Geisterstadt
gegenüber, und Chess musste sich ihm entgegenstellen.
Verdammt! Wenn sie Terrible erzählte, worüber sie sich wirklich Sorgen machte, würde die Frau ihren Zauber nur noch schneller abfeuem. Wenn sie ihm nichts sagte, wäre er ahnungslos, und der Zauber würde trotzdem losgehen.
Ihr Arm schmerzte dort, wo er daran gerissen hatte. Sie biss die Zähne zusammen und reckte ihn genau in dem Sekundenbruchteil, bevor der Kampf ausbrach, in die Höhe, nahm ihn bei der Hand und drückte fest zu.
Er starrte sie an; sie deutete mit dem Kopf auf den Fetisch und drückte ihm wieder die Hand. Flehte ihn mit den Augen an zu verstehen. Wenn nicht ... Verdammt, wenn er’s nicht tat, dann war das hier ihr Ende! Sie zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass er mit den beiden Hexern fertigwerden würde - den beiden I .amaru, vermutete sie -, die sich in albernen Kampfsportposen vor ihnen aufgebaut hatten. Die Sache war ziemlich klar; selbst wenn sie nicht so viel Vertrauen in ihn gehabt hätte, verrieten ihre besorgten Mienen doch nur allzu deutlich, dass sie sich die Aktion erheblich einfacher vorgestellt hatten, und als er sein Messer zog und eine dicke Kette aus der Tasche holte, sahen sie noch verängstigter aus.
Aber der Fetisch - die getrocknete Kröte, die die Frau umklammerte, ausgestopft mit allem Möglichen ...
Sie hatte doch jede Menge Zeugs bei Edsel gekauft. Es war in ihrer Tasche. Raus damit! Reißverschluss auf und das verknitterte Plastik finden. Erst die Alraune und dann der Spiegel. Ihre Hände zitterten.
Die Frau begann zu sprechen. Unheiltriefende Worte der Macht, vorgetragen mit einer Stimme, die nachts Katzen auf Zäunen kreischen ließ. So sehr dröhnte sie in Chess’ Kopf, dass sie auf die Knie fiel und sich die Finger in die Ohren krallte, um nichts mehr hören zu müssen.
Kaum war die Sekunde des Zögerns vorbei, brach der Kampf mit voller Wucht aus. Terribles Kette sauste durch die Luft, und die Lamaru sprangen beiseite. Eine Hand packte sie am Haar und zerrte sie aus dem Getümmel. Sie kratzte danach und wünschte, sie hätte längere Fingernägel. In diesem Moment wollte sie nichts sehnlicher, als diesem Arschloch den empfindlichen Unterarm blutig zu reißen.
Blut. All das Blut im Zimmer auf der anderen Seite des Flurs, das Blut der Ermordeten. All die Macht, die Furcht und der Schmerz, die nur darauf warteten, aktiviert zu werden. Vergiss das nicht, lass den Fetisch kein Blut schmecken ...
Die Frau unterbrach ihren monotonen Singsang mit einem Schrei. Chess sah noch rechtzeitig hoch, um mitzukriegen, wie sich die Kette um ihr Handgelenk wickelte und Terrible daran zog, sodass die Frau den Arm über den Kopf recken musste. Als seine Faust in ihr Gesicht krachte, fiel auch der Fetisch zu
Boden. Gleichzeitig zuckte der Dolch des anderen Hexers vor - eine Finte, denn seine freie Hand tastete den Boden ab.
Scheiße, worauf wartete sie denn noch? Der Schritt ihres Angreifers war genau vor ihrer Nase; Chess faltete die Hände und rammte sie ihm voll auf die Zwölf. Aufstöhnend brach er zusammen und riss ihr im Fallen eine Handvoll Haare aus. Sie spürte es kaum. Schnapp dir die Tasche. Schnapp dir die Tasche!
Terrible entledigte sich mit einem Tritt des dolchschwingenden Hexers und ließ die bewusstlose Frau fallen. Blut lief ihm über den Arm. Er streckte die Hand nach dem Fetisch aus, der immer noch vor ihm auf dem Boden lag.
Ihr stockte der Atem. Sie bekam das Wort nicht schnell genug raus. Sein Blut würde den Fetisch aktivieren, und sie wusste nicht, ob die Frau den Beschwörungsgesang vor seinem Eintreffen noch beendet hatte, aber egal, sobald das Ding mit seinem Blut in Berührung kam ...
Er hatte sie gehört. Erstarrte. Ihre Hand schloss sich um den Fetisch. Brutale, ungezügelte Kraft schoss ihr den Arm hinauf und durchlief ihren gesamten Körper, bis sie nichts mehr sah und nichts mehr spürte, außer seiner blinden, kalten Gier. Es wollte sie mit Haut und Haaren, ihren Tod, ihren Schmerz, alles, was es bekommen konnte. Pure Zerstörungswut tobte durch ihren Körper und presste sich auf der Suche nach einem Ausgang von innen gegen ihre Haut.
Sie würde es nicht entkommen lassen. Ihr Magen flatterte wie von einem eigenen Willen gelenkt, als sie auf der Flucht vor den Hexern, die inzwischen wieder aufgestanden waren, hastig auf die Wand zukrabbelte.
Sie konnte nicht mehr. Es war zu viel, das Blut und das Elend und das Böse, das durch ihre Adern strömte. Sie presste die Stirn gegen die
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