Gekauft für den Harem
Selbst wenn sie wissen, dass wir kommen, können wir uns dort besser verteidigen.“
Ärger blitzte in Hassans Augen auf. „Ich befasse mich mit Kriegsführung, seit ich fünf war, und ich weiß, dass man das Überraschungsmoment nutzen muss, wenn man eine Schlacht gewinnen will. Ich reite mit meiner Abteilung zum Pass. Nimm du die Straße um die Berge, wenn du das willst, aber ich werde vor dir da sein.“
„Hassan …“ Kasim hielt inne, als er die Wut in den Zügen des jungen Mannes sah. „Hoheit“, fing er noch einmal an, „bitte hört auf mich. Euer Vater würde mir nie verzeihen, wenn Euch etwas passiert. Eure Männer sollten sich im Hintergrund hal…“
„Hol dich der Teufel, Kasim! Ich bin kein Kind mehr, und ich lasse mich nicht wie eines behandeln. Fatima soll stolz auf mich sein, und sie wird von meinen Heldentaten erfahren. Und mein Vater muss endlich einsehen, dass ich ein Mann bin.“ Er stürmte davon, rief seine Männer zusammen und sprang in den Sattel. Mit den Absätzen stieß er dem Pferd in die Flanken und galoppierte in Richtung des Passes. Seine Männer folgten ihm.
„Dieser unverbesserliche Narr!“ Kopfschüttelnd trat der Kommandeur einer anderen Truppenabteilung zu Kasim. „Was machen wir jetzt? Euer Plan war vernünftig, aber der junge Hitzkopf könnte alles ruinieren.“
„Es kommt ohnehin alles, wie es kommen muss, Suleiman“, erwiderte Kasim seufzend. „Entweder wir heften uns ihm an die Fersen, oder wir überlassen ihn dem sicheren Tod. Vielleicht ist das Glück tatsächlich mit den Tapferen …“ Er saß auf, machte den Janitscharen ein Zeichen und gab seinem Hengst die Sporen. „Tod dem Feind!“, erscholl der Schlachtruf aus den Kehlen der Kämpfer, die ihm folgten.
Aber obwohl Kasim ritt wie der Teufel, schaffte er es nicht, Hassan einzuholen. Der Prinz sah über die Schulter zurück, aufs Äußerste entschlossen, den Pass als Erster zu erreichen. „Lasst mich vorausreiten, Hoheit“, schrie Kasim ihm zu, doch Hassan hörte nicht. Er trieb sein Pferd nur noch heftiger an, um seinen Vorsprung zu vergrößern.
Kasim galoppierte hinter ihm her. Der Plan, vom Pass aus anzugreifen, war aberwitzig, doch womöglich rechneten die Stammesführer nicht damit, dass die Janitscharen so verrückt sein würden, es auch nur zu versuchen, denn es gab keinerlei Hinweise auf einen Hinterhalt, als sie in wildem Galopp über die steinige Piste stürmten. Erst als sie das Ende des Passes schon fast erreicht hatten, vernahm Kasim das bedrohliche Geräusch. Er schrie Hassan eine Warnung zu, doch entweder war der Prinz tatsächlich zu weit voraus, oder aber er weigerte sich, dem Ruf Gehör zu schenken. Erst als das Gestein mit lautem Getöse die Berghänge herunterzurollen begann, wurde Hassan aufmerksam. Er sah hoch, versuchte im letzten Moment, sein Pferd zu zügeln und das Tier an einer kopflosen Flucht zu hindern, doch es war zu spät. Die Felsbrocken waren riesig, und es waren zu viele. Pferd und Reiter wurden in den Geröllmassen verschüttet.
Kasim sprang aus dem Sattel. Wie von Furien getrieben, hetzte er zum Ort des Gemetzels. Es war auf den ersten Blick zu sehen, dass das Pferd den Steinschlag nicht überlebt hatte, doch wie durch ein Wunder war Hassan noch am Leben. Er hatte die Augen geschlossen und war blutüberströmt, sein Bein war gebrochen, die Knochen ragten aus dem Fleisch, aber er atmete noch. Als Kasim sich über ihn beugte, hob er mit einiger Mühe die Lider und lächelte.
„Vergib mir. Ich hätte auf deinen Rat hören sollen, mein Bruder … wie immer …“, flüsterte er rau und verlor das Bewusstsein.
„Du Narr, du unverbesserlicher Narr …“ Kasims Wangen waren nass von Tränen. „Warum konntest du nicht auf mich hören?“
„Ihr wart sein älterer Bruder. Jedermann preist Eure Tapferkeit, Eure Führungsqualitäten. Hassan musste Euch überflügeln …“
Mit grimmiger Miene sah Kasim zu dem Mann hoch, der gesprochen hatte, und nickte kurz. Dann beugte er sich abermals über Hassan und hob den geschundenen Körper auf die Arme.
„Wir müssen seine Wunden versorgen und ihn zu seinem Vater zurückbringen. Ihr werdet seine Leibwache anführen, Suleiman. Der Rest der Truppe kommt mit mir.“
„Ihr wollt die Aufständischen verfolgen?“
„Diese Strafexpedition endet mit ihrem Tod oder meinem. Ich werde nicht ruhen, ehe ich Vergeltung geübt habe für den feigen Angriff auf Hassan.“
Der Befehlshaber salutierte. „Ich kann bezeugen, dass der
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