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Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Winter
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wollte sie zum Lächeln und vielleicht sogar zum Lachen bringen, zunächst einmal wollte er jedoch ihre Tränen trocknen. Vielleicht waren seine Gefühle für Fiona nicht das, was man gemeinhin Liebe nannte, und es handelte sich nicht um jene große Empfindung, die keine Zweifel kannte und jedes Hindernis überwand. Doch was er in ihrer Gegenwart spürte, war etwas Kostbares und Schönes, etwas, das mit jeder Begegnung größer, schöner und aufregender wurde.
    Jetzt wurde Aidan bewusst, dass er vom ersten Moment an ihre tiefe innere Traurigkeit gefühlt hatte. Vielleicht war es das, was ihn zu ihr hinzog? Schon der erste Blick in ihre ernsten grünen Augen hatte etwas in ihm zum Klingen gebracht: seinen eigenen Kummer, dem er keinen Namen geben konnte, der aber dennoch immer da war, und der seltsamerweise in ihrer Gegenwart ein wenig leichter zu werden schien.
    Den Arm fest um Fionas Schultern gelegt, führte er sie zu den tiefen Sesseln am anderen Ende des Zimmers. Weil er spürte, dass seine Nähe sie tröstete, zog er sie mit sich in einen der Sessel. Die Sitzfläche war eigentlich nicht breit genug für zwei Personen, und sie saß nur halb auf seinem Schoß, doch das schien sie nicht zu stören – und ihn erst recht nicht. Während er sie immer noch mit einem Arm umschlungen hielt, schenkte er mit der freien Hand Tee in die beiden Tassen. »Zucker?«, erkundigte er sich.
    »Nur ein wenig«, wisperte sie, und ihr Mund verzog sich zu einem winzigen Lächeln, das sein Herz wärmte.
    »Ein halber Löffel Zucker und keine Milch?«, vergewisserte er sich. So trank er nämlich seinen Tee, und es erschien ihm seltsam logisch, dass sie ihn ebenso mochte.
    Ihre Mundwinkel hob sich noch ein kleines bisschen mehr, und sie sah ihm versonnen zu, während er einen halben Löffel Zucker abmaß und anschließend ihren Tee umrührte. Als er ihr die Tasse reichte, nahm sie diese, trank einen kräftigen Schluck und stellte sie zurück auf den Unterteller.
    »Danke, Aidan.«
    Er wusste, dass sie sich nicht nur für den Tee bedankte, und in seinem Herzen wurde eine weitere Kerze entzündet, die hell und warm und ruhig brannte. Es war ein schönes Gefühl, dieser Frau etwas Gutes zu tun.
    »Du bist nicht nur traurig wegen der Dinge, die du über die Geschichte deiner Familie in meinen Büchern erfährst, nicht wahr?«, wagte er einen Schuss ins Blaue, nachdem er ebenfalls von seinem Tee getrunken hatte.
    Aus ihren immer noch vom Weinen geröteten Augen, die trotzdem wunderschön waren, schaute sie ihn lange nachdenklich an und bearbeitete dabei mit ihren Zähnen ihre Unterlippe. Schließlich nickte sie zögernd.
    »Vielleicht nicht nur.«
    »Willst du … darüber reden?« Er war ein Mann, und es fiel ihm schwer, eine Frau aufzufordern, ihre Probleme mit ihm zu besprechen. Nie zuvor hatte er das getan, sondern war solchen Gesprächen möglichst aus dem Weg gegangen. Doch in diesem Augenblick, bei dieser Frau, erschien ihm das Angebot, ihm ihr Herz auszuschütten, als das einzig Richtige.
    »Ich fürchte, ich weiß selber nicht genau, was mich am meisten quält«, erklärte sie nach kurzem Zögern. »Es ist momentan alles ein bisschen schwierig und kompliziert.« Sie versuchte ein Lächeln, das jedoch misslang.
    Zu seinem Erstaunen war Aidan nicht etwa erleichtert, sondern eher ein wenig enttäuscht, dass sie ihren Kummer nicht mit ihm besprechen wollte.
    »Trotzdem danke für das Angebot. Vielleicht komme ich eines Tages darauf zurück«, fügte sie hinzu, und in ihren Augen blitzte es auf, wie ein Sonnenstrahl, der an einem regnerischen Tag durch dunkle Wolken dringt.
    Eine Weile schwiegen sie. Fiona schmiegte sich immer noch an ihn und schien seine Nähe zu genießen. Als sie beide gleichzeitig die Hände nach ihren Tassen ausstreckten, einen Schluck nahmen und die Tassen wieder auf den niedrigen Tisch stellten, hatte Aidan das seltsame Gefühl, schon viele Male so mit ihr Tee getrunken zu haben.
    Sie saßen dicht am Fenster, und zu ihren Füßen lag das Tal, über dem die Burg seiner Ahnen thronte. Mitten im Tal blitzte der Loch Sinclair durch den strömenden Regen wie ein Auge zu ihnen herauf. Die Wolkengebirge am Himmel waren noch dunkler und dichter geworden, und der Wind trieb sie rasend schnell vor sich her.
    Nur wenige Meter vom Turm entfernt flog ein Rabe durch den Sturm. Er ließ sich ein Stück vom Wind treiben und beschrieb dann eine energische Kurve. Der große schwarze Vogel schien fast mit den heftigen Böen zu

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