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Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Winter
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zumindest was Dawn betraf. Fiona hatte zwar häufig schlucken müssen und sich ein oder zwei Mal mit dem Handrücken über die Augen gewischt, aber ansonsten die Fassung bewahrt. Nachdem sie so lange keine Tränen vergossen hatte, gelang es ihr meistens, zumindest äußerlich gelassen zu bleiben. Wenn es auch plötzlich viel schwieriger geworden war.
    Es hatte Fiona sehr berührt, zu hören, dass ihre Mutter und ihre Schwester so oft von ihr gesprochen hatten. Und als Dawn von Noreens plötzlichem Tod erzählt hatte, waren dann doch Tränen in Fionas Augen gestiegen, die sie nur mühsam hatte zurückhalten können. Das Wissen, dass Noreen sich während all der Jahre ebenso sehr nach ihr gesehnt hatte, wie sie ihre Mutter vermisst hatte, schnürte Fiona regelrecht die Kehle zu. Und die Wut auf ihren Vater, der aus purem Egoismus den Kontakt verhindert hatte, lag wie ein glühender Stein in ihrem Magen.
    Seufzend drehte Fiona sich unter der warmen Bettdecke um und wollte gerade die Augen schließen, als sie vor der Tür zu ihrem Zimmer Schritte hörte. Die Holzdielen des Fußbodens knarrten vernehmlich, während jemand den Flur entlangging.
    »Dawn?« Fiona richtete sich auf und schaute im dunklen Zimmer zur Tür. Konnte ihre Schwester auch nicht schlafen? Vielleicht hatte Dawn ja Lust, unten in der Küche noch einen Tee zu trinken und ein bisschen zu plaudern, bis sie beide müde waren. Es gab noch so viel zu erzählen, zu fragen …
    »Dawn?«, rief Fiona erneut, dieses Mal ein wenig lauter.
    Das Knarren hörte für einen Moment auf, dann bewegten die Schritte sich weiter in Richtung Treppe. Wahrscheinlich war Dawn sich nicht sicher, ob sie tatsächlich Fionas Stimme gehört hatte.
    Fiona schlug die Decke zurück, angelte im Dunkeln mit den Zehen nach ihren Pantoffeln und huschte zur Tür. Als sie die Tür zum Flur öffnete, stellte sie erstaunt fest, dass ihre Schwester das Licht nicht eingeschaltet hatte. Aber natürlich war es auch nicht schwierig, sich ohne Beleuchtung in einem Haus zurechtzufinden, das man gut kannte und durch dessen Fenster das helle Licht des fast vollen Mondes fiel. Auch Fiona erkannte deutlich die Wände und die Treppe.
    Als sie auf die oberste Stufe trat, sah sie am Fuß der Treppe die schmale Gestalt ihrer Schwester. Rasch folgte sie Dawn nach unten.
    »Dawn?«, fragte sie wieder, als sie das Erdgeschoss erreicht hatte. Auch hier brannte nirgends Licht. Wahrscheinlich war Dawn inzwischen in der Küche, wo sie sich auch im Dunkeln gut genug zurechtfand, um sich ein Glas Wasser einzugießen. Aber warum antwortete sie nicht, wenn Fiona nach ihr rief?
    Plötzlich spürte Fiona, wie die Härchen in ihrem Nacken sich aufrichteten. Ein eisiger Luftzug strich um ihre nackten Beine, und ein seltsames bläuliches Licht erfüllte den schmalen Flur. Sie fuhr herum und sah, dass die Tür zum Garten weit offen stand. Was um Himmels willen tat Dawn mitten in der Nacht da draußen?
    Und ist es überhaupt Dawn? Der Gedanke kam so schnell, dass Fionas Verstand nicht widersprechen konnte. Plötzlich musste sie an die Geistergeschichte denken, die ihre Schwester ihr an diesem Abend in der Küche erzählt hatte. Ihr Herz schlug plötzlich viel zu rasch und sie wagte nicht, der offenen Tür den Rücken zuzukehren, während sie mit zitternden Fingern an der Wand nach einem Lichtschalter tastete.
    Die Sache mit Catriona bildet Dawn sich nur ein, redete Fiona sich gut zu, während sie an der Wand entlang Schritt für Schritt auf die Türöffnung zuging, durch die das bläuliche Mondlicht in den Flur fiel. Neben dem Türrahmen stieß sie mit den Fingerspitzen gegen den Lichtschalter und knipste aufatmend die Deckenbeleuchtung an. Durch einen raschen Blick über die Schulter vergewisserte sie sich, dass niemand hinter ihr stand. Sie konnte vom Flur aus in die Küche sehen, und es fiel genügend Licht in den großen Raum, um festzustellen, dass er leer war. Also hatte Dawn tatsächlich das Haus verlassen und war da draußen im Garten. Zögernd trat Fiona in die Tür. Die Luft war kalt, und sie erschauderte in ihrem dünnen Nachthemd.
    Im hinteren Teil des Gartens meinte Fiona, eine Bewegung zu sehen. Einen Schatten, der durch die hellen Flecke huschte, die das Mondlicht ins Gras malte, und wieder in die Dunkelheit unter den Bäumen eintauchte.
    »Dawn?«, rief Fiona ein weiteres Mal.
    Ohne innezuhalten, durchquerte die dunkle Gestalt eine Insel aus Licht und verschwand wieder unter einem Baum.
    Plötzlich wurde Fiona

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