Gejagt
herum zu meiner Hälfte ging und unter die Decke schlüpfte. Nala hob den Kopf und nieste mich an, offenbar genervt über die Störung, aber dann tappte sie schläfrig zu mir herüber und rollte sich auf meinem Kissen zusammen, eine kleine weiße Pfote an meiner Wange. Ich lächelte, und sauber und warm und todmüde, wie ich war, fiel ich schon im nächsten Moment in tiefen Schlaf.
Und dann hatte ich diesen schrecklichen Traum gehabt, der mich wieder in die Realität zurückgebracht hatte. Tja, ich hatte gehofft, dieses Zurückerinnern an alles, was in den letzten Stunden passiert war, würde wie Schäfchenzählen wirken, und ich würde irgendwann wieder wegdämmern (und diesmal hoffentlich nicht träumen!). Aber keine Chance. Ich war zu aufgewühlt wegen Kalona und dachte zu fieberhaft darüber nach, was ich als Nächstes tun musste.
Auf dem Nachttisch lag mein Handy. Ich nahm es und sah auf die Uhr. Es war zwei Uhr nachmittags. Na toll, da hatte ich ganze drei Stunden Schlaf gehabt. Kein Wunder, dass meine Augen sich anfühlten, als hätte jemand Sand reingestreut. Cola. Ich brauchte jetzt eine Cola, und zwar äußerst dringend.
Bevor ich das Zimmer verließ, sah ich noch einmal nach Stevie Rae, diesmal vorsichtiger, damit sie nicht wieder aufwachte. Sie lag auf der Seite, schnarchte leise und sah aus wie höchstens zwölf. Es war in diesem Augenblick nicht leicht, sie sich mit blutroten Augen vorzustellen, wie sie gefährlich knurrend die Zähne in Aphrodite schlug und so gierig von ihr trank, dass daraus eine Prägung entstand. Ich seufzte, weil ich mich fühlte, als lastete die ganze Welt auf meinen Schultern. Wie sollte ich nur mit all dem fertig werden, vor allem, weil die Guten manchmal gar nicht so gut zu sein schienen und die Bösen dafür so … so … Bilder von Stark und Kalona flogen mir durch den Kopf, und ich fühlte mich furchtbar verwirrt und kaputt.
Nein
, redete ich mir fest zu,
du hast Stark geküsst, als er gerade starb. Da war er noch anders. Aber jetzt hat Neferet ihn irgendwie verdreht, das solltest du niemals vergessen. Und das mit Kalona war ein Albtraum. Fertig, aus. Basta.
Dass der Albtraum-Kalona darauf bestanden hatte, ich sei A-ya, war hoffnungslos hirnverbrannt und purer Blödsinn. Okay, im House of Night hatte ich mich zu ihm hingezogen gefühlt, aber das war ja praktisch jedem so gegangen. Außerdem war ich
ich
, und A-ya war, na ja,
Dreck
gewesen, bis die Ghigua-Frauen sie mit Leben und besonderen Gaben ausgestattet hatten.
Abgefahrener Gedanke, aber vielleicht sehe ich ihr ähnlich
, dachte ich.
Oder vielleicht hat er mich nur A-ya genannt, damit er mir leichter eine Gehirnwäsche verpassen kann.
Das kam mir durchaus wahrscheinlich vor, vor allem, falls Neferet ihm irgendwelches Zeug über mich erzählt hatte.
Nala hatte sich wieder neben Stevie Rae gelegt und schnurrte mit geschlossenen Augen. Es lauerten also keine Albtraummonster mehr im Raum, denn sonst wäre sie nicht die Ruhe selbst gewesen. Wenigstens in dieser Hinsicht konnte ich also aufatmen. Ich strich beiden kurz über den Kopf – keine von ihnen wachte auf –, dann tauchte ich durch die Vorhangtür in den Gang.
In den Tunneln herrschte vollkommene Stille. Ich war froh, dass die Öllaternen trotzdem brannten; mit der Dunkelheit stand ich gerade ein bisschen auf Kriegsfuß. Andererseits gebe ich zu, auch wenn ich in den Schatten zwischen den Laternen misstrauisch nach Fledermäusen oder sonst was suchte, war es schon beruhigend, sicher unter der Erde zu sein und nicht irgendwo in der Nähe von offenen, mondhellen Lichtungen oder Bäumen mit geisterhaften Schatten darin. Ich erschauerte.
Nein. Nicht darüber nachdenken.
Auf dem Weg zur Küche hielt ich vor Kramishas Zimmer an und spähte lautlos hinein. Ich konnte gerade noch ihren Kopf erkennen, der unter den Bergen von lila Decken und pinkfarbenen Kissen hervorsah. Auf dem Boden lagen in Schlafsäcken selig schlummernd die Zwillinge, ihr kratzbürstiger Kater Beelzebub in der Mitte zwischen ihnen.
Leise ließ ich den Vorhang wieder zurückgleiten, um die Zwillinge nicht aufzuwecken, bevor sie Wache halten mussten. Tatsächlich überlegte ich mir, ob nicht ich, sobald ich meine Cola hatte, Damien und Jack ablösen und die Zwillinge durchschlafen lassen sollte. Ich würde die nächste Zeit sowieso nicht schlafen können – vielleicht die nächsten Jahre oder so. Okay, das war ein Witz. Mehr oder weniger.
In der Küche war niemand. Das einzige
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