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Gejagt

Gejagt

Titel: Gejagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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Damien finden und können uns davonschleichen.« »Hört sich gut an. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal froh sein würde, wieder in die Tunnels zu kommen, aber momentan scheinen sie mir der sicherste Ort zu sein.«
    Darius grunzte etwas, wovon ich annahm, dass es Männersprache für ›Geht mir genauso‹ war. Dann folgte ich ihm in den Gang, der tatsächlich verlassen war. Zur Treppe war es nicht weit. Also, das eine Stockwerk nach oben zu steigen, war fast zu viel für mich, und das letzte Stück musste ich mich schwer auf Darius stützen. Aus dem besorgten Schimmer seiner Augen war abzulesen, dass er ernsthaft erwog, mich zu tragen, und das hätte er auch getan (Widerspruch wäre vermutlich zwecklos gewesen), wenn wir nicht in diesem Moment den ersten Stock erreicht hätten.
    »Sag mal«, fragte ich keuchend, »ist es hier immer so still?«
    »Nein«, sagte er grimmig. »Keineswegs.« Wir kamen durch einen Aufenthaltsraum, in dem ein Kühlschrank, ein großer Flachbildfernseher, ein paar bequeme Sofas und ein paar Männerfreizeitutensilien wie Hanteln, ein Dartsspiel und ein Billiardtisch zu sehen waren. Auch hier war keine lebende Seele zu sehen. Mit steinerner Miene führte Darius mich zu einer der vielen Türen im Flur dahinter.
    Sein Zimmer war genau so, wie ich mir das bei einem Sohn des Erebos vorgestellt hatte. Schlicht und sauber, ohne viel Schnickschnack. Es gab ein paar Trophäen für Messerwerfwettbewerbe und die komplette gebundene Ausgabe von Christopher Moore, aber keine Fotos von Familie oder Freunden. Alles, was an der Wand hing, waren ein paar Aquarelle von Oklahoma-Landschaften, die wahrscheinlich schon vorher in dem Zimmer gehangen hatten. Oh, außerdem hatte er auch so einen Minikühlschrank wie Aphrodite, was mich irgendwie ärgerte. Hallo, hatte etwa jeder außer mir so einen Kühlschrank? Also echt. Es gab auch ein großes Panoramafenster mit schweren Vorhängen, zu dem ich hinüberging und hinaussah, während Darius sich umzog (damit Aphrodite keinen Grund hatte, uns einzeln oder gemeinsam bei lebendigem Leibe den Bauch aufzuschlitzen).
    Eigentlich hätte draußen was los sein sollen. Die Schule war aus, die Kids hätten auf dem Weg von den Klassenzimmern zu den Wohnräumen, dem Speisesaal oder dem Freizeitraum sein oder einfach draußen herumhängen sollen, wie Jugendliche das so tun. Aber ich sah nur ganz wenige, die schlitternd und rutschend auf dem Fußweg von einem Trakt zum anderen eilten.
    Auch wenn meine Intuition mir sagte, dass es nicht allein daran lag, versuchte ich, dem Wetter die Schuld an der Totenstille zuzuschieben. Der finstere Himmel spuckte immer noch eisigen Regen aus, und trotz der Einsamkeit, die der Sturm über die Welt gebracht hatte, war ich hingerissen, wie verzaubert alles unter dem gläsernen Überzug aus gefrorenem Wasser aussah. Die Bäume neigten sich unter dem Gewicht der kristallversiegelten Äste und Zweige. Die spiegelglatten Wände und Fußwege reflektierten das weiche goldene Licht der Gaslaternen. Am coolsten war das in Eis gehüllte Gras. Überall reckte es die brüchigen Spitzen in die Höhe, die je nach Lichteinfall funkelten, als sei auf der Wiese eine Saat von Diamanten aufgegangen.
    »Wow«, sagte ich, eher zu mir selbst als zu Darius. »Klar ist so ein Eissturm total ätzend, aber draußen sieht es wunderschön aus. Wie eine ganz andere Welt.«
    Darius zog sich ein Sweatshirt über ein sauberes T-Shirt und trat zu mir ans Fenster. Sein Stirnrunzeln verriet, dass für ihn der Ätzfaktor des Sturms deutlich überwog.
    Da sagte er: »Ich sehe keinen einzigen Wachtposten.« Und da wurde mir klar, dass sein Stirnrunzeln nicht nur das Eis, sondern auch die Schulmauer betraf, die man von seinem Fenster aus sehen konnte. »Eigentlich sollte man von hier aus mindestens zwei oder drei meiner Brüder sehen, aber da ist niemand.« Dann spürte ich, wie er sich anspannte.
    »Was ist?«
    »Ich habe vorschnell geurteilt. Und du hast recht. Da draußen ist eine ganz andere Welt. Es gibt Wachtposten. Nur sind es nicht meine Brüder.« Er deutete auf einen Punkt auf der Mauer, ein Stück rechts von uns, wo diese hinter dem Tempel von Nyx verschwand, der direkt gegenüber lag. Dort, zwischen dem Schatten einer alten Eiche und der Rückseite des Tempels, bewegte sich die Dunkelheit ganz leicht. Ich erkannte die Gestalt eines Rabenspötters, der auf der Mauer kauerte. »Und dort.« Darius zeigte auf einen anderen Punkt ein Stück weiter entfernt. Auf mich hatte

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