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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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die einströmende Macht kaum mehr wahrgenommen hatte.
    »Was gibt’s denn, Chess?«, riss Terrible sie aus ihren Gedanken. Er lag mit nacktem Oberkörper auf der gekippten Rückenlehne eines Stuhls und blickte zu ihr hoch. Sie hatte gar nicht gewusst, wie viele Tattoos er trug - abgesehen von dem fast vollständigen Sleeve des linken Arms und dem kleinen Schriftzug rings um den Halsansatz. Seine Schultern waren ebenfalls bedeckt und auch die linke Seite von der Achsel über die Taille bis unter den Hosenbund.
    »Ich wollte -« Sie klappte den Mund wieder zu.
    »Was?«
    »Ich ... Was lässt du dir denn machen?« Sie sah, fasziniert und auch ein wenig angewidert mit an, wie der Tätowierer einen langen, schmalen, blutigen Streifen von Terribles Rücken abzog.
    »Einen noch«, sagte der Mann, und Terrible blickte sich zu ihm um und nickte.
    »Terrible ... Was soll das?«
    »Scar, Chess. Wart nur ab. Das Witzige kommt erst noch.«
    »Äh ... Was soll denn daran witzig sein?«
    Der Tätowierer kam mit einem Skalpell wieder und beugte sich über ihn. Terribles Augenbrauen zuckten, aber sonst blieb er ganz ruhig — sie alle drei schwiegen —, während der Tätowierer ihm einen weiteren Hautstreifen aus dem Rücken schnitt und abzog. Anschließend tupfte er das Blut mit Mull auf.
    »Also, was ist passiert? Bist du okay?«
    »Ja ... äh ...«
    Nun hielt der Tätowierer eine Schale in der Hand, mit einem Pulver, das wie Asche aussah. Während Chess zusah, begann er, größere Mengen davon in die frischen Wunden zu reiben - das nahm sie zumindest an, denn von dort, wo sie stand, sah sie nur seine Armbewegungen. »Hast du den kleinen Brain gesehen?«
    »Nee. Wieso?«
    »Ich suche ihn. Er war heute Morgen bei mir und hat erzählt, Hunchback hätte ihn rausgeschmissen, aber -«
    »Verfickte Scheiße.« Terrible blickte grimmig. »Dieser dumme Wichser. Ich hab ihm doch gesagt, dass der Junge nicht dran schuld ist. Fahren wir gleich zu ihm? Den Vollidioten mach ich fertig!«
    »Bist du bereit, T?« Der Tätowierer stand nun hinter ihm und wirkte, als wüsste er nicht recht, ob er weglaufen oder so tun sollte, als wäre alles in bester Ordnung. Chess konnte es ihm nachfühlen. Sie war selber drauf und dran wegzulaufen; sie konnte kaum still stehen und hatte Herzklopfen. Sie war auch so schon nervös genug, und einen stinkwütenden Hundertzwanzig-Kilo-Kerl konnte sie jetzt echt nicht gebrauchen.
    »Ja. Fang an.«
    Terrible hielt die Rückenlehne gepackt, sodass sich seine Bizepse spannten, und der Tätowierer kam näher. In der Hand hielt er etwas, das wie ein kleines Einwegfeuerzeug aussah. Was zum Teufel …?
    Er schnippte mit dem Daumen. Terribles Finger spannten sich an, und er kniff die Augen zu, als das in seine Wunden geriebene Schießpulver kurz aufflammte. Chess kreischte auf, was ihr ungeheuer peinlich war, von den anwesenden Männern aber taktvoll überhört wurde. Möglich, dass sie gar nicht taktvoll waren, sondern bloß Angst hatten, was Chess tun würde, wenn man sich über sie lustig machte. Die meisten Leute machten sich nämlich vollkommen übertriebene Vorstellungen davon, wozu sie mit ihren magischen Kräften in der Lage war. In Wirklichkeit konnte sie ihnen, solange sie nicht tot waren, gar nicht allzu viel anhaben. Aber sie hielt es für unpraktisch, den Irrtum aufzuklären.
    Sie sah zu, wie der Tätowierer eine ganze Reihe von Spiegeln brachte und so hielt, dass Terrible seinen Rücken betrachten konnte. Dabei erhaschte sie auch einen Blick darauf und sah Linien, die vage nach Flügeln aussahen. Der Spiegel wurde zu schnell wieder weiterbewegt, als dass sie es genau hätte erkennen können, aber Terrible war anscheinend zufrieden damit. Zumindest guckte er nicht böser als sonst auch, als der Tätowierer schließlich begann, die Wunden mit antibiotischer Salbe zu versorgen, um sie anschließend zu verbinden.
    Chess fand es seltsam, Terrible mit freiem Oberkörper zu sehen. Sie neigte dazu, seine Bowlinghemden als Panzerung anzusehen, und ohne Hemd ... nun ja, wirkte er trotzdem wie gepanzert.
    Erstaunlich attraktiv gepanzert. Tätowierungen und Narben zierten seine Haut, dichtes, dunkles Haar zog sich über seine Brust und in einem schmalen Streifen zum Unterleib hinab, und er hatte kräftige, wohlgeformte Muskeln, die sich sehr schön voneinander abzeichneten und sich offenkundig keinem Fitnessstudio, sondern echter Arbeit verdankten.
    Er sah kurz zu ihr hinüber, dann blickte er sie mit erhobener Augenbraue

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