Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
Wimpern denn erreicht hätte. Stattdessen lächelte sie Traci so freundlich an, dass sie beinahe daran erstickte.
»Das Chimera passt ziemlich gut nach Morne Bay. Tatsächlich habe ich sogar vor, das Geschäft im Frühjahr zu vergrößern.«
»Mit der Genehmigung sieht es nicht gerade gut aus«, warf Dean ein. Seine schwarzen Augen funkelten, als er sich den Ziegenbart rieb. »Aber du hast den Artikel vermutlich noch nicht gelesen.«
»Verrat doch nicht das Ende, Schatz.« Traci kicherte.
»Bis dann, Baby«, rief Dean und zwinkerte Melanie hinter Tracis Rücken zu, als die beiden Arm in Arm aus dem Laden gingen.
Trotz des dicken Mantels und der vom Ofen erwärmten Luft in der Bäckerei spürte Melanie auf einmal eine eisige Kälte. Sie sah die anderen Kunden an, die alle aufgehört hatten, zu lesen, Kaffee zu trinken und zu kauen, um ihre Unterhaltung mit Dean mit anzuhören, und stellte fest, dass sie ganz und gar nicht berühmt war.
Sie war vielmehr berüchtigt.
Melanie schnappte sich eine Ausgabe des Foghorn , warf eine Ein-Dollar-Note auf den Tresen und rannte zu ihrem Wagen. Sie sprang auf den Fahrersitz, verriegelte die Tür und schlug die Zeitung auf.
VON HEISS BIS SCHLAMPIG – MORNE BAY SCHNUPPERT GROSSSTADTLUFT lautete die Schlagzeile von Bridget Lockes Artikel. Darunter war ein Foto von Melanie, auf dem sie die Hände in die Hüften stemmte, die Brüste rausdrückte und einen Schmollmund à la Jayne Mansfield machte. Sie sah aus wie eine schmierige Kleinstadtschlampe, die verzweifelt um Aufmerksamkeit buhlte. Und genau so stellte Bridget sie auch in dem Artikel dar, der keineswegs eine Geschichte aus dem Leben repräsentierte, es sei denn, man interessierte sich dafür, wie ein Mensch in Stücke gerissen wurde. Mit jedem Wort, das sie las, kochte Melanies Blut höher, und als sie den letzten Absatz erreicht hatte, war sie über den Siedepunkt weit hinaus.
›Es gibt drei Dinge, zu denen ich niemals Nein sage:‹, erklärt Melanie Paxton, die neue Geschäftsführerin der heißesten Boutique von Morne Bay, ›heißer Sex, heiße Kleidung und gratis Werbung.‹
Zum Ärger aller Bewohner von Morne Bay hat Miss Paxton bewiesen, dass sie zu ihren Worten steht. Das Chimera , einst ein Paradies für Sammler schöner, gut erhaltener Secondhand-Kleidung, bietet jetzt auch Waren an, die besser zu einer Großstadt als zu dieser ruhigen Gemeinde passen würden. Die neuesten Waren in Morne Bays Hafenviertel sind deutlich heißer, als es dieser Stadt guttut, so lautet zumindest die Meinung des Stadtrates. Vor Kurzem hat der Rat entschieden, dass Miss Paxtons Gesuch nach einer Erweiterung ihres Geschäfts nicht stattgegeben wird.
›Morne Bay ist stolz auf sein ehrenhaftes kulturelles Erbe‹, erklärte Ratsmitglied Harrison Blake. ›Wir leugnen zwar nicht, dass das Chimera dem Geschäftsviertel am Hafen eine einzigartige Aura verleiht, aber wir müssen unser Image für die Touristen bewahren. Sie sind das Lebenselixier unserer Wirtschaft.‹
Offenbar sind Melanie Paxton und ihr Laden zu gefährlich für das ›Lebenselixier‹ von Morne Bay. Wenn Sexspielzeug und Lederkleidung die Richtung sind, die die Harbor Street jetzt einschlägt, dann könnte es für die Bewohner wie auch die Touristen an der Zeit sein, sich einen sichereren Hafen zu suchen.
Harrison Blake war ein toter Mann. Melanie konnte es gar nicht abwarten, ihn mit diesem Artikel zu konfrontieren. Einhundert Bilder, wie sie sich an ihm rächen konnte, rasten durch ihren Kopf. Sie würde die Zeitung zusammenrollen und Harrison damit auf die Nase schlagen, wenn sie ihm sagte, was für ein feiger kleiner Wurm er war. Sie würde ihn zwingen, sich auf alle viere niederzulassen und sich auf Bridget Lockes Artikel zu erleichtern, bis die Zeitung ein echtes Schmierenblatt war. Dann würde sie Bridget Locke die Zeitung per Post schicken. Diese heuchlerische Kanalratte hatte anscheinend schon von Anfang an, als sie Melanies Laden betrat, vorgehabt, einen solchen Artikel zu schreiben, und Melanie hatte ihr auch noch ahnungslos in die Hände gespielt.
»Ich bin selber schuld«, sagte sie sich. »Ich hätte damit rechnen müssen.«
Sie schlug mit der Faust auf das Lenkrad. Ihr erster Impuls war, die ganze Zeitung zu zerreißen und als Konfetti auf die Straße zu werfen, aber nachdem sie einige Male tief Luft geholt hatte, änderte sie ihre Meinung. Sie faltete die Seiten mit Bridgets Artikel sorgfältig zusammen und legte sie auf den Beifahrersitz. Mit
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