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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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und sie nie wieder loslassen.
    Aber die Ziegelmauer fühlte sich fest und rau unter ihrer Hand an. Sie stand mit beiden Beinen in der Realität, und so würde es auch bleiben.
    Sie schob den Körper an der beruhigenden Wand entlang, bis sie auf die Straße hinaustrat. Die Schilder über den Türen ergaben nicht den geringsten Sinn. Scheiße, sie konnte die Zeichen nicht entziffern! Die Linien waren in ihren Augen nichts als Gekritzel; sie fügten sich zu keiner bekannten Form. Sie wusste, dass es so richtig gewesen wäre und dass sie die Umrisse nur nicht richtig erkannte, weil sie dafür zu vollgedröhnt war, aber das half auch nichts. Ihr träges Herz ächzte im Brustkorb.
    Okay. Sie schob die Hand in die Hosentasche - ja! Da war das Handy.
    Sie lehnte sich gegen die Mauer und starrte auf das Display, wobei sie versuchte, das Blut auf ihren Händen zu ignorieren und stattdessen lieber aus den Tasten schlau zu werden. Okay. Wenn man nicht lesen konnte, sorgte das für gewisse Probleme bei dem Versuch ... Verdammt, sie würde einfach alle nacheinander durchprobieren. Allzu viele Kontakte hatte sie ja schließlich nicht gespeichert.
    Ihre Finger rutschten von den Tasten ab. Vielleicht sollte sie erst mal ein Nickerchen machen. Ihre Lider waren so schwer, und ihre Gliedmaßen fühlten sich so zittrig an. Wenn sie - Speed. Sie hatte doch noch Nips in ihrem Pillendöschen, oder? Davon konnte sie welche schlucken. Vielleicht half das.
    Ihre Stiefelabsätze schlitterten über den Asphalt; sie schlug mit dem Arsch auf dem Gehweg auf, ohne etwas zu spüren. Die Jeans waren steif von geronnenem Blut, das hier und da noch feucht war. Ihre Arme waren rostrot. Sie stellte sich lieber niclil genau vor, wie sie wohl aussah.
    Okay, Pillendöschen, Pillendöschen ... Ihre Hände verhedderten sich in der Handtasche, und sie bekam sie nicht wieder los. Endlose Minuten verstrichen, während sie sich abkämpfte. Sie hätte am liebsten losgeheult, aber sie empfand nicht genug, um zu weinen. Endlich schloss sie die Hand um die Dose und zerrte sie raus.
    Blöder kleiner Verschluss! Warum hatte sie bloß ein Pillendöschen mit so einer bescheuerten Lasche dran, wer sollte das denn bitte aufkriegen ... außerdem konnte sie fast nichts erkennen, die Lider fielen ihr immer wieder zu ...
    Stimmen. Sie schlug die Augen auf und sah eine Teenagergang auf der anderen Straßenseite. Was zum ... Scheiße, sie war ohnmächtig geworden, oder? Für wie lange?
    Was war das für ein Radau? Die Leute auf der Straße waren doch alle ganz still, aber irgendwoher musste das Geräusch doch gekommen sein. Und sie wusste, was es war, ein Lied, eins, das sie kannte - das Handy klingelte! Oh Scheiße, ein Anruf, was für ein Glück, genau das, was sie jetzt brauchte. Okay. Behutsam drückte sie auf »Annehmen« und presste den Apparat ans Ohr. »Hallo?«
    »Tülpi? Tülpi, Scheiße, bist du das?«
    »Lex?«
    »Ja. Sag mal, wo bist du denn? Wir suchen schon überall nach dir, jetzt sag doch mal ...«
    Seine Stimme wurde verschluckt. Hatte sie aufgelegt? Oder war sie wieder eingepennt? Vielleicht sollte sie jetzt einfach die Augen zumachen und sich hier hinlegen. Immerhin waren sie ja jetzt auf der Suche nach ihr, da brauchte sie doch bloß noch zu warten, bis sie sie fanden, oder?
    Moment, wer waren eigentlich sie?
    Aufgeregte Stimmen drangen aus dem Handy. Sie stritten sich. Und dann eine weitere Stimme. »Chess? Chess, was haben sie mit dir gemacht? Wo bist du? Weißt du, wo du bist?«
    »Terrible?«
    »Ja. Wir sind auf der Suche nach dir, okay? Weißt du ungefähr, wo du bist?«
    »Nein, ich bin ... ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Sie haben mich einfach weggeworfen und jetzt weiß ich nicht, wo ich bin ...«
    »Was?«
    »Sie haben mich weggeworfen. Ich war in einem Miillcontai-ner, ich weiß nicht, wo ich hier bin, und sie ... sie haben mich unter Drogen gesetzt, und ich kann gerade ... ich kann gerade nicht richtig klar denken. Könnt ihr kommen und mich holen?«
    Stille.
    »Terrible, bitte ...« Sie wollte heulen, konnte aber immer noch nicht. Irgendwie wollten die Tränen einfach nicht kommen, und ihr Mund war auch so trocken, hatte sie nicht vielleicht noch eine Wasserflasche in der Handtasche? »Ich hab mich verlaufen, ich habe keine ...«
    »Sind da vielleicht irgendwelche Straßenschilder in der Nähe?«
    »Ich kann grade nicht lesen, tut mir leid.«
    »Siehst du irgendwas Besonderes? Irgendwas, was uns weiterhilft?«
    »Ich bin so müde. Ich will ...

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