Geisterstadt
Chess mit neu erwachtem Interesse an. »Tatsächlich.«
»Cesaria ist sehr stark«, sagte der Älteste Griffin, und Chess musste sich beherrschen, um ihn nicht anzusehen, nicht zu ihm zu gehen und sich noch einmal von ihm drücken zu lassen. Das hatte ... das hatte noch nie jemand für sie getan, nicht so. Noch nie hatte jemand mit so viel Stolz in der Stimme von ihr gesprochen.
Das stimmte nicht ganz. Ein einziger anderer Mensch hatte diese beiden Dinge schon getan. Aber er würde es nie wieder tun.
»Schön.« Lauren rieb sich die Hände, als müsste sie sich waschen, nachdem sie mit den freundlichen Worten des Ältesten Griffin in Kontakt gekommen war. »Jetzt, wo wir das hinter uns haben, gibt es eine Menge zu besprechen, oder?«
4
Sei stolz auf die Falten und Runzeln, die das Leben dir geschenkt hat!
Sie sind ein Zeichen für die Versprechen, die du deiner Familie gemacht hast, und für das, was du erreicht hast. Alle wichtigen Ereignisse hinterlassen Narben.
Ratschläge für die Damenwelt von Mrs Increase
Das Foto glitt ihr über den polierten Holztisch entgegen. Das Grauen, das darauf zu sehen war, wurde von den schmalen weißen Papierrändern kaum in Schach gehalten. Chess warf einen Blick darauf und schluckte schwer. Dann sah sie wieder hin.
»Er wurde vor drei Tagen gefunden. Oder jedenfalls ... was von ihm übrig war. Wir erwarten die Identifizierung jeden Moment.« Laurens kühler, beherrschter Tonfall schnitt durch Chess’ Wut und das überwältigende Mitleid, das sie verspürte, als sie die verstümmelte Leiche auf dem Foto betrachtete. Sie musste sich beherrschen, um nicht über den Tisch zu springen und Lauren zu ohrfeigen. Wie konnte sie nur? Wie konnte sie sich dieses ... dieses Ding ansehen, diesen Haufen Fleisch und Matsch, der einmal ein Mensch gewesen war, und einfach so mit ihrem aalglatten kleinen Vortrag weitermachen?
»Unten an den Docks. Du kennst die Gegend, nehme ich an?« Chess nickte, ohne nachzudenken, und streckte zögernd
die Hand nach dem Bild aus. Ihr Kleid war immer noch nass und klebte jetzt klamm an ihrem Körper. Aber das war nicht der Grund für ihr Erschaudern.
Ein weiteres Bild wurde ihr entgegengeschoben und stieß mit dem ersten zusammen, bevor Chess es berühren konnte. »Gestern ist das hier aufgetaucht, etwas weiter südlich. Fünfundfünfzigste, Ecke Brand. Diesmal waren es mehrere Opfer, aber nicht die vollständigen Körper. Nur das, was du hier siehst.«
Das Hochglanz-Fotopapier drohte ihr in die Finger zu schneiden, als sie es aufhob und herumdrehte, um es besser betrachten zu können. Nicht, dass sie auf die Details so wild war. Aber Lauren und die Ältesten beobachteten sie zu genau, saßen zu still und reglos in den Sesseln. Anscheinend lauerten sie bloß darauf, dass sie etwas ganz Bestimmtes entdeckte, es bemerkte, und sie wollte wissen, was es war.
Sie überflog das Bild und versuchte, sich ihm Schritt für Schritt zu nähern, es sich in Teilen, in Abschnitten zu erarbeiten, um sich vor dem vollen Grauen zu schützen. Erst mal den oberen Teil ansehen, dann den unteren, jetzt die untere rechte Ecke, die ...
Wulstige schwarze Narben zogen sich über ihre Handgelenke. Dick und schnurgerade, wie Schienen über die Unterarme. Gewundene Adern aus dunklem Purpur zweigten davon ab, die sich in verschlungenen Mustern bis zu den Ellbogen hinauf und hinunter bis auf die Handflächen zogen.
Der Älteste Griffin bemerkte ihren Blick. »Sie verschwinden wieder, wenn der Bindende Eid gelöst wird«, sagte er. »Sie sollen lediglich als Erinnerung dienen.«
Klar. Als ob sie den verdammten Eid jemals vergessen hätte.
Aber sie nickte nur und sah sich weiter das Bild an, bereitete sich innerlich auf den Gesamteindruck vor, bis sie endlich auf das Detail stieß, dessen Entdeckung wohl von ihr erwartet wurde.
Es war kaum zu erkennen, nichts als ein geradliniger Schatten im Dunkel des schwarz-weißen Blutbads. Aber es war da, und Chess’ Blut stockte noch mehr als zuvor.
Scheiße, sie brauchte dringend ihre Pillen! »Die Lamaru.«
Als niemand antwortete, blickte sie auf. »Oder? Die Lamaru sind zurück. Das heißt es doch. Die stecken dahinter.«
Lauren nickte. »Das vermuten wir, ja.«
Sie griff nach unten, hob eine dicke Akte von ihrem Schoß und ließ sie schwer auf den Tisch fallen. »Wir haben Informationen erhalten, dass sie sich neu formiert haben und jetzt irgendwo in dem Gebiet operieren, dass als Downside bekannt ist. Wo du ja wohnst,
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