Geisterstadt
Orangensaft«, bestellte Peter, als sie an der Theke vorbeikamen. Sie gingen in den hinteren Teil des langgestreckten Raums, zogen ihre dicken Jacken aus und ließen sich nieder. Nur drei Tische waren besetzt. Ein junger Mann brachte ihre Getränke.
»Angenommen, du hast Recht«, sagte Justus zu Bob. »Wer waren dann die im Boot?«
»Nicht so schnell«, unterbrach ihn Peter und legte den Zeigefinger auf den Mund. »Nehmen wir also mal an, dass die Entführer …«
»… oder Oames«, warf Justus ein.
»… heute gar nicht scharf waren auf das Lösegeld. Sondern, dass sie nur die Reaktion der Familie und vielleicht auch der Polizei testen wollten.«
Justus und Bob nickten. »Vielleicht waren Polizisten in dem Boot«, meinte Bob.
»Glaub’ ich nicht«, fuhr Peter fort und sog an seinem Strohhalm. Er wandte sich an Justus. »Wie kommst du eigentlich darauf, dass Oames selber hinter der Sache stecken könnte?«
Der Erste Detektiv zögerte mit der Antwort. Er hatte sich die Frage selbst schon mehrfach gestellt. »Im Gegensatz zur Polizei halte ich es für ziemlich unwahrscheinlich, dass ein großer, sportlicher Mann ohne Aufsehen aus dem ersten Stock einer Villa transportiert werden kann«, sagte Justus langsam. »Er selber hätte einfach die Treppe nehmen können.«
»Aber warum?«, warf Peter ungeduldig ein.
»Vielleicht hat er Zweifel an der Loyalität seiner Kinder«, antwortete Justus.
»Eine Entführung vorzutäuschen, um herauszufinden, ob man von seinem Sohn und seiner Tochter geliebt wird?« Bob schüttelte den Kopf. »Eine ziemlich verrückte Idee.«
»Was hätte er denn auch davon?«, murmelte Peter.
»Immerhin zwei Millionen Dollar«, meinte der Erste Detektiv trocken. Peter sah ihn unzufrieden an. »Sag doch noch mal, was genau auf dem Band zu hören war«, forderte er dann Bob auf. Der beugte sich ein wenig vor, damit er leise reden konnte. »Eine Stimme hat zwei Millionen verlangt, in einer Plastiktasche, die um 18 Uhr im dritten Papierkorb links unten auf dem Parkplatz deponiert werden sollte. Von Oames und ohne Polizei. Das war alles.« Er stockte. »Moment mal, das war nicht alles!«
»Nicht so laut«, mahnte Justus. »Jetzt sag schon.«
»Die Stimme war eine andere.«
»Eine andere?« Peter verstand nicht gleich.
»Eine andere als beim ersten Mal.«
»Sind ja auch mindestens zwei Entführer«, sagte der Zweite Detektiv.
»Oder ein Trittbrettfahrer.«
Peter schaute den Freund entgeistert an. »Wie hätte der erfahren sollen, dass Oames entführt wurde?«
Bob zuckte ratlos die Schultern. »Keine Ahnung. Aber ausgeschlossen ist es auch nicht. Oder?«
»Klar ist jedenfalls«, wechselte Justus das Thema, ohne auf Bobs Frage einzugehen, »dass wir hier bleiben müssen.« Er sah auf die Uhr und rief nach der Rechnung. »Wir müssen’s hinter uns bringen.«
»Was hinter uns bringen?«, fragte Bob, während er nach seinem Kleingeld fingerte.
»Das Gespräch mit Tante Mathilda.« Justus zwinkerte den Freunden verschmitzt zu. »Sie fährt nämlich nicht ab. Weder morgen noch übermorgen. Sie weiß es nur noch nicht.«
Oames sammelt Informationen
Großen Widerstand leistete Tante Mathilda nicht. Ziemlich zielstrebig erinnerte ihr Neffe sie daran, dass er vor drei Tagen das Jonas’sche Haus in Rocky Beach davor bewahrt hatte, ein Raub der Flammen zu werden. »Also habe ich ja wohl mindestens einen Wunsch frei«, krönte er seine Überredungskünste, »wahrscheinlich sogar mehrere.«
Tante Mathilda wusste gleich, worum es ging. Sie hatte, nachdem die erste Aufregung vorüber war, schon selbst darüber nachgedacht, dass ihr die Jungs eine Abreise in dieser Situation ziemlich übelnehmen würden. »Ihr wollt bleiben?«, fragte sie Justus und legte ihm den Arm um die Schulter.
»Was heißt wollen?«, fragte Justus und setzte seine pflichtbewussteste Miene auf. »Wir müssen. Das da drüben ist ein Fall. Da können wir nicht einfach wegrennen. Kannst du doch verstehen, oder?«
»Natürlich«, sagte Tante Mathilda versöhnlich und seufzte. »Na schön, ich bleibe auch. Obwohl mir die Herrschaften ganz schön auf die Nerven gehen.«
Justus nutzte die Gelegenheit und rückte gleich noch mit einer zweiten Bitte heraus. Wenn die drei ??? hier blieben, dann wollten sie den Fall Oames auch lösen, das verstand sich von selbst. Also mussten sie sich einmal in Ruhe in seinem Schlafzimmer umsehen. Er erklärte ihr seinen Plan. Tante Mathilda sollte das gemeinsame Frühstück der Familie am nächsten
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