Gekroent
einem alten Baum stand. Fieberhaft überlegte ich, ob wir genügend Zeit hatten, Myrnanach draußen zu bringen. Wenn ich sie in den Wald schaffen könnte, der den Tempel umgab, würde sie das retten? Könne ich ausreichend Kraft aus den Bäumen ziehen, um ihr die Energie zu geben, die sie für die Geburt ihres Babys brauchte?
Du kannst ihr Schicksal nicht verändern, Geliebte. Es würde ihr nur unnötig Schmerzen verursachen.
Ich musste mir auf die Lippe beißen, um bei Eponas Worten nicht laut aufzuschreien. Bitte, lass sie nicht leiden, schickte ich mein inbrünstiges Gebet an die Göttin, und ihre Antwort kam schnell und klar.
Du hast mein Wort, dass ich nicht zulassen werde, dass sie leidet, Geliebte.
„Ich bin so froh, dass du hier bist, Mama“, wiederholte Myrna. Ihre Stimme war schwach, aber ihr Griff um meine Hand war unnatürlich fest.
„Das bin ich auch, Mamas Liebste“, sagte ich sanft.
Sie lächelte mich an. „Mamas Liebste. So hast du mich seit Jahren nicht genannt.“
„Ich habe vielleicht aufgehört, dich so zu nennen, aber niemals, so an dich zu denken“, sagte ich.
„Mama.“ Sie sprach so leise, dass ich mich vorbeugen musste, um sie zu verstehen. „Ich habe Angst.“
Ich legte einen Arm um sie und zog sie an mich. „Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst, süßes Mädchen. Ich bin hier. Epona ist hier. Und bald wird auch deine Tochter hier sein.“
„Kümmere dich gut um sie, Mama. Und auch um Grant. Er wird dich brauchen.“
Bei ihren Worten schoss ein Schmerz durch meinen Körper, der unerträglich war. „Du wirst hier sein, um dich um deine Tochter zu kümmern und dich auf Grants Seite zu schlagen, wenn wir uns über ihre Schlafenszeiten streiten und darüber, dass ich ihr zu viele Süßigkeiten gebe.“
Myrna schaute mich mit festem Blick an. „Ich weiß, dass etwas nicht stimmt, Mama.“
Zum Glück bewahrte mich der in diesem Augenblick ins Zimmer stürzende ClanFintan davor, etwas erwidern zu müssen.
„Pa“, schrie sie.
Wieder machten die Frauen Platz, damit er sich auf die andere Seite des Bettes stellen konnte. Genau wie ich es getan hatte, beugteer sich über sie und gab ihr einen Kuss auf die feuchte Stirn.
„Ach, mein kleines süßes Mädchen, wie geht es denn?“ Er sprach mit Myrna, schaute aber mich an. Ich sah die Verzweiflung in seinem Blick aus dunklen, mandelförmigen Augen.
„Es ist schwer, Pa, und …“, fing Myrna an, dann stockte sie und sagte: „Es geht wieder los.“
„Mit dieser Wehe musst du pressen, Myrna!“, befahl Carolan. ClanFintan, Grant und ich stützten Myrnas mitgenommenen Körper und sprachen ihr Mut zu, während sie die Zähne zusammenbiss und mit aller ihr noch verbliebenen Kraft presste. Es gab eine Pause, die mir wie eine Sekunde vorkam, dann rief Carolan ihr wieder zu, zu pressen. Ich habe nicht gezählt, wie oft sich dieser Vorgang wiederholte – pressen, eine kurze Pause, pressen … Ich erinnere mich jedoch, auf Myrnas geschwollenen, kämpfenden Körper hinuntergeschaut und aus dem Augenwinkel gesehen zu haben, wie Carolan aus der Hand eines seiner schweigenden Assistenten ein Messer nahm. Es gab ein grauenhaftes Geräusch, das an reißendes Tuch erinnerte. Bevor ich etwas sagen konnte, wurde Myrna von einer weiteren Wehe erfasst und schrie, während ihre Tochter endlich in einem blutigen Sturzbach aus ihrem Körper glitt.
Dann ging alles unglaublich schnell.
„Lebt sie? Lebt sie?“, fragte Myrna wieder und wieder. Ich versuchte, sie zu beruhigen und zu sehen, was am Fußende des Bettes los war. Endlich schallte der starke, unverkennbare Schrei eines Neugeborenen durchs Zimmer und wurde von den Freudenrufen der wartenden Frauen erwidert.
Carolan reichte das gewickelte, schreiende Kind Alanna, die die ganze Zeit schweigend und blass neben ihm gestanden hatte. Sanft vor sich hinmurmelnd brachte sie das Baby zu Myrna. Ungeduldig streckte Myrna ihre Arme aus und drückte das Bündel an sich. Wir alle schauten auf das winzige, rotgesichtige Mädchen hinunter, das offensichtlich ein perfekter kleiner Mensch war.
„Hallo, Etain“, sagte Myrna. „Ich bin so froh, dass du endlich da bist.“
Wir weinten alle. Grant und Myrna küssten ihr Baby, während ClanFintan und ich ihre süßen, winzigen Arme und Füße berührten. Ich war von einer so unglaublichen Liebe und so viel Glück erfüllt, dass ich anfing zu glauben, alles würde doch noch gut werden.
Dann schnappte Myrna nach Luft und stöhnte. Ihr Blick
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