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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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abfuhren. Ein Gepäckträger lud Werners Porzellankiste auf einen Karren, wobei Werner um ihn herumwuselte und aufpasste, dass der Kiste auch nichts passierte. Der Zug war fast leer. Wir fanden mühelos einen Sitzplatz. Werner trug einen neuen leichten grauen Mohairanzug, in dem er wesentlich verwegener aussah als in seiner bisherigen soliden Aufmachung. Aber er hängte seinen Regenschirm so ans Gepäcknetz, dass er auf den Boden abtropfen konnte, legte Hut und Aktentasche behutsam nebeneinander und faltete seinen Regenmantel sorgfältig zusammen. Egal, wie verwegen er auch aussah, die jahrelange Dressur durch die unbeugsame Zena konnte Werner nicht verleugnen. »Teller, Tassen und so weiter«, sagte Werner und berührte den Karton behutsam mit der Spitze seines blankgeputzten Schuhs.

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    »Ja«, sagte ich. Mir fiel nichts weiter dazu ein. Als der Zug abgefahren war, sagte er: »Du wirst in Berlin diesmal wahrscheinlich auch Koby besuchen?«
    »Den Langen? Vielleicht.« Koby wohnte in einer heruntergekommenen Wohnung in der Nähe des Potsdamer Platzes und ließ sich von ausländischen Journalisten und Schriftstellern hofieren, die über das »echte Berlin« schrieben.
    Ich ging nicht öfter hin als unbedingt nötig.
    »Wenn dieser Dodo für ihn gearbeitet hat, kann dir Koby doch einiges erzählen.«
    Ich hatte Werner nichts davon gesagt, dass ich Prettyman getroffen oder mich mit Dodo herumgeprügelt hatte.
    Niemandem hatte ich das erzählt. »Vielleicht«, wiederholte ich.
    »Aber das war doch schon vor langer, langer Zeit, Werner.
    Dodo war damals nichts weiter als ein bösartiger kleiner Speerträger. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Koby irgendwas von Bret und dem Geld und all den Sachen weiß, auf die es wirklich ankommt.«
    »Über krumme Sachen weiß Koby immer sehr gut
    Bescheid«, sagte Werner ohne Bewunderung.
    Ich beugte mich zu ihm vor und sagte: »Ich habe dem Alten alles erzählt, was ich weiß … fast alles jedenfalls. Von jetzt an ist die Sache das Problem des D.G. Werner. Sein Problem, nicht meines.«
    Werner sah mich an und nickte, als dächte er darüber nach.
    »Soll das heißen, dass du dich um diese ganze Bret-Affäre überhaupt nicht mehr kümmern willst?«
    »Kann schon sein«, gab ich zu.
    »Laß die Finger davon, Bernard. Der Fall frisst dich noch auf.«
    »Wenn ich nur wüßte, welche Rolle Fiona bei diesem Schwindel gespielt hat.«
    »Fiona?«

    - 338 -
    »Sie hatte Zugang zu dem Geld, Werner. Ich erinnere mich, dass ich die Kontoauszüge in der Schublade gesehen habe, in der sie das Haushaltsbuch und das Geld für Mrs. Dias, unsere Putzfrau, aufbewahrte.«
    »Bevor Fiona übergelaufen ist, meinst du?«
    »Ja, vor Jahren. Ich suchte die Autoschlüssel … Schneider, von Schild und Weber … Ich wusste, dass mir der verdammte Name schon mal irgendwo begegnet war, und letzte Nacht ist mir eingefallen, wo.«
    »Aber weshalb hätte Fiona die Kontoauszüge einer Berliner Bank haben sollen?«
    »Damals dachte ich, es wären irgendwelche Unterlagen aus dem Büro … vielleicht sogar Fälschungen. Es waren eine Menge Nullen auf diesen Blättern, Werner. Millionen und Abermillionen Deutsche Mark. Jetzt weiß ich, dass die Dinger echt waren, und dass das Geld ihres war. Oder zumindest hat sie’s verwaltet.«
    »Fionas Geld? Ein geheimes Konto?«
    »Kontoauszüge werden den Kontoinhabern zugeschickt, Werner. Das steht nun mal fest.«
    »Jetzt ist es zu spät«, sagte Werner. »Sie ist weg.«
    »Ich habe dem Alten alles erzählt, was ich weiß«, wiederholte ich, wie um mich selbst daran zu erinnern. »Von jetzt an ist es sein Problem, Werner. Seins, nicht meins.«
    »Das hast du schon mal gesagt«, entgegnete Werner. »Ich habe Ingrid nicht erwähnt. Es gab keinen Grund, ihm diesen ganzen Zirkus mit ihrer Mutter und Dodo zu erklären.«
    »Und diese Geschichte mit deinem Vater auch nicht«, sagte Werner.
    »Richtig«, erwiderte ich. »Meinst du, ich hätte ihm das erzählen sollen?«
    »Entweder hat das Department autorisiert, was Bret mit dem Geld gemacht hat, oder Bret und Fiona haben es geklaut«, sagte Werner mit der für ihn charakteristischen umwerfenden

    - 339 -
    Direktheit. »Hattest du das Gefühl, dass der Alte in die Sache irgendwie eingeweiht war?«
    »Vielleicht ist er der begabteste Schauspieler der Welt, aber er machte den Eindruck, als hörte er die Geschichte zum ersten Mal.«
    »Es wird ja behauptet, dass er meschugge ist.«
    »Davon habe ich nichts bemerkt.«
    »Du

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