Gekroent
Kopfschmerzen gehabt, aber die waren nicht vergleichbar mit diesem pochenden, splitternden Schmerz, der durch ihren Schädel jagte. Sie dachte, dass sich so eine Migräne anfühlen musste. Kein Wunder, dass die Leute, die darunter litten, sie unerträglich fanden. Großartig. Als wenn sie nicht schon genug hatte, mit dem sie klarkommen musste. Stimmen im Wind, die merkwürdige Fähigkeit, eine Flamme aus ihrer Handfläche sprießen zu lassen, die noch sonderbarere Fähigkeit, Kristalle zu hören und sie glühen zu lassen. Die Tatsache, dass ihre tote Mom gar nicht ihre tote Mom war. Dann fiel ihr noch etwas ein. Kyle war tot und …
Die Erinnerung brach durch die nebligen Vorhänge aus Schmerz und Orientierungslosigkeit, die sich vor ihren Geist gezogen hatten.
Der Einsturz der Höhle! Kyle! Ihre Großeltern! Ihr Sturz durch den Selenitkristall.
Sie öffnete die Lider und keuchte. Die Augen taten ihr weh, und sie sah alles nur verschwommen. Ihr Körper schmerzte, als hätte sie die Erkältung des Jahrhunderts.
„Ruh dich aus, Lichtbringerin. Alles ist gut.“
Die Stimme war freundlich und klang vertraut. Morrigan schloss die Augen. Etwas Kühles wurde ihr auf die Lider gelegt. Es half, das Brennen zu beruhigen. Dann hielt man ihr eine Tasse an die Lippen, und aus einem Reflex heraus trank sie von der Flüssigkeit, die schmeckte wie mit Rotwein vermischter Hustensaft.
„Schlaf jetzt. Du bist nun zu Hause“, sagte die Stimme.
Zu Hause … schlafen … wiederholte die verführerische Stimme in ihrem Kopf in einem verlockenden Flüstern.
Morrigan hatte das Gefühl, kaum eine Wahl zu haben, als die Wirkung des sirupartigen Getränks sie zurück in die Bewusstlosigkeit gleiten ließ.
Als sie wieder erwachte, fuhr Morrigan sich mit der Zunge durch ihren ekelhaft trockenen Mund. Igitt! G-pa würde sagen, ihr Mund schmeckte wie der Boden in einem Vogelkäfig. Oh Mann, sie fühlte sich schrecklich. Musste sie heute zur Schule? Warte, nein, es war Sommer. Ende des Sommers. Sie war kurz davor, aufs College zu gehen und …
„Trinkt, Mylady. Das wird Ihre Kehle beruhigen.“
Mylady? Warum nannte man sie so?
Weil es dein Recht ist.
Die Worte waren nicht in der Luft, noch kamen sie durch die Berührung mit einem Kristall. Dieses Mal hallten sie sanft in ihrem Kopf nach, was Morrigans Verwirrung nur noch verstärkte.
„Hier, Mylady, trinkt.“
Sanfte Hände halfen ihr, und eine Tasse mit kaltem Wasser wurde an ihre Lippen gedrückt. Morrigan trank durstig. Dann öffnete sie die Augen. Das Licht war gedämpft, und sie sah immer noch verschwommen. Sie blinzelte und rieb sich die Augen. Ihr Gehirn war genauso vernebelt wie ihr Blick. Was war hier los? War sie auf einer Party gewesen? Normalerweise war sie klüger, als sich zu betrinken. G-pa würde sie umbringen. Auch wenn sie dachte, erwachsen zu sein und praktisch auf eigenen Füßen zu stehen, würde er verärgert sein, wenn sie …
Warte. Sie war nicht auf einer Party gewesen. Sie hatte mit ihren Freundinnen die Höhle besucht.
Morrigan zwang ihre Augen erneut auf. Der Blick verschwamm kurz, doch dann, als hätte jemand die Bandgeschwindigkeit an G-pas altem Videorekorder justiert, wurde alles – ihr Blick und ihre Erinnerung – glasklar. Als Erstes fiel ihr die Frau auf, die auf einem fellbezogenen Hocker neben ihr saß und sie freundlich anlächelte.
Morrigan riss überrascht die Augen auf. „Grandma!“
Das Lächeln der Frau schwankte nur kurz. „Willkommen, Lichtbringerin“, sagte sie mit einer süßen, sanften Stimme, die genauso klang wie die von Grandma – es fehlte ihr nur der ausgeprägte Oklahoma-Akzent. „Ich bin Birkita, Hohepriesterin von Adsagsona.“ Die Frau stand auf und fiel ergeben in einen tiefen Hofknicks. „Im Namen der Göttin heiße ich Sie willkommen. Ich freue mich, dass wir mit einer Lichtbringerin beschenkt worden sind.“
Morrigan öffnete den Mund. Schloss ihn wieder. Schließlich sagte sie: „Sie sind nicht meine Großmutter.“
Die dunkelhaarige Frau hob ihr vertraut aussehendes Gesicht. Ihr Lächeln war freundlich, aber ihre Augenbrauen waren verwirrt gerunzelt.
„Nein, Mylady. Ich bin zwar im richtigen Alter, um Großmutter zu sein, aber ich habe es als junge Frau vorgezogen, Keuschheitim Dienste der Göttin zu geloben, sodass ich weder Kinder noch Großkinder habe.“
Morrigan strich sich mit einer zitternden Hand übers Gesicht. „Es tut mir leid. Ich bin nur …“ Ihre Stimme erstarb, als sie versuchte,
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