Geködert
Kurfürstendamm.«
Er berührte seinen Schnurrbart mit dem Mundstück seiner Pfeife. »Trotzdem, ich weiß noch immer nicht …«
»Nimm doch mal an, Fionas Überlaufen sei nur der Schlusspunkt eines langfristigen Plans. Nimm an, dass sie da drüben in Ost-Berlin ihre eigene Sache aufzieht. Sie würde eine Menge Geld brauchen, und zwar genau hier, in Berlin, wo leicht ranzukommen ist.«
»Um ihre eigenen Agenten zu bezahlen?«
»Mann, Frank, ich muss dir doch nicht erst erzählen, wozu sie das Geld brauchen würde. Na klar. Für alles mögliche: Agenten, Bestechungen, Spesen. Du weißt, was da zusammenkommt.« Frank legte mir die Hand auf die Schulter. »Ich wünschte, ich könnte das glauben. Aber ich bin der Leiter der Dienststelle hier, wie du vorhin gesagt hast. Niemand könnte ohne meine Einwilligung dorthin versetzt werden. Das weißt du, Bernard. Hör auf, dir etwas vorzumachen, das passt nicht zu dir.«
»Nimm doch mal an, die Sache wäre sehr geheim. Bret Rensselaer als ihr Führungsoffizier …«
»Und der D.G. ließe die Operation direkt vom Kabinett autorisieren? Die Erklärung ist genial, aber ich fürchte, die Wahrheit ist einfacher und weniger angenehm.« Er blies eine Qualmwolke aus. »Der Leiter der Berliner Außenstelle wird immer informiert. Über diese Verfahrensregel würde sich nicht mal der D.G. hinwegsetzen. Das war schon immer so, schon als dein Vater noch dabei war. Das wäre das erste Mal.«
»Genauso, wie man zum ersten Mal einen hochrangigen Mitarbeiter des Department am Flughafen verhaften läßt«, sagte ich. »Der D.G. ist kein Hasardeur. Ich kenne ihn, Bernard. Wir sind im Krieg zusammen in der Ausbildung gewesen. Er ist übertrieben vorsichtig. Auf einen derart abenteuerlichen Plan würde der sich nie und nimmer einlassen.«
»Einen Agenten ganz oben beim Stasi einzuschleusen? Einen Agenten, dem man traut, auf der höchsten Ebene? Denn da ist Fiona doch gelandet, du selbst hast mir das gesagt.«
»Beruhige dich, Bernard. Ich kann verstehen, warum dir die Vorstellung gefällt. Fiona wäre rehabilitiert, und du hättest ganz auf eigene Faust das bestgehütete Geheimnis des Department gelüftet.«
Und außerdem, hätte er hinzufügen können, wäre aus Fionas Liebhaber Bret so ihr Kollege geworden. »Und was ist deine Erklärung?« fragte ich.
»Eine trostlos langweilige, fürchte ich. Aber nach einem bei diesem Geschäft verbrachten Leben findet man rückblickend, dass man immer wieder bizarren Erklärungen nachgelaufen ist, während die Wahrheit banal und offensichtlich war und man die ganze Zeit mit der Nase hätte draufstoßen können.«
»Dass Fiona Haus und Kinder verläßt und beim Stasi in den Dienst geht? Dass Bret das Department um Millionenbeträge betrügt, während er in Kalifornien sitzt und den armen Mann spielt? Dass Prettyman aus Washington zurückbeordert und seiner Frau erzählt wird, er sei umgelegt worden? Dass Onkel Silas mir erzählt, was für ein toller Mann Dodo ist, um gleich darauf zu veranlassen, dass er fertiggemacht und zum Schweigen gebracht wird? Nur war ich zuerst da. Dass ein Haftbefehl gegen mich rausgeht, weil ich dem D.G. darüber berichtet habe? Sind das die trostlos langweiligen Erklärungen, die der Wahrheit entsprechen?«
Frank sah mich an. Silas Gaunts Doppelspiel hatte ich jetzt zum ersten Mal erwähnt – nicht einmal Werner wusste davon – , und ich beobachtete Frank genau. Er nickte, als ginge er in Gedanken noch mal alles durch, was ich gesagt hatte, schien aber nicht überrascht. »Der Haftbefehl ist jedenfalls rausgegangen, ich selbst habe ihn aus dem Fernschreiber gezogen. Willst du ihn sehen?«
»Der Alte will mich verhaften lassen, weil er Angst hat, dass durch meine Fragerei Fionas Tarnung auffliegt. Sie haben mich nach Kalifornien geschickt, nur damit Bret mich überreden könnte, die ganze Sache fallenzulassen. Charles Billingsly wurde nach Hongkong geschickt, weil er vielleicht im Computer auf Brets Scheinfirma gestoßen war. Cindy Prettyman haben sie den Mund gestopft mit einem schönen Job in Straßburg. Weil Dodo drohte, ihre Geheimnisse auszuplaudern, wurde Prettyman beauftragt, ihm Verschwiegenheit beizubringen.«
»Das sind doch alles nur Zufälle«, sagte Frank. Aber er hörte mir jetzt aufmerksam zu.
»Ich nehme an, sie sind verzweifelt, aber wie verzweifelt sie sind, habe ich erst gemerkt, seitdem ich hier gelandet bin. Als ich mit meinen Fragen zum D.G. ging, ist ihnen erst mal nichts Besseres eingefallen, als mich
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