Gekroent
gefürchtet?“
Die Antwort war leicht. „Nein. Ich hatte nie Angst im Dunkeln. Im Gegenteil, ich mag es. Meine Großeltern haben immer gesagt, wenn ich nachts aufstehe und kein Licht mache, werde ich mir noch einen Fuß anstoßen oder so, aber das ist nie passiert. Ich hatte befürchtet, es wäre ein schlechtes Zeichen, dass ich mich in der Dunkelheit so wohlfühle.“
„Nein, mein Kind. Es war ein frühes Zeichen von Adsagsonas Zuneigung. Ich habe mich mit der Dunkelheit auch immer leichtgetan. Unsere Göttin ist eine liebevolle, fürsorgliche Mutter für dieSidetha. Sie zeichnet ihre Priesterinnen bereits in jungen Jahren und schätzt sie ihr ganzes Leben lang. Aber Ihr müsst bedenken, obwohl Adsagsona die Dunkelheit vorzieht, weiß sie auch das Licht zu schätzen, weshalb sie die Lichtbringerinnen erschaffen hat, die die Gabe haben, Kristalle tief im Inneren der Erde zum Leuchten zu bringen. Euer Licht kann das Böse versengen, sollte es Euch jemals zu nahe treten.“
„Ist das Böse dir jemals zu nahe gekommen?“
„Nein, Kind. Ich habe in der Dunkelheit nie etwas anderes gefunden als Adsagsonas Liebe.“
„Irgendwie beruhigt mich das auch nicht“, gestand Morrigan.
„Verbannt Eure Zweifel, Hohepriesterin. Eure Göttin ist gut. Sie hat Euch mit großer Macht beschenkt. Lasst nicht zu, dass Unerfahrenheit und Jugend Euch ins Straucheln bringen.“
„Okay, ich werde mein Bestes versuchen“, erwiderte Morrigan schnell als Reaktion auf Birkitas scharfen Ton.
Birkita seufzte und sah mit einem Mal sehr müde aus. „Ich wollte nicht grob zu Euch sein. Es ist nur so, dass ich glaube, Ihr erlaubt Unsicherheiten aus Eurer alten Welt, Euch auch hier zu plagen. Morrigan, Ihr gehörtet nicht in diese Welt, zu diesen Menschen. Dies hier ist die Welt, in der Ihr zu Hause seid, wo Eurer Volk ist, genau wie Adsagsona, Eure Göttin. Alles wird gut, Lichtbringerin.“
„Du hast recht, Birkita.“ Morrigan wünschte, sie würde sich so sicher fühlen, wie sie klang. „Jetzt wo ich hier bin, wird alles gut.“
Birkita lächelte. „Und jetzt sollten wir uns beeilen. Die Menschen warten bereits auf uns.“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Genauer gesagt auf Euch.“
„Das ist nicht gerade Balsam auf meinen Nerven.“
„Nervös zu sein ist ein gutes Zeichen.“ Birkita lachte und bedeutete Morrigan, ihr aus dem Zimmer zu folgen, während sie in ihrer Erklärung fortfuhr: „Wir werden den Usgaran betreten. Die Leute haben einen großen Kreis um den Kristall gebildet. Ihr werdet Euch davorstellen und die Gegenwart der Göttin heraufbeschwören.“
„Und wie mache ich das?“
„So wie heute Vormittag, als Ihr den Alabastersirup gesegnet habt.“
Morrigan nickte. „Okay, das kann ich. Wie geht’s weiter?“
„Ihr dankt Adsagsona für den Segen, den sie uns während derletzten Mondphase hat zuteilwerden lassen. Wenn Ihr mit Eurem Gebet fertig seid, sagt Ihr ‚Heil dir, Adsagsona‘, und die Menschen werden den Ruf wiederholen. Dann gehen alle und lassen Euch allein im Usgaran zurück. Der letzte Teil des Rituals ist sehr persönlich. Er findet allein zwischen der Göttin und ihrer Hohepriesterin statt.“
„Das gefällt mir.“
„Das war auch immer mein liebster Teil des Rituals“, sagte Birkita mit warmer Stimme. „Für die Trankopfer steht neben dem Findling Wein bereit. Nehmt ihn und vergießt ihn um den großen Kristall. Dann müsst Ihr jede einzelne Alabasterflamme löschen und das Licht, das Ihr in den Kristall gerufen habt. Im Schutz der Dunkelheit, die Adsagsonas Reich ist, erbittet Ihr den Segen der Göttin für die Sidetha während der kommenden Mondphase – von jetzt bis zum nächsten Dunklen Mond. Dankt der Göttin, entzündet die Flammen und gesellt Euch zu den anderen Priesterinnen in der Große Halle, um Euer Frühstück einzunehmen.“
„Das klingt nicht so schlecht“, sagte Morrigan. Sie hatten den Eingang zum Usgaran erreicht und blieben unter dem Torbogen stehen. Der Raum war gefüllt mit Menschen. Ihr Gemurmel erinnerte Morrigan an das Rascheln von Herbstlaub im Wind. Sie atmete tief ein und legte die Fingerspitzen sanft gegen die Höhlenwand. „Bitte erleuchte den Stein für mich“, flüsterte sie. Sie schenkte Birkita ein angespanntes Lächeln und sagte: „Zeit, es anzugehen.“ Als der Selenitbrocken erstrahlte, betrat Morrigan den Raum.
„Mögen Glück und die Göttin mit Euch sein, Kind“, rief Birkita ihr hinterher und verschmolz dann mit dem Schatten. Niemand
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