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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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überhaupt nicht freundlich.
    »Äußerste Geheimhaltung, Bernie.«
    »Cindy denkt, dass du tot bist. Was soll denn das alles?«
    Draußen auf dem Korridor hörte ich das Quäken und Zischen einer Gegensprechanlage. Schubladen wurden aufgezogen, Türen zugeschlagen. »Was zum Teufel soll das alles?«
    »Du müsstest wissen, dass du dir die Fragen sparen kannst, Bernie.«
    »Für das Department?« Er antwortete nicht.
    Er starrte mich an. Seine Haut war weiß, sein Gesicht hart wie das einer Wachsfigur. Er sagte: »Du musst hier weg.
    Glaubst du, dass du selbst nach Hause fahren kannst?«
    Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, mich vorzubeugen und ihm die Hand auf den Arm zu legen. »Hast du mir deshalb diese Schachtel mit den alten Keilschriften und den Aufzeichnungen vermacht? Sollte ich dir die Sachen aufbewahren? Sollte ich merken, dass du nicht wirklich tot warst?«
    Er schüttelte meine Hand ab, stand auf und sah sich in dem düsteren Zimmer um. »Vielleicht«, sagte er. Er stand in der Nähe des Flügels. Nachdenklich berührte er die Tasten und schlug ein paar tiefe Töne an. Das Zimmer war so dunkel, dass die Klavierlampe ein Schlaglicht auf die Tastatur warf und auf seine scheinbar vom Körper abgetrennten Finger.
    »Jim«, sagte ich. »Wer hat dir befohlen zu verschwinden?
    Hat das irgendwas mit Fiona zu tun?«
    Gemächlich schlug er ein paar weitere Töne an, die eine traurige kleine Melodie vervollständigten. Dann blickte er auf und sagte: »Bernie, es wird höchste Zeit, dass du lernst, dass das Department nicht für dein Wohlergehen da ist. Es steht nirgends, dass alle Einzelheiten einer Operation vorher mit Bernard Samson abgeklärt werden müssen.«
    »Ich rede von meiner Frau, Jim«, sagte ich zornig.

    - 323 -
    »Na schön, ich rede nicht von ihr, weder mit dir noch mit sonst jemand. Und nun halt den Schnabel, und verdufte von hier. Geh nach Hause, vergiss alles, und überlaß es mir, die Scheiße zu beseitigen, die du gebaut hast.«
    »Sonst?«
    Es gab eine kleine Pause, in der sich unsere Blicke trafen.
    »Sonst muss ich dich in meinem Bericht erwähnen. Man hat dir gesagt, dass du Dodo in Ruhe lassen sollst, aber du kannst ja nichts und niemanden in Ruhe lassen, nicht wahr, Bernard? Du musst einfach in alles und jedes deine verdammte Nase stecken.«
    »Silas Gaunt hat dich also hergeschickt?«
    Er schlug einen Mollakkord an und ließ ihn ausklingen. »Ich habe dir gesagt, du sollst abhauen, also hau endlich ab.« Er klappte den Deckel über die Tasten. »Meinst du, dass du selber fahren kannst?«
    Ich kippte den Rest meines Whiskys hinunter und stand auf.
    Ich war immer noch wacklig auf den Beinen. »Klar, Jim«, sagte ich.
    »Um unserer alten Freundschaft willen werde ich dich aus der Sache raushalten. Hör also gut zu: Wenn dich irgend jemand danach fragt – ich meine wirklich jeden –, du bist geradewegs nach Hause gefahren.« Dabei sah er mir in die Augen, und nun lächelte er zum ersten Mal ein wenig, wenn auch ohne großen Nachdruck. »Kein Wort über mich.« Ich dachte, er würde mir die Hand geben, doch er wandte sich ab und stieß Dodos reglosen Körper mit der Schuhspitze an. »Na komm, Dodo«, sagte er, »der Kampf ist vorbei.«

    - 324 -

21
    »Gehen Sie ins Gefängnis!« Es war nicht unerwartet. Bei jedem Glücksspiel gibt es gewisse Zwänge.
    Ich frage mich manchmal, ob das Misstrauen meiner Generation gegen den Kapitalismus nicht an jenen Sonntagnachmittagen geweckt wurde, an denen unsere Eltern uns am Monopoly-Brett bankrott machten und demütigten.
    Billy und Sally werden solche Traumata erspart bleiben. Wenn wir mal Monopoly spielen, sind dabei die Hauptsache die Geschichten und die Witze, die wir einander erzählen, und das flüchtige Würfeln zwischendurch nur eine kurze Unterbrechung unserer Unterhaltung.
    »Gehen Sie ins Gefängnis. Begeben Sie sich direkt dorthin.
    Gehen Sie nicht über Los.« Na schön.
    Das war jetzt meine Familie. Drei Kinder im Prinzip, denn wenn ich Gloria in Gesellschaft meiner Kinder sah, schien sie mir oft wie ein großes Kind. Wie die beiden war sie jenem plötzlichen Stimmungswandel unterworfen, den Kinder für selbstverständlich halten. Ich sah sie prüfend an an jenem Sonntagnachmittag. Der Tag kündigte schon vielversprechend den Frühling an, die Sonne schien von einem blauen Himmel herunter, und wir saßen in der baufälligen Glasveranda, die vor allem schuld daran war, dass Gloria sich für dieses Haus in der Balaklava Road

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