Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
Hilfe, Elizabeth!«, sagte Jack und wollte aufstehen, um zum Auto zurück zu rennen, aber Elizabeth hielt ihn mit ungewöhnlicher Kraft zurück.
»Nein«, sagte sie. »Es ist schon gut.«
»Sie brauchen Hilfe. Ich bin gleich wieder da.«
Jack versuchte, mit seiner freien Hand ihren Griff zu lockern, aber es gelang ihm nicht.
»William, ich habe dich angelogen«, sagte sie plötzlich.
»Was?«
»Als ich dir gesagt habe, dass dein Tod der einzige Weg wäre, um die Zeitschleife zu durchbrechen, da habe ich dir nicht die Wahrheit gesagt.«
Sprachlos starrte Jack auf Elizabeth herab.
Sie lächelte ihn warmherzig an. »Ganz recht. Ich war es, die mit dir gesprochen hat, bevor alles wieder von vorne angefangen hat.«
Jack schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Es ist alles meine Schuld. Aber jetzt hast du endlich den Kreis durchbrochen.«
»Wovon reden Sie?«
»Ich habe dir doch erzählt, dass nicht alle Geister Lost Haven verlassen hätten. Genau genommen gibt es nur noch einen Geist, der sich bis heute geweigert hat, zurück durch das Tor in der Raumzeit zu gehen, um es damit endgültig zu schließen.
Dieser eine Geist bin ich, William.«
»Das kann nicht sein«, sagte Jack. Erneut wollte er ihre Hand von der seinen abstreifen, aber ihrem Griff gegenüber war er machtlos.
»Du musst mir jetzt zuhören!«, ermahnte ihn Elizabeth geistesgegenwärtig. »Weißt du, wenn man wie ich so viele Jahre als untote Seele unter den Lebenden wandelt, dann vergisst man irgendwann, was man ist.
Die Jahre vergingen und alle anderen, die mit mir an Bord der Speedwell waren, haben nach und nach eingesehen, dass wir uns unserem Schicksal fügen müssen.
Der letzte verließ Lost Haven vor zweiunddreißig Jahren, nachdem er durch die Frau mit Namen Abagnale endgültig vertrieben wurde. Ich denke, du kennst diese Frau und ihre beeindruckenden Fähigkeiten. Danach war nur noch ich übrig.«
Jack stand zu sehr unter Schock, als dass er alles hören oder verstehen konnte, was Elizabeth ihm sagte. »Aber Sie sind doch kein Geist, Elizabeth. Wie sonst könnte ich ihre Hand spüren?«
»Mit den Jahren vergaß ich immer mehr, dass ich tot war. Ich war davon überzeugt eine lebende Person zu sein. Ich lebte eine Illusion.
Eines Tages fand ich das leer stehende Haus direkt neben dem, das jetzt dir gehört.
Eine alte Dame namens Trelawney hatte darin einsam gelebt, bis sie verschied.
Das Haus stand danach leer. Ein Verwandter erbte das Grundstück, ließ sich aber nie dort blicken.
Also beschloss ich, ihre Rolle einzunehmen.
Natürlich konnte ich mit niemandem Kontakt aufnehmen, weil ich ja immer noch ein Geist war, der sich einbildete, eine lebende Person zu sein.
Ab und zu kam der Gärtner, Mr. Hatch vorbei und kümmerte sich um den schönen Garten. Aber irgendwann kam er nicht mehr.
Und dann vor ein paar Jahren bist du hier eingezogen, William. Die meisten Leute können mich gar nicht wahrnehmen. Aber du William, du bist etwas Besonderes. In deinen Augen war ich kein Geist, sondern ein ganz normaler Mensch.
Als ich sah, wie schlecht es dir erging, habe ich mit dir Kontakt aufgenommen und dich so dazu gebracht meinen Garten wieder herzurichten. Den Rest kennst du ja.«
Jack konnte es nicht glauben. Aber irgendwann würde er es tun. Er würde akzeptieren, dass das Nachbarhaus in Wirklichkeit leer stand und vollkommen unmöbliert war. Und dass Elizabeth nie Post bekam und außer ihm niemand mit ihr gesprochen hatte. Er würde akzeptieren, dass er sich nach getaner Gartenarbeit auf dem Nachbargrundstück nur eingebildet hatte, eine Limonade zu trinken, dank der perfektionierten Suggestion von Elizabeth. Die Geschichte über ihren Vater, die sie ihm erzählt hatte, spielte sich nicht, wie er dachte, während des Zweiten Weltkriegs ab, sondern mehr als 300 Jahre davor. Und als der glaubte bei ihr einen grauen Schleier als Vorbote für ihren nahenden Tod gesehen zu haben, offenbarte sich ihm stattdessen nur für einen kurzen Moment ihre wahre Natur.
Jack würde auch irgendwann verstehen, dass es Elizabeth war, die verhinderte, dass er seinem Leben ein Ende setzte.
»Ich konnte nicht mehr aus eigener Kraft zurückgehen«, fuhr sie fort. »Ich war so davon überzeugt, dass ich kein Geist mehr bin, dass ich nicht mehr durch das Tor gehen und damit den Fluch von Lost Haven endgültig beenden konnte. Ich konnte das Tor einfach nicht mehr finden. Ich wusste nur, dass es hier irgendwo in Nähe sein musste.
Es gab nur eine Möglichkeit für
Weitere Kostenlose Bücher