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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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dahintersteckten - die für sich genommen schon unheimlich genug waren, auch ohne den Rachefeldzug, den sie zweifellos zu allem Überfluss noch gegen Chess persönlich am Laufen hatten -, war schlimm. Aber beim Blick in Laurens entschlossene, arrogante Miene zu begreifen, dass sie es mit einer Frau zu tun hatte, die nicht die geringste Ahnung hatte, worauf sie sich da einließen, war noch mal etwas ganz anderes.
    Andererseits durfte Chess den Mund nicht zu weit aufmachen, denn wenn sie zu viele Informationen über Downside preisgab, würde man ihr vielleicht die Erlaubnis entziehen, dort zu wohnen. Und daran wollte sie nicht einmal denken.
    »Ich schätze, es wäre ganz gut, wenn du festes Schuhwerk trägst«, sagte sie endlich. »Und Jeans. Irgendwas, was ein bisschen lockerer rüberkommt, ja? Wir wollen ja keine unnötige Aufmerksamkeit erregen.«
    Lauren dachte einen Moment darüber nach. »Schön. Dann fahr e ich nach Hause und ziehe mich um. Du tust das Gleiche, und dann treffe ich dich in einer Dreiviertelstunde bei dir.«
    Das war zwar nicht toll, aber immerhin besser als gar nichts. »Brauchst du noch meine Adresse?«
    »Steht in deiner Akte.«
    »Oh. Natürlich.«
    Lauren grinste und sprang aus dem Sessel. »Wenns geht, warte draußen auf mich, ja? Ich möchte keine Zeit damit verschwenden, dich an der Wohnungstür abzuholen.«
    Diese und andere spitze Bemerkungen gingen Chess immer noch im Kopf herum, als Lauren ihren Sportwagen - kirschrot, die perfekte kleine Prinzessinnenkutsche für das perfekte Töch-terchen des Großältesten - auf den Bordstein an der Ecke Fünfundfünfzigste und Brand lenkte. »Das Grundstück da drüben«, sagte sie. »Da wurde das zweite Bild gemacht.«
    Chess nickte, stieg aus und atmete tief ein. Die Luft wehte den üblen Verwesungsgestank vom Schlachthof in etwa vier Blocks Entfernung heran. Wenn der Wind richtig auf den Schlachthof
    stand, stank ganz Downside wie ein Massengrab voller Pestopfer im Hochsommer. Anscheinend hatte sie besonderes Glück, und heute war einer dieser Tage.
    Allerdings musste sie zugeben, dass der Kadavergestank dem klebrigen Duft nach Parfüm und eingebildeter Ziege in Laurens oberschickem Coupe so einiges voraushatte. Zum Beispiel, dass sie nicht mehr direkt neben Lauren sitzen musste. Oder ihr beim Reden zuhören. Und ganz besonders, dass sie nicht mehr mit ihrer Musik gequält wurde.
    Faulige Leichen waren unendlich viel besser, dachte sie, und bereute es im nächsten Augenblick - ein wenig -, als ihr wieder einfiel, warum sie hier waren. Ihr Magen, der unter der Last von vier Cepts und einer Handvoll Nips sowieso schon grummelte, protestierte leicht; sie riss den Verschluss von der Coladose, die sie genau für diesen Fall eingepackt hatte, und schüttete sich etwas davon in die Kehle.
    »Du weißt aber schon, dass Koffein deine Energie durcheinanderbringen kann, oder?«, sagte Lauren. »Von künstlichen Aufputschmitteln sollte man sich femhalten.«
    Das war wahrscheinlich so ungefähr das Lustigste, was sie seit Wochen gehört hatte. »Ich werds mir merken.«
    »Ich meine ja nur. Wenn du es in der Kirche zu was bringen willst, solltest du keinen Vorteil ungenutzt lassen, und dazu gehört auch, dass du deine Kräfte so rein wie möglich erhältst. Du willst doch nicht, dass ...«
    »Passt schon, danke. Also, wo haben sie ... sie gefunden?«
    Laurens hochgezogene Augenbrauen verrieten Chess genau, was sie von dem Themenwechsel hielt, aber sie nahm es hin. »Da drüben. Komm mit.«
    Gemeinsam überquerten sie die Straße, wobei Chess sich bemühte, die Stiefelabsätze so leise wie möglich auf das geborstene Pflaster zu setzen. Die Straße sah aus wie ein Flickenteppich aus nacktem Boden, schmutzigem Kies und ein oder zwei Metern Asphalt hier und da.
    So ausgestorben, wie es hier aussah, begannen sämtliche Alarmglocken in Chess’ Kopf zu schrillen. Die Straßen von Downside waren niemals menschenleer, schon gar nicht nachts. Wie bei hohem Gras, das ein Raubtier verbirgt, waren auch hier Stille und Leere Anzeichen für höchste Gefahr. Alarmbereitschaft. Sie wusste, dass in diesem Moment mindestens ein Dutzend Augenpaare auf ihren Rücken gerichtet waren und wenigstens ein Dutzend Hände in Taschen, Gürteln und wilden Frisuren nach Waffen tasteten.
    Laurens Wagen war vermutlich doppelt und dreifach mit Abschirmzaubern versehen, sodass es darin so sicher war wie in der Kirche selbst, aber ihre Tätowierungen waren zum Schutz vor Magie und Geistern

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