Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Wissen
Vom Netzwerk:
Wahrscheinlichkeit, dass er ES vom  Bürgersteig aufgehoben hatte, war recht groß. Vielleicht aber hatte ES vorher auch schon seine Frau oder sonst ein ihm nahestehender, eventuell auch weiter entfernter Mensch „in Gebrauch“ … man konnte nur mutmaßen. Jedenfalls: Er stand vor unserem Schalter, er wollte anfangen zu reden und – da lag ES auch schon in ganzer Pracht im schwarzen Gelddurchreichefach: das Lakritzbonbon!
    Entsetzte, hasserfüllte Blicke auf der einen Seite. Offener Mund und hängender Kopf auf der anderen.
    Schmuddels Restsabber bahnte sich noch seinen Weg in die Pfütze, die sich rund um den zuckerigen Brocken bildete, da passierte es. Es war im Affekt, Manuela hatte keine Wahl, sie musste es tun. Das ganze Geschehen lief in Bruchteilen einer Sekunde ab, aber ich sehe es noch heute wie in Zeitlupe vor mir.
    Das angelutschte Bonbon lag da, ihr Finger bewegte sich auf es zu und – sie schnippte es zurück zu Schmuddel!
    Dann krachte der Stuhl, auf dem sie eben noch gesessen hatte, unter lautem Getöse zu Boden. Sie hatte ihn umgerissen, als sie aufsprang und mit einem hysterischen Schrei aus der Schalterbox raus in den Nebenraum rannte, von wo alle Anwesenden ein lautes Würgen und anschließendes Gluckern hörten – die Gute ließ sich gerade das Frühstück und wahrscheinlich auch noch das Abendessen vom Vortag noch mal durch den Kopf gehen.
    Schmuddel nahm sein Bonbon aus der Geldschale, steckte es in den Mund und verließ unverrichteter Dinge die totenstille Schalterhalle. Er ward von diesem Tag an nicht mehr gesehen.
    Manuela führte ihre Ausbildung in der Verwaltung weiter. Und aß, soweit man weiß, nie wieder Lakritz.

DER KLASSIKER!
     
    Amtliche Verlautbarung der Deutschen Bundespost (vor der Privatisierung):
     
    In Dienstanfängerkreisen kommen immer wieder Verwechslungen der Begriffe "Wertsack", "Wertbeutel", "Versackbeutel" und "Wertpaketsack" vor. Um diesem Übel abzuhelfen, ist das folgende Merkblatt dem § 49 der ADA vorzuheften:
    Der Wertsack ist ein Beutel, der auf Grund seiner besonderen Verwendung im Postbeförderungsdienst nicht Wertbeutel, sondern Wertsack genannt wird, weil sein Inhalt aus mehreren Wertbeuteln besteht, die in den Wertsack nicht verbeutelt, sondern versackt werden. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die zur Bezeichnung des Wertsackes verwendete Wertbeutelfahne auch bei einem Wertsack mit Wertbeutelfahne bezeichnet wird und nicht mit Wertsackfahne, Wertsackbeutelfahne oder Wertbeutelsackfahne. Sollte sich bei der Inhaltsfeststellung eines Wertsackes herausstellen, dass ein in einen Wertsack versackter Wertbeutel hätte versackt werden müssen, so ist die in Frage kommende Versackstelle unverzüglich zu benachrichtigen. Nach seiner Entleerung wird der Wertsack wieder zu einem Beutel, und er ist auch bei der Beutelzählung nicht als Sack, sonder als Beutel zu zählen. Bei einem im Ladezettel mit dem Vermerk "Wertsack" eingetragenen Beutel handelt es sich jedoch nicht um einen Wertsack, sondern um einen Wertpaketsack, weil ein Wertsack im Ladezettel nicht als solcher bezeichnet wird, sondern lediglich durch den Vermerk "versackt" darauf hingewiesen wird, dass es sich bei dem versackten Wertbeutel um einen Wertsack und nicht um einen ausdrücklich mit "Wertsack" bezeichneten Wertpaketsack handelt. Verwechslungen sind insofern im übrigen ausgeschlossen, als jeder Postangehörige weiß, dass ein mit Wertsack bezeichneter Beutel kein Wertsack, sondern ein Wertpaketsack ist.

16
     

Die Queens vom Hühnerstall
     
    Im öffentlichen Dienst war die Sache zum Ende des vorigen Jahrhunderts ja meistens so: Man konnte so blöd sein wie man wollte, den IQ eines thailändischen Mettbrötchens haben, man konnte die meiste Zeit des Jahres faul wie Margarete Brauns französische Banane sein – man wurde trotzdem befördert. So denn Planstellen frei waren in den verschiedenen Besoldungsstufen. In den Verbeamtungs-Gefilden, in denen meinereiner sich in den ersten Jahren bewegte, war dies denn auch kein Thema: Automatisch stieg ich die Karriereleiter in regelmäßigen Abständen höher. A5, A6, A7 – das waren nicht etwa die neuesten Automodelle. Nein, für einen Postler im mittleren Dienst waren das Bezeichnungen für die Stufen, die man äußerst leicht erklimmen konnte. Wie gesagt, durch das, was Beamte immer schon gerne taten: durch relativ viel seliges Nichtstun.
    Dennoch konnte man sich nicht ewig auf den gar nicht errungenen Lorbeeren ausruhen. Wollte man

Weitere Kostenlose Bücher