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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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Lauren auf die Idee kommen könnte, noch heute Nacht hierher zurückzukehren, ohne wenigstens eine Squad-Einheit mitzunehmen oder auch nur den Ältesten Griffin anzurufen und ihn über ihr Vorhaben zu informieren. Chess hatte eigentlich eher an eine Erstürmung seiner ekelhaften Gruft mit voller Kraft gedacht und nicht bloß an zwei Frauen - ganz egal, wie fähig und gut ausgerüstet sie auch sein mochten -, die mal vorbeischauten, um ein paar Fragen zu stellen.
    »Aber was?«
    »Ich finde einfach, dass wir lieber jemandem Bescheid sagen sollten«, beendete Chess den Satz. »Mehr nicht.«
    »Warum, hast du etwa Angst?«
    »Auf keinen Fall.« Auf jeden Fall. Aber sie hätte sich lieber die Pulsadern aufgeschlitzt, als das zuzugeben, vor allem nicht Lauren gegenüber.
    »Sagst du etwa immer jemandem Bescheid, bevor du die Wohnungen deiner Verdächtigen betrittst?«
    »Nein.«
    »Also warum dann jetzt? Komm schon. Ich will hinterher noch was essen.«
    »Wir haben doch schon .,. ach, vergiss es!« Anscheinend aß Lauren gerne und viel. Schön.
    Lauren zog ihre Ruhmeshand aus einer kleinen Lederhülle im Inneren ihrer Tasche und legte sie auf den Gehweg, während sie einen Stummel weißer Kreide hervorholte, den sie in der Handfläche platzierte. Chess hatte ihre schon startklar gemacht.
    Lauren war heute Abend so ausgesprochen ... nett, oder? Nach allem, was gestern passiert war und ihrem Drängen, dass Chess doch ihre Psychotante und ihre beste Freundin werden sollte?
    Egal. Chess war eh die falsche Adresse, wenn es dämm ging, menschliches Verhalten zu deuten, insbesondere jetzt, wo dreihundert Milligramm Betäubungsmittel sich langsam und warm in ihrem Blutkreislauf verteilten und ihre Nerven in falscher Sicherheit wiegten. Vielleicht war Laurens Reaktion einfach ganz normal. Chess hingegen benahm sich ganz sicher nicht vernünftig.
    Sie entzündeten gleichzeitig die Kerzen, zwei helle Lichtinseln auf der dunklen Straße. »Algliar canador metnian «, flüsterte Chess und hörte, wie Lauren die Formel wiederholte.
    Sie hielt sich im Hintergrund und überließ es Lauren, das Türschloss zu knacken. Wenn sie in Schwierigkeiten kamen, sollte sie doch ruhig in der ersten Reihe stehen.
    Aber es gab keine Schwierigkeiten, und als sie in die Höhle schlüpften, verstand Chess auch, wieso.
    Sie war leer.
    Maguinness’ Energie lag immer noch in der Luft und ballte sich dick und stinkend um sie. Die bizarre Dekoration baumelte immer noch an den Seilen von der Decke, und die winzigen Betten schmiegten sich immer noch an die Wände.
    Aber es lag kein einziger Körper darin. Nirgendwo in der Höhle schlief irgendein Lebewesen, wenigstens sah sie weit und breit niemanden, und als sie sich auf die Magie der Hand einstimmte, bemerkte sie, dass das Artefakt nichts und niemanden berührt und keine Menschenseele zum Bezaubern aufgespürt hatte.
    Er hatte geahnt, dass sie kommen würden. Eine andere Erklärung gab es nicht, es sei denn, er ging einfach nachts gerne aus. Das allein hätte sie zwar auch nicht unbedingt überrascht, dass er seine ganze Familie mitnahm jedoch schon.
    Sie wusste aber ohnehin, dass das nicht die Erklärung sein konnte. Ein Hauch von Verwahrlosung lag in der Luft, so als hätte Maguinness dem Raum beim Gehen irgendwie die Seele geraubt.
    Aber war er wegen ihres vorherigen Besuchs abgehauen, und weil er wusste, dass sie wiederkommen würde, oder steckte ... irgendwas anderes dahinter? Sein Krieg gegen die Lamaru oder was auch immer?
    »Scheiße!« Lauren ließ die Schultern hängen.
    Chess gab sich Mühe, ihre Erleichterung zu verbergen. Vielleicht schaffte sie das sogar einigermaßen. »Na komm. Vielleicht finden wir trotzdem irgendwas Verwertbares.«
    Sie trennten sich. Chess ging nach rechts, Lauren nach links. Schon wenn sie sich nur in diesem Raum aufhielt, fühlte sie sich elend, selbst jetzt, da er verlassen war. Die Macht, die sie vorhin gespürt hatte, war jetzt schwächer, aber immer noch vorhanden. Und bei jedem Schritt stieß sie auf ein weiteres kleines Bett, einen weiteren Knochen oder einen weiteren Müllfetzen, der ihr aufs Neue in Erinnerung rief, was hier gelebt hatte. Und was noch schlimmer war: dass die Familie jetzt irgendwo da draußen war. Wer wusste schon, was sie im Schilde führten?
    Unter jedem Bettchen war ein kleiner Talisman angebracht, ein mit schwarzem Garn umwickelter Krötenknochen, von dem eine schwarze Spiegelscherbe baumelte. Chess griff nach einem und bekam eine Gänsehaut,

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