Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)
Art Sieg. Irgendwo in dem brutalen Kerl, der mich einen Tag zuvor angegriffen hatte, steckte mein süßer Marco. Das hatte ich ganz deutlich gespürt, als er mich losgelassen hatte. Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte mich erwürgt, aber er hatte es nicht gekonnt. Bei jedem anderen hätte er diese Hemmungen bestimmt nicht gehabt ... nur bei mir! Die stechenden und drückenden Schmerzen erinnerten mich also immer daran, wie wichtig ich ihm scheinbar war, so wenig er das auch zeigte.
Trotzdem hielt ich es doch für besser, mal einen Arzt einen Blick auf meinen rot-blau-lila-grün-gelben Hals we rfen zu lassen. Ich musste ja nicht sagen, woher das kam, oder ich würde einfach sagen, dass ich schlafgewandelt war und mir irgendwas umgehängt hatte.
Ich wusch mich, so gut es eben ging, zog mich an und war bereits dabei, das Haus zu verlassen, als Andrea anrief. Sie erk undigte sich, wie es mir so geht, und ich berichtete ihr, dass es mir nicht so gut gehe und ich gerade zum Arzt wolle. Sie hatte natürlich sofort wieder tausend Tipps, was ich alles tun könnte, um die „Grippe“ so gut wie möglich zu überstehen. Ich bejahte alles brav und legte auf.
Zum ersten Mal war ich froh, dass Andrea nicht da war. In den ga nzen Jahren, die wir uns jetzt kannten, gab es nicht einen einzigen Zeitpunkt, wo ich mir bei einem Streit oder so gewünscht hätte, sie wäre weg. Aber jetzt ... Diesmal konnte ich es einfach überhaupt nicht gebrauchen mir das Gefühl geben zu lassen, alles, was ich mache, wäre falsch. Ich wusste, wie das ablaufen würde, und erkannte die Bequemlichkeit, die durch ihre Abwesenheit entstand. Sie hätte mich total zur Schnecke gemacht, wenn sie mich gesehen und gewusst hätte, was passiert war. Bis sie wieder nach Hause kam, würde man von den Schwellungen zum Glück nichts mehr sehen.
Das mit der Schlafwandler-Geschichte war übrigens doch keine so gute Idee, mein Arzt wollte mich in irgendein Labor stecken um zu kontrollieren, wie ich schlafe. Da ich mich aber entschieden gegen diesen Vorschlag wehrte, stöpselte er ein paar Kabel an meinen Körper und klemmte mir einen Kasten um, der regelmäßig piepste. Das Gerät sollte eine Nacht lang messen, wie sehr ich mich im Schlaf bewege.
Das Ergebnis war natürlich sehr ernüc hternd, weil ich im Schlaf eigentlich nicht mal trete oder so was. Mein Arzt meinte, dass ich mich nochmal melden solle, falls so was noch einmal passieren würde. Ansonsten konnte er mir nur mit einer Salbe weiterhelfen, die die Schwellung ein bisschen schneller abklingen ließ.
Die Fortbildung, durch die Andrea sich quälte, war nun fast vorbei. Nur noch ein paar Tage und sie alle hätten es überstanden. Genau wie ihre Kolleginnen und Kollegen hatte sie einfach die Schnauze voll und wollte nur noch nach Hause. Zu allem Überfluss machte sie sich auch noch Sorgen, wie ich so zurechtkam. Das sollte der doch mal für ein paar Tage egal sein!
In den letzten Tagen hatte Andrea Gefallen an einem großen Stein-Gebilde gefunden, das im Hinterhof i hres neuen Hotels stand. Dort setzte sie sich in den Pausen auf eine der großen Flächen und genoss einfach die Ruhe und die Sonne. Für gewöhnlich mied sie solche Orte eigentlich, weil sie ihr zu langweilig und zu deprimierend waren, aber der ganze Stress war ausschlaggebend dafür, mal eine Ausnahme zu machen.
Manchmal hatte sie Gesellschaft, aber meistens war sie ganz alleine. Jetzt, wo es dem Ende entgegen ging, hatte sie besonders viel Zeit, sich hier aufz uhalten. So auch an diesem Tag, an dem sie von meiner „Grippe“ erfuhr.
Schwerfällig schnaufte sie durch und krempelte ihre Hose ein bisschen hoch, um ihre Beine zu lü ften.
„Ist hier noch ein Platz frei?“, fragte Lennard und de utete auf einen herausstehenden Stein neben dem, auf dem Andrea saß. Sie nickte bloß und gähnte. „Schon alles gepackt? Mein Zimmernachbar hat seine Koffer schon seit Tagen fertig gepackt im Flur rumstehen.“
„Nee“, antwortete Andrea kurz und streckte ihr G esicht in die Sonne.
Lennard überlegte einen Mo ment und stand dann auf. „Hm, ok, du willst lieber alleine sein.“
Von der Sonne geblendet blinzelte sie ihm entgegen. „Nein, setz dich wieder“, sagte sie und kramte ihre Sonnenbrille raus. „Du kannst ruhig bleiben, mir geht ’s nur im Moment nicht so gut. Sorry, ich wollte nicht, dass du denkst, ich würde dich loswerden wollen.“
„Ist es was, wobei ich dir helfen kann?“, fragte er mi
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