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Gekroent

Gekroent

Titel: Gekroent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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Antwort überraschte sie. Die Stimmen im Wind antworteten ihr niemals. Sie hatte noch nie eine Unterhaltung mit ihnen geführt. Normalerweise waren sie eher wie zufällige Gedanken, die sie auffing, so wie man Brocken einer Unterhaltung am Nebentisch mitbekam. Manchmal hörte sie Lachen, manchmal Weinen, aber niemals reagierten sie auf sie – nicht mal bei den vielen Gelegenheiten, bei denen sie nach ihrer Mutter gerufen hatte. Ein kleiner Schauer der Sorge lief ihr über den Rücken, aber das Gefühl, hierherzugehören, und der Friede, der sie erfüllte, überwogen jede Beklemmung, die sich wegen der ungewöhnlichen Situation in ihr breitmachen wollte.
    „Ich bin vom Göttlichen berührt worden.“ Morrigan wiederholte die Worte, probierte sie, schmeckte sie, versuchte, sie zu verstehen. „Wenn das stimmt, dann erkennen mich die Kristalle tatsächlich“, überlegte sie laut. Die Wände des Tunnels absorbierten ihre Stimme. Morrigan drückte ihre Hände mit gespreizten Fingern auf die steinerne Haut der Höhle und konzentrierte sich. „Hallo“, sagte sie leise. „Danke, dass ihr mich erkennt.“
    Sofort wurden ihre Handflächen warm. Die Kristalle zitterten unter ihren Händen. Die Wärme nahm zu, und der Felsen begann zu glühen. Morrigan war fasziniert vom Licht, das sie erschuf. Es war anders als die kleine Flamme, die aus ihrer Hand spross. Die hielt nie lange und ließ sie jedes Mal atemlos und, wie ihre Grandma es nannte, leicht verstimmt zurück.
    Sie fühlte sich mächtig, weil sie die Kristalle leuchten lassen konnte, und sie wusste ohne jeden Zweifel, dass sie die Taschenlampe ausschalten und genug Licht erzeugen könnte, um den Weg zu finden. Sie machte nicht nur Licht – sie erzeugte auch Wärme. Sollte jemand ihre Haut berühren, würde sie sich warm anfühlen, vielleicht sogar heiß. Es war, als hätte sie eine Kraftquelle gefunden, die nur sie anzapfen konnte, und diese Quelle lebte in den Kristallen der Höhle.
    „Hey! Alles gut da drinnen?“
    Morrigan zuckte zusammen, als sie Kyles Stimme hörte. Reflexartig zog sie die Hände von den Wänden zurück, doch die Kristalleleuchteten weiter. Ehrfurchtsvoll starrte sie sie an.
    „Ja! Sorry!“, rief Morrigan in den Tunnel. „Ich habe nur eine Pause gemacht, um mir die Kristalle anzusehen.“
    „Die Gruppe ist schon draußen. Wir warten nur noch auf dich“, rief er.
    Der von innen leuchtende Selenit war wunderschön. Der Lichtschein fiel auf den ihn umgebenden Alabaster, sodass dieser Bereich des Tunnels in purem weißem Licht erstrahlte.
    „Morrigan?“
    Kyles Stimme klang jetzt näher, das riss sie aus dem tranceähnlichen Zustand, in den sie beim Betrachten der Kristalle verfallen war.
    „Ich komme!“ Auf Händen und Knien kroch sie vorwärts, wobei sie ihre Taschenlampe festhielt. Kurz bevor der Tunnel eine weitere scharfe Kurve machte und sich zum Ausgang hin weitete, warf Morrigan noch einmal einen Blick über ihre Schulter. Das Licht der Kristalle schwand langsam. Während sie hinschaute, flackerte es einmal, zweimal auf, dann wurde es dunkel. Schnell legte sie den Rest des Weges zurück.
    Kyle nahm ihre freie Hand und half Morrigan auf, als sie aus dem Tunnel kam.
    „Wow, der Weg hat dich ja ganz schön angestrengt, so wie deine Hand glüht.“
    Mit gerunzelter Stirn musterte er sie genau, als erwartete er, Anzeichen für einen klaustrophobischen Anfall bei ihr zu sehen.
    Morrigan schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln. „Ich schätze, ich sollte öfter ins Fitnessstudio gehen.“ Sie tat so, als würde sie sich Schweiß von der Stirn wischen und atmete absichtlich schwer. „Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe. Ich wollte die Gruppe nicht aufhalten, aber die Kristalle haben das Licht der Taschenlampe aufgefangen, und sie sahen so schön aus, dass ich die Zeit ganz vergessen habe.“
    Kyles Miene entspannte sich sichtlich. „Ich weiß genau, was du meinst“, sagte er und bedeutete ihr, ihm aus der Höhle zu folgen.
    Morrigan zwang sich, mit ihm zu gehen, doch als sie aus der Höhle hinaustraten und wieder auf normalem Erdboden stand, wo die Hitze auf sie niederdrückte und der blaue Himmel sich endlos über ihr dehnte, fühlte sie fast so etwas wie körperlichen Schmerz, so groß war der Verlust, den sie empfand, weil sie nicht mehr in derErde war. Sie musste heftig blinzeln und wunderte sich, wieso ihr so sehr nach Weinen zumute war.
    „Oh mein Gott! Da bist du ja!“, platzte Gena heraus, als Morrigan und Kyle zu

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