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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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stand auf, streifte sich klatschend den Handschuh ab und ließ ihn auf den Boden fallen. Auf der anderen Seite des Treppenabsatzes lauerte das Zimmer mit den Toten; davon musste sie Lauren wohl oder übel auch berichten.
    Aber jetzt und hier hatte sie es mit den Hunden zu tun. Zwei Hunde, in der Ecke übereinandergeworfen. Im Näherkommen bemerkte sie, dass sie keineswegs unverletzt waren; der eine hatte eine lange Schnittwunde am Rücken. Sie beugte sich darüber. »Was zur Hölle?«
    »Sieht aus, als hätten sie ihm die Haut abgezogen.« Ihr fiel auf, dass er nahe genug rankam, um gut sehen zu können, aber nicht so nahe, dass er sie berührte.
    »Schon, aber ...«
    »Vielleicht hatten sie Hunger. Oder ihnen war kalt, hm?«
    Da konnte er durchaus recht haben. So abstoßend die Vorstellung auch war, entsprach sie vermutlich der Wahrheit. Die meisten Menschen aßen zwar keine Hunde und Katzen, aber das galt keineswegs für alle, ganz besonders nicht in Downside. Und wenn sie es recht bedachte, sah es den Lamaru nur zu ähnlich, sich an unschuldigen Tieren gütlich zu tun.
    Andererseits hatten viele Leute Spaß daran, unschuldige Wesen zu quälen. Darin unterschieden sich die Lamaru nicht von allen anderen.
    Angenommen, dass sie es gewesen waren, die die Tiere getötet hatten. Und dass sie es nicht nur getan hatten, um die armen Viecher zum Schweigen zu bringen, was auch nicht ausgeschlossen war.
    »Wer hat denn hier gewohnt?«
    »Leute, die auf Bumps Gehaltsliste stehen. Die ham ’n Auge auf das Haus.«
    »Er macht hier Geschäfte?«
    Keine Antwort, es sei denn, sie zählte den flackernden, misstrauischen Blick und leicht ungläubigen Ausdruck in seinem Gesicht.
    Ach, richtig. »Ich meinte ja nur ...«
    »Bump und ich kümmern uns darum. Ist nicht dein Bier.«
    »Falls das irgendwas mit der Ermittlung der Kirche ... aua!« Scheiße! Sie hatte es doch tatsächlich geschafft, diese verdammte Bindung mal für ein paar Minuten zu vergessen.
    »Hier sagt keiner auch nur ’n Pieps zu den Kirchenpilgern, klar? Keiner. Die sehen, was sie sehen, aber das hier geht die genauso wenig was an.«
    »Aber ...« Sein finsterer Blick ließ sie verstummen. Bitte, dann eben nicht. Wahrscheinlich hatte er sowieso recht. Ratchet war in den Akten gar nicht aufgetaucht; die Kirche wusste nicht mal, dass er existierte. Und sie konnte auch keine Kollegen hierher lotsen, ohne einzugestehen, dass sie mit jemandem an dem Fall gearbeitet hatte, den es eigentlich einen feuchten Dreck anging.
    Ratchets Tod würde gerächt werden, sagte sie sich. Ratchet und alle anderen, von denen nur noch verstreute Körperteile übrig waren — die Hunde eingeschlossen. Egal, ob die Kirche die Mörder zuerst fand oder Bump und Terrible, ein warmes Plätzchen im Geistergefängnis war ihnen jetzt schon sicher.
    Der Gedanke tröstete sie etwas, soweit das überhaupt möglich war.
    Sie stopfte den ausgeweideten Fetisch in ihre Tasche und folgte Terrible die Treppe hinunter zurück ins Sonnenlicht. Unterwegs schnappte sie sich ihr Pillendöschen. Warum nicht bei Gelegenheit versuchen, mal ein bisschen runterzukommen. Mit Lauren würde es vermutlich nicht besonders entspannt werden.

10
    Und sie machten allerlei Experimente mit lebendem und totem Fleisch, denn sie wussten nichts von der Wahrheit. Geschichte der alten Regierung, Band VI: 1975-1997
    Ihre Vermutung sollte sich bestätigen, jedenfalls zum größten Teil. Kaum hatte Terrible sie an der Treppe zu ihrem Haus abgesetzt und war davongebraust, da rief sie Lauren auch schon auf dem Handy an: Chess sollte sie jetzt doch bei der Kirche treffen, weil Lauren zu viel um die Ohren hatte, um nach Downside zu kommen. Offenbar stand sowieso eine Besichtigung von Erik Vanhelms Wohnung auf dem Programm, und die Kirche lag auf halbem Weg zwischen Chess’ Wohnung und Cross Town. Super. Statt einer Verschnaufpause blieb ihr also gerade noch genug Zeit, sich unter der Dusche mit Salz abzuschrubben, um die Reste der kranken Magie loszuwerden, die noch an ihr klebten.
    Zu schade, dass ein Salzpeeling bei allem, was sie sonst noch mit sich rumschleppte, völlig nutzlos war. Die Erinnerung an seine Hand in ihrem Nacken, in den Moment, in dem er ihr gut zugeredet hatte, während sie sich in der Ecke zusammengekauert imd etwas kriechendes Böses an ihren Eingeweiden genagt hatte. So sanft. Wie sicher sie sich gefühlt hatte. Dieses Gefühl hatte er ihr immer gegeben. Und wie unglaublich dämlich sie gewesen war. Frischer Schmerz

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