Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)
Frage? Ich hielt in den Händen einen Brief von der Polizei ... beziehungsweise Andrea hielt ihn grad, in dem stand, ich solle da hinkommen. Dann kam ich doch natürlich auch. Das wär ja, als würde ich sie fragen: “Und? Duscht du heute nach dem Sport?“ Es war einfach ’ne total überflüssige Frage. „Natürlich sage ich aus, ich hab doch gar keine andere Wahl“, sagte ich schnippisch.
„Ok ...“, antwortete sie zurückhaltend. Irgendwas brodelte in Andrea, ihr lag irgendwas auf der Zunge, was sie nicht sagen wollte. Ich glaubte, sie hatte mir die Story nicht abgekauft. Komischerweise ging sie aber auch gar nicht näher darauf ein.
D er Termin, an dem ich im Gericht sein sollte um meine Aussage zu machen, war erst in einer Woche. Zeit genug also, mich so richtig schön wahnsinnig zu machen. Meine Sorge in erster Linie war, Andrea könnte mit zu der Verhandlung kommen und würde dort erfahren, dass ich sie angelogen hatte. Ich hätte es ihr mit Blümchen nochmal richtig erklären können, vielleicht hätte sie ja sogar verstanden, warum ich mich nicht getraut hatte, ihr die Wahrheit zu sagen. Aber je länger ich es hinausschob, desto mehr Angst hatte ich davor, es richtigzustellen.
Zum Glück sahen wir uns in dieser Woche nur ganz selten. Sie war wieder vollgestopft mit Arbeit und übernahm oft Doppe lschichten oder schlief sogar im Büro, nur um Tina wieder ein bisschen näherzukommen.
Tina war wieder einmal maßlos enttäuscht von ihrer angeblichen Freundin. Wie konnte sie es nur wagen sich ihren Schwarm unter den Nagel zu reißen? Andrea war ständig damit beschäftigt, ihr zu verstehen zu geben, dass Lennard nach wie vor frei für Tina war und Andrea die Letzte wäre, die ihrem Glück im Wege stehen würde, wenn sie auch der Meinung war, dass Tina so einen Blödmann nicht verdient hatte.
Am Mittwoch gab es wieder mal irgende inen Eintopf in der Firmenkantine. Niemand hatte je rausgefunden, warum es das jeden Mittwoch gab, zumal es niemand wollte und auch kaum jemand aß. Tina saß bereits an einem Tisch und manschte in ihren pürierten Karotten und Kartoffeln rum, als Andrea sich mit zwei Tüten von McDonalds dazusetzte.
„Willst du das noch essen?“, fragte sie und deutete auf Tinas Teller.
Diese ließ den Löffel in die Pampe fallen und schob den Teller weg. „Nein, kannst du haben.“
Andrea lachte. „Nein, ich will das auch nicht ... ugh ...“ Sie schob den Teller an die Seite und stellte ihrem frustrierten Gegenüber eine der beiden Tüten vor die Nase. „Ich weiß jetzt nicht genau, was du lieber magst, aber ich hab einmal Chicken McNuggets und einmal irgend so ‘nen großen Hamburger genommen. Was du nicht magst, nehme ich.“
Etwas überrascht schaute Tina in die Tüte vor ihr. „Oooh, ein Roy al TS!“, gluckste sie freudig und packte sich ihr Mittagessen aus. „Danke ...“, sagte sie verlegen und wartete mit dem ersten Bissen, bis sie eine Antwort bekam.
„Gerne doch.“ Andrea freute sich über die neuen Sympathiepunkte. „Das Essen he ute wollte ich uns einfach ersparen.“
Während Andrea schon genüsslich in einen ihrer Nuggets biss, zögerte Tina noch immer mit dem E ssen. „Heißt das, wir sind immer noch Freundinnen?“, fragte sie schüchtern.
„Natürlich!“, bestätigte Andrea ihr verwundert. „Wie kommst du darauf, dass wir keine mehr sein sollten?“
„Na ja ... hast Recht!“, antwortete sie selbstsicher und fing nun auch an zu essen.
Es gab zwar immer noch Tage, an denen sie sich aus den Weg gingen und sich g egenseitig die Krätze an den Hals wünschten, aber wenigstens war ihnen wieder klar, dass sie einfach zusammengehörten. In der Firma kannte man sie auch fast nur noch im Doppelpack und jeder wusste, wenn sie mal getrennt zu Mittag aßen, hatten sich die beiden wieder wegen irgendwas in der Wolle. Auf jeden Fall gab es nicht mehr nur Tina oder nur Andrea, es gab nur noch Andrea und Tina.
Der Gerichtstermin war nun nur noch einen Tag entfernt. Das bekam ich besonders dadurch zu spüren, dass in den Medien bereits großer Aufruhr veranstaltet wurde und sämtliche Berichte über Marco geschrieben wurden. Sogar Andrea wurde davon nicht verschont, als sie einen Artikel darüber für eine bekannte Zeitung ausschmücken sollte.
Schon seltsam. Wenn ich von anderen g ehört oder gelesen hatte, die ein Interview über Freunde, Bekannte oder Nachbarn gegeben hatten, wo es auch um Kriminalität ging, hatte ich mir immer vorgestellt, wie
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