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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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vorbeizudrängen, aber er packte sie am Arm und hielt sie zurück.
    »Warte. Lass mich da schnell anrufen, ja? Du haust jetzt nich einfach so ab.«
    »Mach ich nicht. Ich hab auch Leute, die ich anrufen kann.«
    »Du gehst heute Nacht nich wieder zurück zur Kirche. Nich nach dem, was -«
    »Ich weiß ganz genau, was heute passiert ist.« Es fühlte sich an, als müsste sie die Worte durch eine dicke Stoffschicht hindurchpressen. Ihr Gesicht brannte vor Scham. »Ich geh nicht dahin zurück. Lass mich los.«
    »Nein. Schau mal, ich -«
    Sie riss sich los, wobei sie beinah an die Wand gegenüber prallte. »Nimm deine Scheißhand da weg!«
    Das wirkte. Der letzte Rest Sympathie, den er ihr gegenüber noch empfand - was wirklich erstaunlich war und wodurch sie sich nur noch schlechter fühlte -, löste sich in Luft auf. Terrible zuckte mit den Achseln und wandte sich ab. »Wie du willst.«
    »Ja, genau, das will ich!«
    Doch da war er schon wieder im Lokal verschwunden und hatte sie im Eingangsbereich zurückgelassen, mit irgendwelchen wildfremden Leuten und ihrer brennenden Reue.

24
    »Es gibt keine Sünden - wie die falschen alten Religionen
    die Menschheit glauben machen wollten. Es gibt das
    Verbrechen, und es gibt die Strafe. Es gibt Recht und
    Unrecht, Gut und Böse. Das alles jedoch beruht auf
    Tatsachen und nicht auf einem Glauben.«
    Das Buch der Wahrheit, »Veraxis«, Artikel 56
    »Hier abbiegen.«
    Doyle gehorchte und bog mit dem Wagen um die Ecke. »Wo fahren wir denn überhaupt hin?«
    »Nur zu einem Freund.«
    »Gibt es irgendeinen Grund, warum du mir nicht mehr darüber verrätst? Meinst du nicht, dass du mir das schuldig bist, nachdem du mich mitten in der Nacht aus dem Bett geholt hast?«
    Seine Stimme war wie das Sirren einer Mücke nah an ihrem Ohr. Wieso hatte sie ihn angerufen? Sie hätte einfach zu Fuß gehen sollen. »Wenn du mich nicht hinbringen willst, hättest du einfach Nein sagen können.«
    »Und zulassen, dass du ganz allein durch eine gefährliche Gegend geisterst? Das kam für mich nicht infrage.«
    »Dann mecker jetzt nicht rum.« Chess verschränkte die Arme energisch vor der Brust und starrte aus dem Fenster. Der Regen ließ die roten Ampellichter verschwimmen und vor dem schwarzen Hintergrund der leeren Straße seltsam festlich erscheinen. Fast konnte sie sich vorstellen, in einem Raumschiff zu sitzen oder in einem Boot, das über einen spiegelglatten See dahinglitt. Ganz allein. Ganz wie sie es wollte.
    Sie konnte es sich nur fast vorstellen, weil Doyle einfach nicht die Klappe hielt. »Ich bin nicht irgendein Laufbursche. Und ich kann’s nicht ab, wie einer behandelt zu werden.«
    »Was ist eigentlich dein Problem, verdammt noch mal?«
    »Nein, was ist dein Problem, Chessie? Du hast dich damals praktisch auf mich gestürzt und mich ins Bett gezerrt, und anschließend hast du mich wie einen Aussätzigen behandelt. Du rufst mich nie zurück, und dann weckst du mich mit einem Mal mitten in der Nacht und flehst mich buchstäblich an, zu dir zu kommen.«
    »Du hättest ja Nein sagen können.«
    »Komm mir nicht so. Du hast dich vorhin am Telefon angehört, als würdest du jeden Moment in Tränen ausbrechen. Was hätte ich da tun sollen? Und du siehst auch wirklich echt schlimm aus. Als hättest du seit Tagen nicht mehr geschlafen. Hey, Moment mal!« Der Wagen, der eh schon auf ein Tempo abgebremst war, bei dem eine nüchterne Chess sich Sorgen wegen Carjacking gemacht hätte, fuhr nun noch langsamer. »Hast du ihn etwa gesehen? Den Albtraummann?«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest. Das hab ich dir auch schon mal gesagt.«
    »Du musst mit mir zum Großältesten gehen. Wir müssen ihm berichten, was vor sich geht.«
    »Ich rede mit keinem - über gar nichts.« Mist. Mit wie vielen Leuten hatte er schon über diese Sache gesprochen? Wenn die Lamaru aufgrund dessen, was sie wusste, hinter ihr her waren, in welcher Gefahr schwebte dann erst Doyle - Doyle, der, selbst wenn sein Leben davon abhing, einfach nicht die Klappe halten konnte? Es sei denn -
    Nein. Nein, das konnte nicht sein. Dazu wäre er nicht imstande.
    »Du redest nie mit wem über irgendwas. Seit Wochen versuche ich, zu dir vorzudringen, aber du schottest dich einfach ab. Du sprichst nicht mit mir, und du sprichst auch mit sonst keinem. Du hängst nur hier in deinem ach so tollen Ghetto rum, mit diesen ganzen Bekloppten, wie beispielsweise diesem großen Typ, der aussieht, als wär er zu dumm zum Scheißen, und -«
    »Du

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