Geisterhafte Visionen
fühlt sich nicht besonders gut an«, entgegnete der junge Mann. Er schien voll bei Bewußtsein zu sein, doch seine Stimme klang nun heiser und rauh. Mit beiden Händen hielt er sich das verletzte Bein und sah so zu Janeway auf, als sei alles seine eigene Schuld.
»Ich habe Sie nicht darum gebeten, ein lebender Schild für mich zu sein«, sagte sie. »Obwohl ich die Geste zu schätzen weiß.«
Kim lächelte, und dadurch verschwand der Schmerz fast völlig aus seinen Zügen. Janeway stellte plötzlich fest, daß die Verfolger nicht mehr schossen. Sie richtete sich halb auf und feuerte über den Baumstamm hinweg, versuchte diesmal, tatsächlich jemanden zu treffen. Die Televek lagen am oberen Rand der Rinne, aber es gelang der Kommandantin nicht, sie genau zu lokalisieren. Nun, bestimmt dauerte es nicht mehr lange, bis sie erneut näher kamen.
Zwei Köpfe zeigten sich, und dann blitzten zwei
Energiestrahlen. Janeway hielt es für besser, wieder in Deckung zu gehen, anstatt das Feuer zu erwidern. Eine kluge
Entscheidung: Das Holz des Stamms explodierte genau dort, wo sich eben noch ihr Gesicht befunden hatte.
»Von diesen Bäumen ist bald nichts mehr übrig«, sagte sie.
»Können Sie gehen?«
Kim versuchte, das verletzte Bein zu bewegen, und Janeway beobachtete, wie sein Gesicht wieder zu einer von Pein gezeichneten Grimasse wurde. Sie überprüfte ihren Phaser und nahm zur Kenntnis, daß die Ladekapsel nur noch wenig Energie enthielt. Das energetische Potential von Kims Strahler war ein wenig größer, wenn auch nicht viel.
»Unsere Lage ist nicht gerade rosig, oder?« Kim keuchte und versuchte, sich in eine einigermaßen bequeme Position zu bringen, was jedoch unmöglich zu sein schien. Janeway wußte, daß er das Bedürfnis verspürte, sich an ihrem Mut und ihrer Unerschütterlichkeit ein Beispiel zu nehmen. Sollte sie ihm mitteilen, daß sie einen Plan hatte, der nicht schiefgehen konnte und sie beide in Sicherheit bringen würde? Sie entschied sich dagegen. Er hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.
Wieder rasten Strahlblitze heran und verbrannten einen so großen Teil des Baumstamms, daß sie einen halben Meter zur Seite weichen mußten. Janeway musterte den jungen Mann, als sie sich erneut hinter die Barriere aus Holz duckten. Ganz deutlich erinnerte sie sich an die üblichen Vorträge, die Kadetten in diesem Zusammenhang an der Akademie hörten, den Hinweis darauf, daß der Dienst irgendwann verlangen mochte, das eigene Leben zu opfern. Janeway gehörte seit vielen Jahren zu Starfleet, doch sie sah sich außerstande, ausgerechnet ein solches Dogma in Worte zu fassen.
»Kim, Sie sollen wissen, daß ich…«
»Captain!« entfuhr es dem Fähnrich, und er sah an ihr vorbei.
Janeway vernahm ein seltsames Summen, und als sie den Kopf drehte, bemerkte sie einen vertrauten Glanz. Tiefe Erleichterung durchströmte sie, als sie plötzlich verstand, was geschah. Tuvok materialisierte dicht vor ihr, mit einer Transfer-Armbinde am linken Arm. In den Händen hielt er zwei weitere Binden und einen Tricorder.
»Captain…« Der Vulkanier sah auf Janeway hinab.
»Ducken Sie sich!« rief sie und zerrte am Ärmel des
Neuankömmlings, als ein von den Televek abgefeuerter Strahl Tuvoks Kopf nur um wenige Zentimeter verfehlte.
Er ging neben ihr in die Hocke.
»Danke, Captain.«
»Schon gut. Ich nehme an, Sie sind beschäftigt gewesen.«
»Leider komme ich nicht mit guten Neuigkeiten«, sagte Tuvok. »Das Kommunikationssystem des Shuttles läßt sich nicht mehr reparieren. Wenigstens konnte ich den Transporter in Ordnung bringen.«
»Ich wußte, daß Sie es schaffen, Tuvok.« Kim wollte lächeln, doch dadurch gewann sein Gesicht nur etwas Fratzenhaftes.
»Allerdings funktioniert der Transporter nicht besonders gut«, fügte der Vulkanier hinzu.
Wieder wurde der Baumstamm von einem Energiestrahl
getroffen. Janeway nahm ihren Phaser und nickte in Richtung der Televek am oberen Rand der Rinne. Tuvok zog den eigenen Strahler, richtete sich zusammen mit der Kommandantin auf und schoß. Sie hatten sich gerade wieder geduckt, als von der linken Seite her mehrere Strahlen gleißten und einen jungen Baum dicht hinter den drei Starfleet-Offizieren verdampften.
Janeway und Tuvok zielten und erwiderten das Feuer. Schon nach wenigen Sekunden versagte Janeways Phaser aufgrund einer erschöpften Ladekapsel, und sie benutzte Kims Waffe.
»Auch dieser Strahler enthält nicht mehr viel Energie«, teilte sie dem
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