Gelassene Eltern - starke und glueckliche Kinder - Eine Recherche wie das Leben mit Kindern gelingt
hätte. Was bringt dieses defizitorientierte Denken? Ich denke, wir brauchen ein anderes Lernen an Schulen: Remo Largo fordert mehr individuelles Lernen. Er sagt, Kinder bräuchten vor allem Erfolgserlebnisse. Gerald Hüther propagiert, dass Lernen über Begeisterung gelingt und die Positive Psychologie fordert eine intensivere Entwicklung der Stärken von Schülern.
Was Kinder ganz nebenbei lernen
Und dennoch lernen Kinder in der Schule wahnsinnig viel, ganz von selbst, ohne großes Zutun der Lehrer, durch informelles Lernen : Man muss rechtzeitig aufstehen, in die Gänge kommen, pünktlich sein, soweit strukturiert sein, dass man seine Sachen dabei hat. Man lernt Ordnung halten, sich Ziele zu setzen, ehrgeizig sein, Erfolge zu genießen, mit Schwächen fertig zu werden. Man lernt Freundschaften zu knüpfen und zu streiten, sich für andere zu engagieren, eine eigene Meinung zu entwickeln und diese zu vertreten. Man lernt, sich in eine Gruppe zu integrieren und darin eine Rolle einzunehmen. Man kann das Leben von der schönsten Seite kennen lernen und die Bedürfnisse befriedigen, die sich durch das ganze Leben ziehen, nämlich sich mit anderen verbunden zu fühlen und an Herausforderungen zu wachsen. Hüther beschreibt die tollen Möglichkeiten, wie Schulen diese Grundbedürfnisse befriedigen können, in seinem genialen Buch „Was wir sind und was wir sein könnten“ (S. Fischer Verlag, 2011): Er empfiehlt das gemeinsame Spielen (S.159), die Märchenstunde als Ritual und Zaubermittel (S.165) und gemeinsames Singen. Ich denke auch, dass Basteln, das gemeinsame Vorbereiten von Feiern und Festen, viele Formen der Gruppen- und Projektarbeiten, Tanzen, Theater und das gemeinsame Sporttreiben unheimlich dienlich sind. Dann passiert das, was wirklich Lernen ist, was nachhaltig wirkt, nämlich: Flow.
Was ist Flow? Hüther beschreibt die Funktionsweise des Lernens mit dem folgenden Kreisbild : Danach beruht Lernen auf Begeisterung und Entdeckerfreude. Entdeckerfreude ist das Streben nach Grenzen, zu erfahren, was man noch nicht kennt, zu denken, was noch nicht gedacht wurde. Diese Entdeckerfreude ist eine allgemeine Eigenschaft von Menschen, genetisch bedingt, aber auch durch Umwelt verursacht. Sie treibt den Menschen an, sich Herausforderungen oder Problemen zu stellen. Deren erfolgreiche Bewältigung generiert Selbstvertrauen bzw. Selbstwertgefühl, was zur Folge hat, dass man eine positive Erwartungshaltung entwickelt, sich ähnlichen Herausforderungen erneut zu stellen. Erfolgserlebnisse „kicken“ und führen dazu, dass man mehr davon will. Wenn man tief versunken einer derartigen Tätigkeit nachgeht, die einem ungeheuer Spaß bereite spricht man von Flow. Und Kinder sind regelmäßig im Flow: „Wenn kleine Kinder spielen, bei der Sache sind, auf Entdeckungsreise gehen, immer in Bewegung sind, aktiv nach Erlebnissen suchen. Dann sind sie überrascht, freudig, traurig … bis sie müde und hungrig werden.“ – „Kindliche Neugier kann man eigentlich nicht ersticken.“
(DVD Prof. Dr. med. Gerald Hüther: Was Kinder brauchen – Neue Erkenntnisse aus der Hirnforschung, Seminar in Zürich, Juli 2006, Auditorium Netzwerk 2006, jokers edition)
SELBSTVERTRAUEN
LUST
Hüther beschreibt andererseits die selbstzerstörerische Kraft von Angst und das Grausame eines negativen Selbstbilds. Dies erfahren Kinder, wenn sie vor Aufgaben stehen, die sie nicht schultern können. Aufgaben, welche sie überfordern. Wenn sie die negative Erfahrung machen, zu scheitern, stößt es sie in tiefe Selbstzweifel. Die Folgen sind verständlich. Man versucht dieser Überforderung aus dem Weg zu gehen. Man bekommt Angst und entwickelt eine Verweigerungshaltung. Diesen Teufelskreis kann man wie folgt darstellen.
ANGST
SELBSTZWEIFEL
Ich persönlich kann Kinder dieses Frusts , wie ich sie in der Schule erlebe, gut verstehen. Um sein Selbstbild einigermaßen aufrecht zu erhalten strengt man sich einfach nicht mehr an. Man lernt nicht, weil man in den Prüfungen sowieso die schlechten Noten kassiert. Und wenn schon, dann ist es doch besser, man kann (zu sich selbst) sagen: „Das war doch klar, ich habe nicht gelernt“ als dass man sich der Erkenntnis stellen muss: „Ich habe gelernt und trotzdem versagt.“ Und wenn wir mal ehrlich sind: Wir als Erwachsene machen das doch auch so: Das, was wir nicht können, umgehen wir. Ich singe nicht vor anderen, ich habe gelernt, das kann ich nicht. Ich singe, nur allein im Auto und
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