Geld fressen Seele auf
Älteste unter ihnen mit Tränen in den Augen und erstickter Stimme schilderte, dass er vor einigen Jahren sein Elternhaus habe umbauen lassen müssen, um es für seine an MS erkrankte Frau rollstuhlgängig zu machen. Der Umbau beanspruchte seinerzeit seine gesamten finanziellen Rücklagen und sein heutiges Einkommen sei zwingend notwendig, um seine Familie weiterhin zu ernähren, die Hypothek abzuzahlen und das Auslandsstudium seiner Tochter zu finanzieren.
In seinem Alter würde er doch nun keine neue Arbeitsstelle mehr bekommen und Geld für Investitionen in eine neue Selbstständigkeit habe er auch nicht mehr – und ehe er zum Sozialamt ginge, würde er sich lieber aufhängen.
Die Lebensmoral und Lebensenergie der Männer war erkennbar auf dem tiefsten Punkt angekommen. Francisco versuchte etwas einzulenken und versprach, umgehend Franzen anzurufen und diesen in die Pflicht zu nehmen.
Vielleicht könnte er ihn ja zumindest davon überzeugen, die Grundlohnzahlungen – quasi als eine Art Sozialplan – bis zum Ende der seinerzeit auf 24 Monate zugesagten Zahlungen fortzuführen oder wenigstens die Lohnbescheinigungen für das Arbeitsamt auszustellen; auch wenn das zusätzliche Sozialabgaben für die Firma nach sich ziehen würde.
Sooft er dann aber versuchte Franzen telefonisch zu erreichen, ließ der sich doch immer wieder verleugnen. Selbst der Brief, den Francisco ihm in dieser dringenden und wichtigen Angelegenheit zwangsläufig schrieb, blieb ohne jede Antwort.
Seinem neuen Anwalt legte Francisco zunächst seine Lage offen, dass er arbeitslos geworden sei und kein neues Einkommen habe. Worauf der Anwalt ihm erklärte, dass er gerne das Mandat übernehmen würde, dafür aber einen ersten Vorschuss von 5000 Franken auf sein Honorar fordern müsse, so wie es die Statuten seines Anwaltsverbandes vorschreiben würden.
Natürlich sei die Tatsache seiner Kündigung nicht mehr zu widerlegen, jedoch ließen sich die Lohnbescheinigung und die Arbeitslosengeldauszahlungssperre juristisch sicher anfechten, weil diese offensichtlich aufgrund falscher Angaben der ehemaligen Arbeitgeberin erfolgt seien, fügte der Jurist Mut machend hinzu.
Später, infolge des anberaumten Arbeitsgerichtsverfahrens, musste die NVG dem Arbeitsamt gegenüber zugeben, dass der Kündigungsgrund seinerzeit doch nicht in einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers begründet lag, sondern lediglich an internen Unstimmigkeiten zur künftigen Geschäftspolitik. Auch musste die NVG Francisco endlich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen, dessen Inhalt aber zu weiteren Auseinandersetzungen führte, auf deren gerichtliche Klärung Francisco jedoch verzichtete – nicht zuletzt auch wegen eines zusätzlichen Kostenvorschusses.
In jenem Arbeitsgerichtsprozess aber, in dem es unter anderem auch um die zu niedrig ausgestellte Lohnbescheinigung ging, stellte sich leider auch heraus, dass Francisco in der Vergangenheit wieder einmal viel zu vertrauensselig gegenüber den Worten und Versprechen seiner vermeintlichen Geschäftspartner gewesen war; nämlich damals, als er von Karl-Theo Wischnewski, dem Patron und Gründer der NVG, eingestellt worden war. Der alte Patron sagte seinerzeit Francisco ausdrücklich einen monatlichen Nettolohn von 20000 Schweizer Franken zu. Doch Franzen, als zuständiger Auslandsgeschäftsführer, ließ ihm später ganz eigenmächtig und angeblich in Unkenntnis der Absprache mit Wischnewski nur 15000 Franken in den Arbeitsvertrag eintragen, worauf Francisco diese falsche Lohnsumme wiederholt monierte und den Vertrag seinerseits nicht rechtsverbindlich gegenzeichnete. Absprachegemäß war Francisco aber nicht nur oberster Chef der NVG-Schweiz AG, sondern auch ihr oberster Zahlmeister. Fünf Monate nach der klaren Vereinbarung mit Wischnewski hatte er sich mit Franzen zunächst geeinigt, dass dieser den Vertragstext ändere und auf das mit K. T. Wischnewski vereinbarte Nettolohnniveau von 20000 Franken anhebe. Die nächste Lohnauszahlung jedenfalls könne sich Francisco als oberster Zahlmeister der Schweizer Firma an dieses vereinbarte Lohnniveau schon anpassen und darüber hinaus auch die Lohndifferenz der ersten fünf Monate nachzahlen.
Allein Franzen fand auch in den Folgemonaten immer wieder eine neue Entschuldigung dafür, weshalb er diese vereinbarte Arbeitsvertragstextänderung nicht ausgeführt hatte. Durch diesen Umstand blieb der elementare Arbeitsvertrag Franciscos bis zu seiner firstlosen Kündigung
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