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Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Titel: Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svetlana Sekulic
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Er duckte sich freiwillig vor dem Übel drumherum und
brauchte sich deswegen vor niemandem zu bekennen. Er marschierte an
Menschen vorbei, die er nicht anblicken wollte und am wenigsten auch
kennen lernen wollte. Wenn er dennoch aufblickte, war ein einziger
Blick ausreichend. Er konnte in den Gesichtern der Menschen lesen und
es stand für eindeutig darin geschrieben, welchen Charakter sie
mit sich trugen. Das war deutlich zu sehen, an den Augen, an den
Bewegungen des Körpers, an dem Muskelspiel im Gesicht und ab
sofort, wenn sie den Mund aufmachten. Ein einziges Wort von ihnen und
er wusste, was für einen Esel er vor sich hatte. Es gab
verschiedene Sorten von Esel. Da gab es die Ängstlichen, die
Feiglinge. Dann die äußerst Dummen, das waren die Angeber.
Und dann gab es noch die Irren, die so irre waren, dass sofort ein
Mitleid über sie herein brach. Innerhalb von einer Sekunde
wusste Nicola, wen er vor sich hatte. Er liebte die Menschen nicht,
er hatte Angst vor ihnen. Sie wollten nichts Gutes von ihm und auch
er sandte ihnen keinen Glückwunsch. Das Leben meinte es nicht
gut mit ihm. Und dafür hasste er jeden um sich herum. Außer
vor seiner Leila und vor seiner Babu, seinen beiden Königinnen
des Herzens, hatte er vor jedem Lebewesen im ersten Moment und in
unmittelbarer Nähe nur angst. Kein Mensch gönnte ihm ein
wenig Gl ück und er beglückwünschte auch keinen
Menschen dafür. Sein Blick war stets abwärts zum
schlammigen oder auch trockenen Boden gerichtet und das war ihm zu
genüge. Wenn er draußen in der Welt umher lief, senkte er
seinen Kopf, sein Oberkörper war nach vorne gebeugt, die
Schultern waren in sich zusammengesunken und er brauchte nicht in die
verlogenen Gesichter der verschiedenen Eselsarten zu schauen. Er
wollte niemandem begegnen und hörte auf zu schauen. Er beneidete
seine Leila mit einem Auge. Sie sah so viel mehr mit ihrem großem
Herzen. Wahrscheinlich war sie deswegen eine frohe Natur und ein
optimistischer Mensch. Sie konnte sich des Lebens erfreuen und er
überlegte, ob er es auch mit Blausäure versuchen sollte.
Aber es fiel ihm schnell ein, dass er feige ist und niemals die
Courage haben würde, sich etwas anzutun. Manchmal war ihm, als
stünde ihm der Tod bevor. Er spürte einen Schmerz in seinem
Herzen und wusste seine Lunge nicht in Ordnung und in diesen Momenten
wusste er auch, dass er nicht so weit gewesen wäre, diese Welt
hier zu verlassen. Vielleicht nur aus dem einzigen Grund, da er zu
neugierig auf den Morgen geblieben ist oder auch nur zu feige für
immer zu verschwinden. Aber manchmal spürte er nicht umhin zu
kommen in Kürze gehen zu müssen. Er sah seine Zukunft
regelrecht in Bildern vor sich ablaufen. Sein letzter Kaffee
getrunken, sein letzter Spaziergang auf irgend einer dreckigen
Straße. All sein Tun kristallisierte sich wie ein letztes Tun
ab. Alles zeichnete sich in einem letzten Dasein ab, dass er sich nur
über die eigene Gelassenheit darüber wundern konnte. Er war
vielleicht auch mehr paralysiert als wirklich gelassen, aber der
Endeffekt war derselbe. Er schrie seine Angst vor dem Tod nicht der
Welt hinaus. Ein Niemand hätte ihm zugehört. Ein Niemand
würde traurig werden, wenn er denn hätte gehen sollen.
Niemand hielt ihn auf und so wollte es Nicola sein, als würde er
erst recht weiterleben wollen, um es all den Niemanden zu zeigen,
dass seine Stunde längst noch nicht geschlagen hat. Er freute
sich über jeden weiteren Tag in seinem Leben, mit oder ohne
Herzstechen und Lungenbeschwerden. Vielleicht war er nur neugierig
auf die Reaktion der Menschen, die ihn vermissen würden. Würden
sie um ihn weinen? Wenn Nicola daran dachte, wie er umkommen würde
und tot wäre und um ihn geweint werden würde, dann kamen
ihm unweigerlich Tränen zum Vorschein. Es tat ihm einfach selbst
leid, nicht mehr hier auf Erden zu sein, und die Menschen um ihn
herum an seinem Grabe weinen würden. Aber um welche Menschen war
hier die Rede? Wer würde ihn noch vermissen und um ihn Tränen
vergiessen? Nicola wusste, es konnte sich nur noch um Leila und um
Fjodor handeln. Alle anderen waren längst unter der Erde und er
hatte ihnen Tränen und ganz viel Traurigkeit gezollt. Und es war
ein Glücke und ein Elend, den Menschen, den er in seiner vollen
Blüte erlebt hatte so abgebaut zu erleben. Babu konnte sich am
Ende nicht mal daran erinnern, dass sie einen Enkel hatte. Einen
Enkel, der sie in Höhen und Tiefen begleitet hatte und sich
hatte begleiten lassen. Über so

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