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Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Winter
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notfalls hätte er selbst zum Steg zurückrudern können. Doch das ließen die Abercrombie-Schwestern natürlich nicht zu. Sie setzten sich nebeneinander auf die Ruderbank, nahmen jede eines der Ruder in die Hände und brachten nach einigen Anlaufschwierigkeiten das Boot in Schwung. Über ihnen in der Luft kreiste die Räbin und krächzte ab und zu leise.
    Aidan, der den Schwestern gegenübersaß, hätte Fiona am liebsten ununterbrochen angestarrt, aber er wollte sie vor Dawn nicht in Verlegenheit bringen. Also schloss er die Augen, als würde die Sonne ihn blenden. Nur ab und zu blinzelte er durch die Wimpern zu ihr hinüber.
    Sie führte das Ruder mit konzentrierter Miene, und auf ihrer Stirn glitzerten kleine Schweißtröpfchen wie winzige Diamanten. Ihr Blick ruhte ein wenig besorgt, vor allem aber voller Liebe auf ihm. Er wünschte sich inständig, sie möge ihn sein Leben lang genau so ansehen und ihm dabei sagen, dass sie ihn liebte. Ebenso groß war jedoch sein Wunsch, es ihr gleichtun zu können. Aus tiefster Seele heraus und in dem Wissen, dass er die wahre Liebe gefunden hatte und sie für immer und mit aller Kraft festhalten wollte.
    Prüfend blickte Fiona noch einmal in das große, ledergebundene Buch, das vor ihr aufgeschlagen auf dem Küchentisch lag. Daneben dampfte in der weißen Porzellankanne der Tee, den sie aus den Kräutern von der Insel gekocht hatte.
    »Er muss fünfzehn Minuten ziehen«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu Dawn, die auf der anderen Seite des Tisches saß und unruhig auf ihrem Stuhl hin und her rutschte. Vor sich hatte sie eine leere Tasse stehen, mit der rechten Hand hielt sie Aidans silbernen Kugelschreiber fest umklammert.
    »Und dann, Fiona? Wie lange dauert es, bis er versteht, dass wir füreinander bestimmt sind? Passiert es gleich, wenn wir uns das nächste Mal sehen? Ich könnte ihm heute Nachmittag einen Krankenbesuch abstatten. Er muss wegen seiner Kopfverletzung immer noch viel liegen, und deshalb …«
    »Dawn, es wird nicht ganz so laufen, wie du es dir wünschst.«
    Fiona unterdrückte einen Seufzer. Die Versuchung war groß, Dawn einfach den Tee zu trinken zu geben, die entsprechenden Sprüche dazu zu murmeln und ihre Schwester in dem Glauben zu lassen, es ginge darum, dass Aidan sich endlich in sie verliebte. Doch angesichts der Aufregung ihrer Schwester regte sich ihr Gewissen. Zumal Dawn doppelt so enttäuscht sein würde, wenn sie das bittere Gebräu trank, Aidan sich ihr gegenüber aber ebenso zurückhaltend verhielt wie zuvor. Und irgendwann würde sie unweigerlich begreifen, dass Aidan sich zu ihrer Schwester hingezogen fühlte, die ebenfalls in ihn verliebt war … Fiona atmete tief ein und sah Dawn in die Augen.
    »Es gibt keinen Zauber, mit dem man erreichen kann, dass ein Mann, der sich sonst nicht verlieben würde, es doch plötzlich tut. Wir haben es versucht, Dawn. Du hast mit Aidan den Damiana-Tee getrunken, und es ist nichts passiert. Weil man auf diese Weise nur den Weg ebnen und es den Herzen leichter machen kann, zueinanderzufinden, die sich ohnehin irgendwann finden sollten.«
    Dawn starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. Wenn Fiona einen Trunk gekannt hätte, um ihrer Schwester den Schmerz zu nehmen, der sich jetzt in ihren Augen spiegelte, als sie langsam zu begreifen begann, hätte sie ihn mit Freuden gebraut.
    »Du meinst also, Aidan … er und ich … wir sind nicht füreinander bestimmt? Das kann ich nicht glauben. Ich liebe ihn doch so sehr!« Dawn ballte ihre Hände zu Fäusten und legte sie dann neben die leere Tasse auf die Tischplatte.
    »Wenn es tatsächlich so ist, wird dieser Trunk funktionieren.« Mit einer müden Handbewegung deutete Fiona auf die dampfende Teekanne.
    »Aber du glaubst es nicht.« Trotzig schob Dawn die Unterlippe vor. »Und warum nicht, wenn ich fragen darf? Wenn du nicht daran glaubst, kann der Zauber gar nicht funktionieren. Du musst daran glauben! Du musst, Fiona!«
    »Ich glaube daran, dass dieser Trunk dich und den Mann, der für dich bestimmt ist, zusammenbringen wird«, erklärte Fiona mit fester Stimme, schaute auf die Wanduhr, griff nach dem Teesieb und zog mit der anderen Hand Dawns Tasse zu sich heran, um sie zu füllen.
    »Aber ich will nicht irgendeinen Mann! Ich will Aidan!«, beharrte Dawn wie ein trotziges kleines Kind.
    »Auch wenn er dich nicht will?«, erkundigte Fiona sich mit leiser Stimme.
    »Du sollte ihn ja dazu bringen, dass er mich will!«
    Seufzend erkannte Fiona, dass das

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