Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)
ich.
Den Rest des Tages blieb ich da hocken und dachte nach. Erst als es schon dunkel geworden war und ein leichter Wind aufkam wurde mir kalt und ich ging schwe rfällig ins Haus.
Als Andrea ihren täglichen Kontroll-Anruf tätigte, ve rsuchte ich, möglichst um dieses Thema herumzukommen. Zu meinem Glück gestaltete sich das ziemlich einfach, denn auch sie machte einen großen Bogen um alles, was mit den Schlagzeilen zu tun hatte.
Mit meinem kleinen Stoffmeerschweinchen fest im Arm kroch ich unter die Bettdecke und hoffte, schnell einschlafen zu können.
Der darauffolgende Tag bestand für mich darin, drei Stunden zu duschen, dann aus Versehen den Toaster kaputtzumachen und mir somit meine einzige Nahrungsquelle zu zerstören und wie ein Irrer durch die Stadt zu rasen und mir zu wünschen, Marco wäre ausgebrochen und ich würde ihn finden. Dann besorgte ich mir zum Abendessen vom Slim-Cheese – einem Fast-Food-Restaurant – ein sogenanntes Slim-Cheese-Menü. Davon aß ich jedoch lediglich den halben Burger und trank ein paar Schlucke vom Shake. Die Pommes und den beigelegten Käsedip ließ ich völlig außer Acht.
Was sollte ich nur tun? Alles war auf einmal so sin nlos. Andrea war irgendwo ganz weit weg und war auch sicher froh darüber, mich mal los zu sein, und Marco würde ich vielleicht nie wiedersehen.
Wieder mal stellte ich mir die Frage, warum ich übe rhaupt lebe, ob da nicht jemand einfach Spaß daran hat, mich leiden zu sehen. Wenn ich Andrea mit dieser Frage erfreute, rastete sie immer total aus. „Du kannst froh sein, dass es dir noch so gut geht, du könntest für den Rest deines Lebens ans Bett gefesselt sein, dann hättest du einen Grund dich zu beklagen. Nein, nicht mal dann, erst wenn du jeden Tag Hunger leiden müsstest oder du ständig gefoltert würdest, DANN könntest du diese himmelschreiende Ungerechtigkeit ausposaunen, dann würd ich dir sogar noch das Megaphon halten“, schrie sie dann.
Natürlich hatte sie Recht; ich war schon froh, keine schlimm eren Probleme als die zu haben, die ich nun mal hatte ... aber ich hatte sie nun mal und es tat mir weh, dass der, der mir diesen unglaublichen Kuss gegeben hatte, jetzt im Knast war. Vielleicht sollte ich besser keinen mehr küssen.
Ich wollte einfach bei ihm sein, in seine schönen A ugen schauen und dieses unbeschreibliche Gefühl haben, wenn seine Lippen meine berühren. Ich hielt es kaum aus. Es zerriss mich förmlich. Nicht mehr lange und ich würde dran krepieren ... wann war es nur endlich soweit? Sogar das Atmen fiel mir schwer.
Orientierungslos ging ich durchs Haus und hoffte, ich würde irgendwas entdecken, das mich auf andere Gedanken brächte. Aber wollte ich wirklich an was anderes de nken? Ich bildete mir ein, dass egal, was ich machen würde, dieses eklige Gefühl eh nicht verschwinden würde, wahrscheinlich würde es nur noch schlimmer werden.
In eine Ecke gekauert wartete ich darauf, dass die nächsten zwei Wochen ganz schnell zu Ende gehen würden. Vie lleicht sollte ich einfach auch irgendwas anstellen, damit mich die Polizei einsperren würde. Ich wäre ganz bestimmt ins selbe Gefängnis wie Marco gekommen, in der näheren Umgebung gibt es nämlich nur das. Mir wär es sogar Recht gewesen, für ihn die Strafe abzusitzen ... Solange er mich ab und zu besuchen würde, wäre alles ok. Ein Jammer, dass man das sicher niemals erlauben würde, immerhin hatte er ... was hatte er eigentlich getan? So genau hatte ich den Bericht in der Zeitung nicht gelesen. Na ja, wie auch immer, ich wusste, dass ich ohne Marco nicht mehr leben konnte.
Fest entschlossen nickte ich mit dem Kopf, rappelte mich wi eder auf und legte mich ins Bett. Der nächste Tag würde mich sehr viel Energie und Mut kosten.
Davon, dass ich dem Wahnsinn nah war, bekam Andrea nichts mit. Ihr Tag verlief sehr viel schöner. Nicht weit vom Hotel entfernt entdeckte sie einen kleinen Park, der zu einem Freibad führte. Zusammen mit Tina und noch zwei anderen Kolleginnen nutzte sie die freie Zeit, um sich im Wasser den rauchenden Kopf abzukühlen.
Mit von der Partie war der dunkelblonde Seitensche itel, der zufällig dieselbe Idee wie die Mädels hatte.
„Na, was für ein glücklicher Zufall“, rief Tina grinsend zu Le nnard rüber, als sie ihn von hinten erkannte.
Als dieser sich umdrehte, war auch er freudig übe rrascht. „Hey, ähm ... Tina, richtig? Beim nächsten Mal muss einer von uns Einen ausgeben.“
Tina lachte und zwinkerte.
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