Geisterkrieg
gesperrt, und bis wir genug hatten, war das Gelände unser Privatspielplatz. Falls sich jemand darüber wunderte, würde man annehmen, dass sie darum gebeten hatte, und mich übersehen, genau wie es beabsichtigt war.
Für Ritter auf Mission waren Ausnahmen vorgesehen, aber meine jährliche Leistungsbeurteilung war zwei Monate überfällig. Janella hatte dieses Problem nicht, doch ihr Termin war früh genug, dass man uns gestattete, die Prüfung gemeinsam abzulegen. Außerdem wollten eine Reihe Leute vermutlich sehen, wie ich mich in dem neuen Mech machte, besonders in Anbetracht dessen, wie ich meine letzten verloren hatte.
Doch die Übung war nicht allein aus verwaltungstechnischer Sicht eine gute Sache. White Sands ist auf eine spartanische Art faszinierend, aber ich habe ohnehin eine Schwäche für Wüsten, weil sie so grundlegend anders sind als die Wälder meiner Kindheit. Außerdem war dieser Ort von historischer Bedeutung. In Alamogordo hatte der erste Atombombentest stattgefunden, und ich war mir ziemlich sicher, dass hier nicht zufällig ein BattleMech-Testgelände eingerichtet worden war.
Und vom Mechfriedhof wusste ich es genau.
Ich vermute, dass Stone seine Einrichtung angeordnet hat, obwohl ich auch David Lears Handschrift darin erkenne. Im Westen des Manövergeländes, zwischen White Sands und dem San-Andres-Gebir-ge, lag ein riesiger, ausschließlich auf zerstörte Mechs beschränkter Schrottplatz. Er enthielt Mechs aller Konfigurationen und Farben, aus allen Häusern, Clans und Söldnereinheiten, von denen ich je ge-hört hatte. Beinlose Mechrümpfe lagen auf dem Rücken oder der Seite. Andere standen, abgetrennte Arme zu ihren Füßen. Mehr als ein zertrümmerter Mechkopf lag auf dem Boden oder saß verdreht auf zernarbten und aufgerissenen Schultern.
Wenn ich das Gelände passierte, lief mir jedes Mal ein kalter Schauer über den Rücken. Hier, an diesem Ort, war die furchtbarste Waffe der Menschheit entwickelt worden. Und im Schatten des Geländes, auf dem sie zur Explosion gebracht worden war, ragten diese zertrümmerten Avatare des Krieges in den Himmel. Ebenso wie die Menschheit schließlich erkannt hatte, welcher Wahnsinn Atomwaffen waren, würden wir vielleicht eines Tages lernen, auf Battle-Mechs zu verzichten.
Als ich zum ersten Mal hierher gekommen war, hatte ein alter Me-chKrieger, der mich hinaus aufs Testgelände begleitete, einen Mahn-spruch zitiert, dessen Ursprung in den Nebeln der Geschichte verloren gegangen scheint: »Wie ihr seid, waren dereinst wir. Wie wir jetzt sind, werdet dereinst ihr sein.« Jeder einzelne dieser Mechs war einmal von jemandem wie mir in den Kampf gesteuert worden. Eines Tages hatten sie erfahren, dass ihre Unbesiegbarkeit nur ein Mythos war. Ein Teil von ihnen hatte die Erfahrung überlebt, aber die meisten hatten mit dem Leben dafür bezahlt.
Als ich sie jetzt betrachtete, wurde mir klar, dass ich mich noch immer an die Vorstellung klammerte, mir würde die letzte Niederlage erspart bleiben. So lächerlich das auch war. Immerhin hatte ich meine letzten beiden Mechs im Kampf verloren - Maria war die Ausnahme von der Regel. Diggers Ende war ein wilder Ritt gewesen, aber wenig mehr. Der andere Mech ... Nun ja. Ich kniff die Augen zusammen, fand seinen zerbeulten Rumpf aber nicht unter den in der Gluthitze röstenden Wracks.
Wir steuerten unsere Mechs in den Hangar und kletterten aus den Cockpits. Eine Tech kam mit einem Compblock herüber und ich musste verschiedene Formulare abzeichnen. Sie lächelte mich an, und ich fragte mich, ob sie mit dem Bürokraten verwandt war, der in Santa Fe mein Quartier vorbereitet hatte. »Wir lassen den Namen in den nächsten Tagen anbringen, Sir. Sind Sie sicher, dass er Geist heißen soll?«
Ich nickte.
Sie runzelte kurz die Stirn. »Kein gutes Omen. Warum wollen Sie ausgerechnet diesen Namen?«
Ich zuckte die Achseln, während ich die Kühlweste abstreifte. »Prinz Victor Steiner-Davions Einheit im Clankrieg hieß >Die Unto-ten<. Untote sind Geister. Vielleicht bin ich eines Tages so gut, dass ich ein Untoter hätte sein können.«
»Piloten.« Sie schüttelte den Kopf, aber ihr breites Lächeln verblasste dabei nicht. »Wenn Sie es so wollen, wird es geschehen. Ich werde sogar darauf achten, dass man sich Mühe gibt.«
»Danke.« Ich nickte ihr zu, dann bog ich auf den Gehsteg hinüber zu Janella ein. Sie zeichnete ihre Formulare ab und strahlte mich an. »Mein Ergebnis liegt in den besten zwei Prozent des
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