Gelegenheitsverkehr
gerade ein Hubschrauber.
Und Poldi? Glatt rasiert, Jeans, weißes Hemd, Seidenkrawatte. Er schlüpfte in ein teures Jackett, wahrscheinlich ein Geschenk von Susi.
»Besser, wir unterhalten uns woanders«, sagte er.
Soviel zur Privatsphäre.
»Bist du jetzt völlig übergeschnappt? Wer hat dich gekauft?«, maßregelte er mich auf dem Parkplatz, als ihm klar wurde, womit wir fahren würden.
»Mietauto. War kein anderes mehr da«, wiegelte ich ab und ließ mich vom Ledersitz auffangen.
Er kletterte an Bord und sah sich um, als hätte er ein fremdes Haus betreten. »Da muss ich ja Angst haben, dass mich wer von der Internen mit dir fotografiert. Wenn das wer sieht, das glaubt mir kein Schwein, dass ich ein ehrlicher Bulle bin.« Er ließ das Fenster herabsurren, lehnte seinen Ellbogen hinaus und winkte grinsend der Torwache zu, die respektvoll vor dem Auto salutierte. »Fahren wir ins Moffel«, sagte er und setzte eine Sonnenbrille auf.
Ich nickte und gehorchte. Mit jedem Kilometer gewann ich an fahrerischer Souveränität.
»Hier herinnen ist es größer als in meinem Wohnzimmer«, bemerkte Poldi.
»Aufgeräumter auch«, sagte ich.
Das Café Moffel befand sich in einem Hügel am Rand des Stadtzentrums. Der vordere Teil war dank der großen Fenster hell und freundlich. Nach hinten wurde es schummriger, weil das Lokal in den Stollen einer riesigen Bunkeranlage aus dem Zweiten Weltkrieg ragte. Im Krieg waren dort Kugellager und Waffen produziert worden. Andere Bereiche hatten als Luftschutzbunker gedient. Die Hauptgänge konnten ohne Weiteres mit Lastwagen befahren werden. Eine dicke Betonwand trennte das Moffel vom Rest der Anlage. Gerüchteweise verfügte der Eigentümer über einen versteckten Zugang.
Poldi schritt zielstrebig über die abgetretenen Teppiche in den hintersten der verwinkelten Räume. Die roh behauenen Sandsteinwände neigten sich zur Mitte und bildeten mit der Stollendecke ein zweimannhohes Oval. Der Verkehrslärm der dicht befahrenen Straße blieb abrupt zurück, als hätten wir ihn am Eingang abgegeben. Wir setzten uns in abgewetzte Ohrensessel in einer Nische. Eine nicht mehr ganz junge Kellnerin mit dunklen Ringen unter den Augen glitt heran. Wir bestellten.
Hier hinten waren Poldi und ich die einzigen Gäste. Die Mittagspausenverbringer saßen vorn. Bunt zusammengewürfelte Polstermöbel mit verblassenden, dicken Stoffbezügen waren in großen Abständen verteilt, was ein zufälliges Belauschen von Gesprächen unmöglich machte. Dazwischen standen niedrige, schwere Tische. Das dunkle, polierte Holz war mit Wasserrändern, Furchen und Einkerbungen übersät. Opiumhöhle. Haremswartezimmer. Dezente Barmusik rieselte aus Lautsprechern, die neben übergroßen Lüftungsrohren an der Decke hingen.
Ein idealer Ort für Anbahnungen jeder Art, hervorragend geeignet für außerpartnerschaftliche Affären, Schmiergeldverhandlungen und konspirativen Bullentratsch.
Die Kellnerin servierte unser Bier. »Toasts kommen gleich.« Stets prompte Bedienung im Moffel.
Wir prosteten einander zu und tranken.
»Wie war’s bei der Versicherung?«, fragte Poldi.
»Wie ein All-inclusive-Intensivcomputerkurs. Überbezahlt war ich auch.«
»Dann wissen wir ja, wer heute die Rechnung übernimmt«, sagte Poldi. »Und nach der vereinbarten Zeit haben sie dich wieder rausgeschmissen?«
»Beruhte auf Gegenseitigkeit. Die Versicherung hatte ihren Teil erfüllt und ich wollte keine Kunden übers Ohr hauen.«
»Wie hoch wäre die Schadenssumme damals gewesen? Wenn wir die Bande nicht geschnappt hätten?« Poldi wischte sich den Mund mit einer Serviette ab.
»Zehn Millionen. Grafenstein hat meine Anstellung persönlich mit dem Generaldirektor ausgehandelt. Als kleine Gegenleistung. Damit ich nach meinem Abschied nicht auf der Straße lande.«
»Der hat sich noch um seine Leute gekümmert«, sagte Poldi.
»Ein Spitzenchef«, murmelte ich von Nostalgie übermannt. Ich griff nach meinem Glas. »Hat immer seine Hand über mich gehalten. Auch wenn es öfter eng geworden ist mit dem Büro für interne Angelegenheiten damals. Nur gegen die Häuptlinge im Sicherheitsbüro konnte er nichts machen.«
»Deine Wiener Weibergeschichten haben dich dort auch nicht gerade populär gemacht«, sagte Poldi. »Wer ist denn jetzt deine Hauptattraktion? Die Journalistin, oder?«
»Bettina. Ja. Immer noch«, sagte ich und dachte nach. »Schon wieder.«
»Das ist mir zu kompliziert«, sagte Poldi, schob sein Bierglas hin und her und
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