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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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war, gab es keinen anderen Ort, an dem sie sein konnte.
    Sie wollte die Augen nicht öffnen.
    Aber ... in der Stadt der Toten roch es nicht nach Abfall. Nahm sie wenigstens an. Die Lebenden rochen dort gar nichts, und soweit sie wusste, hatte noch nie jemand einen Geist gefragt, ob die Stadt für ihn unangenehm roch.
    Bei dem Gedanken musste sie kichern. Sie versuchte, sich fester einzukuscheln und ... Moment!
    Moment mal! Nein, sie war nicht tot. Definitiv nicht, weil es in der Ewigen Stadt keine Zeitung gab, und auf ihr lag eine.
    Sie schlug die Augen auf. Eine verwirrte Sekunde lang glaubte sie, am Grunde irgendeines Lochs zu liegen, dass sie sich geirrt hatte und doch in der Stadt war .... bis ihr klar wurde, dass sie auf die dreckverkrusteten Wände eines Müllcontainers starrte.
    Sie hatten sie hier eingesperrt. Sie hatten sie unter Drogen gesetzt und sie dann einfach auf den Müll geworfen. Die Wichser.
    Oh Scheiße, wie spät war es eigentlich? Was ... es war immer noch Nacht, aber wie spät?
    Es war Freitagnacht - hoffte sie wenigstens. Samstag fand die Widmungszeremonie des Ältesten Murray statt. Alle Mitarbeiter würden sich dafür in die Ewige Stadt begeben - ob Lauren auch da sein würde? Würden die Lamaru sie dort erwarten? Oder Baldarel?
    Hatte sie ihre ... ja. Okay, ihre Handtasche hatte sie dabei. Das Handy? Hatte sie ... In ihrer Tasche war irgendetwas. Sie war sich ziemlich sicher, dass es das Telefon war, aber sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen, weil sie die steife Hand nicht in die Hosentasche bekam. Okay. Dann würde sie sich eben erst mal aus dem Container rausarbeiten.
    Die Tatsache, dass sie mit einer Uberdosis Dream in den Adern in einem Müllcontainer festsaß, hätte ihr normalerweise eine Heidenangst eingejagt, aber im Moment war sie nicht in der Lage, Angst zu empfinden. Stattdessen widmete sie sich ganz dem Containerdeckel und dem Versuch, einen Ausgang zu finden. Sie dachte an ihre Ausbildung, versuchte, Schritt für Schritt vorzugehen, und tat einfach so, als hätte sich dieser kleine Film nicht schon ungefähr hundertmal in ihrem Kopf abgespult, und zwar mit einem wesentlich tragischeren Ende. Obwohl dieses hier ja eigentlich auch schon tragisch genug war.
    Ihre Muskeln protestierten, und ihre Gelenke knirschten, als sie aufstand und sich dabei an den Containerwänden abstützte, auch wenn sie es unsagbar widerwärtig fand. Ihr blieb keine andere Wahl. Sobald die Zeremonie einmal angefangen hatte ...
    Sie musste unbedingt zur Kirche.
    Der Rand des Containers war rutschiger, als sie angenommen hatte. Es kostete sie drei Anläufe, das Bein darüberzuschwingen, während ihr bei dem Gestank und beim Anblick der vergammelten Essenreste, die an ihr klebten, fast übel wurde. Schwerfällig ließ sie sich auf den dreckigen Asphalt plumpsen.
    Das tat weh. Und wo sie sich eh schon miserabel fühlte, konnte sie ja auch gleich Nägel mit Köpfen machen und sich übergeben. Ihr Magen fand, dass das nach einem Superplan klang, und wer war sie, dass sie ihm widersprechen durfte?
    Die Welt drehte sich um sie, verschwamm und zitterte vor ihren Augen. Sie musste herausfinden, wo sie war. Und sie musste zur Kirche. Sie brauchte dringend Hilfe.
    Ihre Beine weigerten sich, sie noch länger zu tragen. Sie bewegten sich langsam und ungeschickt. Ihr kam der Gedanke, dass die Tatsache, dass sie immer noch am Leben war, noch lange nicht bedeutete, dass das auch so bleiben musste. Als sie sich auf den Weg zu Lauren gemacht hatte, war es Nacht gewesen, und jetzt, wo sie sich durch die Seitengasse vorarbeitete, war es immer noch Nacht, aber letztendlich zählte das alles nicht viel; ihr Körper war ziemlich durch und sie auch. Die Ironie, dass ausgerechnet ihre hohe Toleranzschwelle für Dream ihr das Leben - bis jetzt jedenfalls - gerettet hatte, entging ihr nicht.
    Die Gasse mündete in eine Straße, die ihr nicht vertraut war. Sie sah irgendwie nicht real aus; sie war flach, wie ein Gemälde oder die Ausstellungsstücke aus Balsaholz in den Kirchenarchiven. Menschen standen herum und sahen aus, als wären sie in eine Unterhaltung vertieft, aber sie konnte nicht erkennen, dass die Lippen sich bewegten, und hörte auch kein Wort. Die Gestalten hoben in Zeitlupe die Arme. Sie hatte das unheimliche
    Gefühl, dass sie verschluckt werden würde, wenn sie sich zu weit auf die Straße hinauswagte, um dann auch in ein flaches, unmenschliches Wesen verwandelt zu werden. Die Szenerie würde sie gefangen nehmen

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