« - eine Kurzform von »Untoter« - war noch das Harmloseste, was ihr in dieser Hinsicht bisher untergekommen war, und natürlich flapsiger als die von

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