Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
konnte – und das mit der Leine konnte er natürlich völlig vergessen. Dennoch hielt er an diesem Morgen auf seinem Weg in die Stadt an einem Supermarkt, an dem bereits die Weihnachtsbeleuchtung und -dekoration prangte, und kaufte eine Riesenrolle purpurfarbenes Band.
Es konnte ja nicht schaden, gut vorbereitet zu sein.
Ein Unfall auf dem Highway hielt Melanie auf, und sie kam zu spät zu ihrem Brunch-Meeting. Der Grund dafür war ein Elch, der im falschen Moment aus dem Wald und auf die Straße gewandert kam, nur um der Verwandlung in einen Elchburger durch einen Truck mit Mühe und Not zu entgehen. Der Truck war jedoch seitlich in den Graben gerutscht und blockierte nun beide Straßenspuren.
Warum wohnte sie in diesem abgelegenen Hinterwäldlerkaff?, fragte sich Melanie verbittert und trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Sie sollte in einer Stadt leben und überall mit dem Taxi hinfahren, anstatt in einem Wagen sitzend darauf zu warten, dass die inkompetenten Sheriffs die Nachwirkungen des schlechten Timings eines Elches beseitigten. Wäre Lori nicht weggegangen und hätte ihr das Chimera überlassen, dann hätte Melanie längst nach Boston oder New York ziehen können. Dort musste sie sich nicht mehr damit abgeben, mit kleinen Bankern zu füßeln, nur damit sich diese ihre Geschäftsideen anhörten. Man würde sie ernst nehmen, als Frau und als Unternehmerin, und sie müsste nie wieder solche Brunch-Meetings in schäbigen Hotels, die nach verrückten Wasservögeln benannt wurden, über sich ergehen lassen.
Sie hatte gerade noch Zeit, sich zuhause in ihr verführerisch-schickes Businesskostüm zu werfen, das aus einer Schößchenjacke und einem geschlitzten Rock bestand. Als sie endlich in den Speisesaal des Golden Loon spazierte, war es schon nach elf. Der Brunch war bereits in vollem Gange, und sich verstohlen umblickende Geschäftsmänner häuften sich Eier und Speck auf die Teller, während sich ihre Sekretärinnen mit Mimosas und Bloody Marys betranken und sich auf die Ausschweifungen des Nachmittags vorbereiteten. Der ganze Raum roch förmlich nach verbotener Lust. Durch den Nebel umherschwebender Hormone entdeckte sie Nathan Wentworth, der allein an einem Tisch am Fenster saß. Im Vergleich zu den ältlichen Geschäftsmännern und ihren dämlichen Geliebten sah Nathan gar nicht mal so, übel aus. Er starrte fasziniert auf das Wasser hinaus, ganz so als wünschte er sich, da draußen in der Bucht und nicht hier drin zu sein.
Nathans Tisch hätte für drei gedeckt sein müssen, aber Melanie sah nur zwei Gedecke. »Wo ist Harrison?«, fragte sie, die von dem bisherigen Morgen so genervt war, dass sie keine Lust auf eine richtige Begrüßung verspürte. »Er hat die ganze Sache hier doch eingefädelt.«
Als Nathan Melanie erblickte, verschwand der gelangweilte Gesichtsausdruck des Kurators. Er stand auf und rückte ihr einen Stuhl zurecht. Sie nahm seine Höflichkeit mit kühlem Nicken zur Kenntnis und war noch lange nicht bereit, ihm seine »böses Mädchen«-Bemerkung zu verzeihen.
»Anscheinend hat Harrison uns versetzt«, sagte Nathan, ohne dabei besonders besorgt zu wirken.
»Das scheint Sie ja nicht gerade zu stören«, bemerkte Melanie.
»Das tut es auch nicht. Ehrlich gesagt bin ich sogar erleichtert. Ich wollte Sie einfach sehen. Eben dachte ich schon, dass Sie auch nicht auftauchen würden.«
»Ich wurde auf der Rückfahrt von Somerhill aufgehalten. Auf dem Highway hat es einen Unfall gegeben. Sie können von Glück reden, dass ich überhaupt hier bin«, verkündete sie.
»Ich betrachte mich auch als sehr glücklichen Mann. Ich hätte nicht so lange in diesem furchtbaren Restaurant gesessen, wenn ich nicht gehofft hätte, dass Sie noch kommen würden.«
Der Kurator musterte sie aus ernsten Augen. Melanie wusste nicht, was sie tun sollte. Wie in aller Welt sollte sie sich über einen längeren Zeitraum mit diesem finsteren Mann unterhalten? Sie hatten sich einander gerade mal vorgestellt, und schon war sie so nervös wie ein Schulmädchen. Zum Glück erschien ein Ober mit der Flasche Gratischampagner – der vor allem deshalb gratis war, weil er billig war –, und Melanie trank sofort einen Schluck.
»Könnten Sie die Flasche bitte gleich hierlassen?«, bat sie ihn.
Der Ober hatte keine Einwände. Melanie wollte Nathan auch ein Glas einschenken, doch dieser lehnte dankend ab. Als Puritaner durch und durch hatte er den umsonst ausgeschenkten Alkohol durch schwarzen Kaffee
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