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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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fehlgeschlagen.«
    »Cesaria! Mach schon, wir müssen hier raus!«
    Chess hörte sie kaum. Das grelle Display schmerzte ihr in den Augen und schien sie zu verspotten. Er hatte die Handynummer gewechselt. Er hasste sie so sehr, dass er nicht mal mehr wollte, dass sie seine Telefonnummer kannte. Selbst jetzt, wo sie zusammen an diesem Fall arbeiteten.
    Finger so unbarmherzig wie vorher die Rabenkrallen packten sie am Arm und rissen sie vom Boden hoch. »Cesaria, los jetzt!«
    Die mehr oder weniger frische Luft von Downside strömte durch das inzwischen geöffnete Fenster und strich ihr wohltuend über das Gesicht. Beinahe wäre sie gleich wieder zusammengebrochen, so gut fühlte es sich an. Nicht gut genug, um den Schmerz in ihrer Brust zu stillen - dafür war nichts gut genug, vermutete sie -, aber doch ziemlich gut. Ihre Lungen tanzten praktisch vor Erleichterung, als sie Atem schöpfte. Sie griff nach der schroffen Kante der Fensterbank und zog sich hoch.
    Als sie sich ein Stück zu weit vorbeugte, wurde ihr schwindelig; vor ihrem inneren Auge sah sie geisterhafte Hände direkt hinter ihr - verdammt, sie dachte an Lauren, die direkt hinter ihr war - und erwartete den einen beherzten Stoß, der sie von all ihren Problemen erlösen würde. In Gedanken sah sie sich vom Fensterbrett springen. Er hatte die Nummer gewechselt, jetzt war alles egal, all ihre dummen Hoffnungen, dass er ihr vielleicht vergeben würde, dass er wieder mit ihr reden würde ...
    Jetzt konnte sie genauso gut einfach loslassen. Einfach fallen und dem Schmerz in ihrer Brust ein Ende machen.
    Dann sah sie die Stadt der Toten vor sich und packte das Fensterbrett wieder fester. Nee. Heute nicht. Die Feuertreppe erwartete sie, nur knapp außerhalb ihrer Reichweite.
    Ein letzter tiefer Atemzug, kühl und süß trotz der Rauchschwaden. Sie spannte die Muskeln an, verengte die Augen zu Schlitzen und sprang.
    Die Landung auf dem klapprigen Metall machte ein schreckliches Getöse. Mist! Das hatten sie auf jeden Fall gehört. Egal. Weiter. Sie war draußen, sie hatte es geschafft, und wenn ihr das gelungen war, würde sie auch alles andere schaffen.
    Die steile Treppe wankte und ächzte unter ihr, während das rostige Geländer ihr in die schweißnassen Hände biss.
    Vorsichtig machte sie sich an den Abstieg. Hier, von der Seite des Gebäudes aus, konnte sie klar erkennen, wie nahe die Anlage der vollständigen Zerstörung war. Rauch und Feuer leckten aus jedem Fenster und krochen über die Fassade. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit.
    Lauren folgte ihr. Die Treppe quietschte ohrenbetäubend, als der Absatz über ihnen aus der Wand brach und in einem irrwitzigen Winkel in der Luft hing. Scheiße! Schneller! Noch schneller!
    Mit schmerzhaft verkrampften Fingern jagten ihre Hände über das Geländer. Mit jedem weiteren Schritt fiel ihr das Zupacken schwerer; ihre Beine schmerzten, ihr Kopf begann zu schweben.
    Die Treppe zitterte und bebte unter ihnen. Weiter und immer weiter hinab; sie machte das jetzt schon ewig, ihr ganzes Leben hatte sie auf dieser Feuertreppe zugebracht, wo das orangefarbene Licht sie narrte und der Himmel sich stumpf und nebelgrau über ihnen spannte.
    Flammen leckten die Fassade hinauf und stürzten sich auf ihr rechtes Bein; die Jeans fing an zu brennen. Ohne dass sie es wollte, ohne nachzudenken, schrie sie. Sie nahm die Rechte vom Geländer, schlug auf das Feuer ein und stürzte.

19
    Vergiss nie die Kirche. Dort findest du immer Hilfe; deshalb sollte sie deine erste Anlaufstelle bei Problemen sein, egal ob es um Geister oder einen Streit mit deinem geliebten Gatten geht.
    Ratschläge für die Damenwelt von Mrs Increase
    Am Boden erwartete sie der Tod, das wusste sie sicher. Sie war zu hoch gewesen, diesen Sturz konnte sie nicht überleben ...
    Sie krachte mit dem Rücken aufs Pflaster. Sie war tot. Sie musste einfach tot sein. Es tat gar nicht weh. Es tat fast gar nicht weh, im Bein spürte sie einen brüllenden Schmerz, aber sie ...
    Sie atmete nicht.
    Einen endlos langen, quälenden Moment starrte sie in den Himmel, während ihre Lungen ihr den Dienst versagten. Flammen loderten aus dem Fenster über ihr, und Ascheflocken tanzten im Wind. Sie sah alles wie in Zeitlupe, die Feuertreppe schwarz und Laurens Gestalt eine Spinne in Jeans, die über die letzten Stufen krabbelte. Sie konnte nicht atmen. Sie konnte nicht atmen, das war’s ... Ihr Psychopomp würde kommen und sie holen, sie erwartete ihn schon, beobachtete die Nachtvögel,

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