Geisterlicht: Roman (German Edition)
»Es war Martha! Sie hat seine Handschrift gefälscht und unter seinem Namen ein Dokument erstellt, mit dem er dich der Hexerei bezichtigte. Gleichzeitig gab sie ihm giftige Kräuter. Er lag wochenlang fast besinnungslos im Bett und erfuhr erst, was mit dir geschehen war, als du schon längst verurteilt und verbrannt worden warst.«
»Arthur.« Über Catrionas Gesicht zog ein Lächeln, das Fiona bis tief in die Seele berührte. »Er hat mich nicht verraten? Er hat nie aufgehört, mich zu lieben?«
Fiona atmete auf. Endlich hatte Catriona verstanden.
»Er hat dich niemals verraten und sein Leben lang geliebt. Bis zu seinem Tod hat er um dich getrauert!«
»Und ich … ich habe ihn verflucht.« In den grünen Augen, die Fiona so vertraut waren, weil sie jeden Morgen im Spiegel in die gleichen schaute, funkelten Tränen.
»Aber du könntest den Fluch von seinen Nachkommen nehmen«, sagte sie rasch. »Von Aidan und den Söhnen, die er vielleicht noch bekommen wird.«
Traurig schüttelte Catriona den Kopf. »Einen Fluch, den eine von uns ausgesprochen hat, kann sie nicht selbst zurücknehmen.«
»Aber … Aidan kann doch nichts dafür, was damals geschehen ist!« Das Entsetzen schnürte Fiona die Kehle zu. Was sollte sie denn tun, wenn Aidan bis in alle Ewigkeit mit dem Fluch leben musste? Wenn er niemals in der Lage sein würde, ihre Liebe zu erwidern?
Langsam ließ sich Fiona auf den versengten Bretterboden des zerstörten Häuschens gleiten und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Zwanzigstes Kapitel
Inzwischen war die Sonne aufgegangen. Ein strahlender Herbsttag zog herauf, und in seinem hellen Licht war die Zerstörung, die Catriona angerichtet hatte, nun in allen Einzelheiten zu erkennen.
Das Sommerhäuschen gab es nicht mehr. Wo es gestern noch gestanden hatte, lag heute nur noch ein Haufen Schutt, über dem ein paar einzelne Dachbalken aufragten. Die Ziegel, die wenigen Möbel, alles bis auf das verkohlte Bettgestell hatte der Sturm mit sich genommen.
Catriona stand hoch aufgerichtet an jenem Ort, an dem sie zu Lebzeiten all das Glück erfahren hatte, das ihr beschieden gewesen war. Ihr Gesicht spiegelte immer noch das überwältigende Gefühl wider, welches ihr die Erkenntnis geschenkt hatte, dass Arthur niemals aufgehört hatte, sie zu lieben.
»Wenn du ihn wirklich liebst …«
Catriona schaute hinüber zu Aidan, der immer noch am Boden lag. Dawn hockte neben ihm und tupfte ihm die Stirn mit ihrem Seidenschal ab. Dabei redete sie ununterbrochen auf ihn ein. Dann hörte Fiona ihn leise antworten. Er lebte! Dieses Wissen gab ihr Kraft. Alles andere würde sich finden.
»Ja, ich liebe ihn«, erklärte sie schlicht. Dawn würde sie nicht hören. Sie war zu sehr mit Aidan beschäftigt.
»Dann liegt es in deiner Hand, den Fluch von ihm zu nehmen.« Lächelnd strich Catriona sich das dunkle Haar aus der Stirn. Ihr Gesicht und ihre ganze Gestalt wurden zunehmend durchscheinender.
»Was muss ich machen? Ich werde alles tun, um ihm zu helfen.« Und mir. Denn mehr als alles auf der Welt wünsche ich mir, dass er meine Liebe erwidert und dass wir miteinander glücklich werden können. Nachdenklich blickte Fiona hinüber zu Dawn. Würde sie es über sich bringen, ihrer Schwester wehzutun, falls der Versuch scheiterte, ihr ihre Gefühle für Aidan aus dem Herzen zu zaubern?
»Damals, als ich erfuhr, dass Arthur mich der Hexerei bezichtigt hatte, ging ich zu dem hohen Felsen am Ufer des Sees, auf den man vom Turmzimmer der Burg direkt hinunterschaut. Auf diesen Felsen stieg ich hinauf und warf den Granatring, den Arthur mir zum Zeichen seiner ewigen Liebe geschenkt hatte, in den Loch Sinclair, der an dieser Stelle sehr tief ist.« In Catrionas Augen stand all der Schmerz, den sie in jenem Moment gefühlt haben musste.
Mit zusammengepressten Lippen lauschte Fiona ihren Worten. Ihre überwältigende Liebe zu Aidan, die gerade überstandene Angst, die Sorge, was nun werden sollte – all diese widersprüchlichen Gefühle brachten ihren Körper zum Summen.
»Mit all deiner Liebe im Herzen hol den Ring vom Grund des Sees«, fuhr Catriona mit singender Stimme fort, in die sich ein seltsamer Hall mischte. »Trage ihn an deinem Finger, und der Mann, den du liebst, wird frei sein, dich zu lieben.«
»Aber …« Die Vorstellung, auf jenem Felsen zu stehen, von dem aus Catriona vor Hunderten von Jahren den Ring ins Wasser geworfen hatte, und sich von dort in den See zu stürzen, nahm Fiona derart die Luft, als sei sie
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