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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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ihm in die Eier. Sie wirbelte von ihm fort, noch bevor er Zeit hatte, zu Boden zu gehen.
    Der Kopf des Ältesten Griffin erschien. Licht schimmerte auf seinem ergrauten Haar. Chess steckte sich den Kerzenhalter unter den Arm und stürmte auf ihn zu, wobei sie das Ding als Speer einsetzte, um sich den Weg zu bahnen.
    Er hatte irgendwo einen Ritualdolch ergattert und hieb damit gerade nach zwei Lamaru, die ihn langsam, aber sicher an die Wand drängten. Sie vollführte einen Sturmanngriff und schwang den Kerzenständer wie eine Baseballkeule. Seine Miene verdüsterte sich, als er sie erkannte; er riss den Dolch empor.
    »Nein!« Sie konnte sich gerade noch wegducken und den Kerzenständer zurückreißen. Natürlich wollte sie ihn nicht verletzen, aber andererseits hatte sie Angst, dass er sie töten würde, bevor sie irgendetwas erklären konnte. Eine Faust streifte ihre Wange; sie machte einen Satz zurück. Scheiße, es waren einfach zu viele, viel zu viele Lamaru.
    Und zu viele Geister. Durchscheinende Hände schlossen sich um den Kerzenständer und zuckten zurück, als das Eisen sie verbrannte. Das Ding richtete den hasserfüllten Blick auf sie und hechtete auf sie zu; ihre Tattoos schrien noch lauter und versengten ihr die Haut, als ihr Blut von der Berührung des Geistes zu Eis gefror.
    Er versuchte, sie festzuhalten und von ihr Besitz zu ergreifen. Sie konnte es spüren. Scheiße! Ihre Tattoos taten ihre Arbeit. Aber was war mit den Schutzzeichen, die sie den Männern aufgemalt hatte? Was war mit ...
    Terrible. Sie ging das Risiko ein und ließ den Ältesten Griffin einen Moment aus den Augen, während sie sich nach ihm umschaute. Sie entdeckte ihn, als er gerade das blutige Messer über den Kopf riss, um es in eine Brust in schwarzer Robe zu rammen. Er kämpfte immer noch. Er war immer noch am Leben, immer noch ganz er selbst.
    Der Älteste Griffin packte sie am Hals und stieß sie zu Boden. Einen Moment lang starrte sie ihn bloß schockiert an. Noch nie hatte er die Hand gegen sie erhoben, hatte nie auch nur vermuten lassen, dass er zu so etwas überhaupt in der Lage war. Und da war er wieder, der alte Reflex: Sie wollte sich nur noch zu einer Kugel zusammenrollen, wollte sich verstecken, sich unsichtbar machen, die Strafe über sich ergehen lassen, damit bloß alles schnell vorbei war.
    Doch dann schnellte er den Ritualdolch über ihrem Herzen in die Höhe und stieß ihn hinab.

38
    Es genügt nicht, die Wahrheit zu kennen. Man muss sie auch aussprechen.
    Das Buch der Wahrheit, »Regeln«, Artikel 558
    »Das war ich nicht!« Sie hatte keine Zeit mehr beiseitezurollen, also hob sie die Hände und griff nach seinem Handgelenk.
    Er war zu stark für sie; die Klinge senkte sich immer tiefer auf sie herab, langsamer zwar, aber unerbittlich. »Ältester Griffin, ich bin es, Chess, das war ich nicht, es war Lauren ...«
    Verzweifelt sah sie ihm in die kalten blauen Augenschlitze, und versuchte, ihn zu erreichen, damit er erkannte, wer sie wirklich war. Es funktionierte nicht. Scheiße! Ihr Magen rebellierte; sie riss die Beine hoch und trat seinen Arm beiseite. Und dann trat sie ihn von sich weg. Das Krachen hallte in ihrem Kopf wieder und fraß sich bis an jenen Olt tief im Inneren vor, wo Scham und Schuldgefühle unablässig vor sich hin kochten und brodelten. Seine Umarmung während des Bindenden Eids, wie er sie gestützt hatte, seine beruhigende Stimme ...
    Keine Zeit zum Innehalten, keine Zeit für einen zweiten Anlauf. Schon schwankte er wieder auf sie zu. Stattdessen rannte sie durch den dichter werdenden Rauch, durchstieß Geister und prallte gegen fremde Gestalten. Hunde streiften ihre Beine, schenkten ihr aber keine Beachtung. Sie waren auf der Suche nach lebloser Beute.
    Und die leblose Beute erschien, angezogen vom Geruch nach Blut und Leben, der in der Luft hing. Die Geister sammelten sich in wimmelnden Horden und bahnten sich den Weg. Sie wurden aggressiv. Kalte Hände reckten sich nach ihr und wollten sie festhalten. Der eiserne Kerzenständer in ihrer Hand fing vom ständigen Abwehren der Geister so sehr an zu glühen, dass sie es kaum noch aushielt, ihn festzuhalten.
    Das hatte keinen Sinn. Die Lamaru konnte sie vielleicht noch besiegen, aber ihre geisterverschlingenden Psychopomps konnte sie nicht bezwingen. Solche Psychopomps hatte sie noch nie gesehen oder gespürt. Ihr einziger Daseinszweck war die Vernichtung all dessen, was das Fundament der Kirche ausmachte. Die Ältesten und

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