Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
Brettern eingesperrt. Sobald eine Frau darin festgehalten wurde, war sie dem Spott und den Quälereien der Dorfbewohner ausgesetzt, die sich oft um sie versammelten und sie anstarrten. Wie Nathaniel Hawthorne es in seinem Klassiker über die Sexualität und die öffentliche Erniedrigung, Der scharlachrote Buchstabe , ausgedrückt hatte, »gibt es kein scheußlicheres Verbrechen, als einem Sünder zu verbieten, sein Gesicht aus Scham zu verbergen«. Die Bestrafungen, die sich Nathan vor seinem inneren Auge vorstellte, waren sehr viel privaterer Natur, aber er hatte den Pranger derart sorgfältig und detailgetreu reproduziert, dass er perfekt als Werkzeug für Folter und Erniedrigung einsetzbar war.
Nathan strich mit der Hand über die glatte Holzoberfläche, die er so lange geschmirgelt hatte, bis sie ganz glatt war. Kein Kolonist hatte einem Folterinstrument jemals so viel Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen. Als er sich in seiner Werkstatt umsah und die Bänke, Instrumente und Paddles betrachtete, die er im Schweiße seines Angesichts angefertigt hatte, schwoll ihm vor Stolz die Brust. Auch wenn er es nie öffentlich zugegeben hätte, so war Nathan stolz darauf, Teil einer seit langer Zeit bestehenden Tradition der formalen Disziplinierung zu sein. Er hätte niemals verängstigte Opfer verfolgen, unterdrücken oder foltern können. Seiner Meinung nach war es viel besser, die eigenen sadistischen Impulse zu erkennen und zusammen mit Frauen auszuleben, die ebenso gern Schmerz spürten, wie es Nathan liebte, ihn zu verursachen.
»Du solltest deine Arbeit wirklich mit anderen teilen, Nathan. Es ist eine Schande, dass du all diese wunderschönen Sachen hinter Schloss und Riegel aufbewahrst.«
Nathan blickte auf. »Dana! Was für eine Überraschung.«
Die Professorin stand in der offenen Tür, und das morgendliche Licht umspielte ihre Konturen. Zu Nathans Erleichterung trug sie heute nicht ihr Dominatrix-Catsuit oder ihre hohen Stiefel. Sie betrat die Hütte und verschlang die verschiedenen Objekte, die in Nathans Werkstatt standen, mit ihren Blicken. »Einiges davon würde ich dir sogar abkaufen«, meinte sie und ließ die Finger über die erhöhte Plattform einer Prügelbank gleiten. »Sind sie zu verkaufen?«
»Offiziell nicht, aber ich mache dir gern ein Angebot. Ich bin noch nicht bereit, der Öffentlichkeit meine geheime Identität zu enthüllen.«
»Du wirst sie hier nicht mehr sehr viel länger verstecken können. Nicht in einer so kleinen Stadt. Dann solltest du lieber gleich mit offenen Karten spielen – das ist meiner Erfahrung nach das Klügste. Alle in Beardsley wissen von meinen Neigungen.«
»Beardsley ist eine College-Gemeinde und viel liberaler als Morne Bay.«
»Die Gemeinde ist eigentlich nicht das Problem, oder? Es ist das Individuum selbst, das letzten Endes entscheidet, wie es über seine Identität denkt. Wir leben nicht mehr in der Kolonialzeit, Nathan.«
»Ich verstehe deinen Standpunkt. Eigentlich habe ich selbst schon darüber nachgedacht, es nicht länger zu verheimlichen. Ich würde gern einige dieser Gegenstände verkaufen, und sei es auch nur, um Platz für neue zu schaffen.«
»Gut. Dann nehme ich eines dieser wunderbaren Bruderschafts-Paddles aus Ahorn. Ich muss bei meinen Studenten an Autorität gewinnen. Übrigens habe ich auch etwas für dich. Es ist sozusagen ein Friedensangebot.«
Unter einem Arm hielt Dana eine dünne, in Leder eingebundene Mappe, die sie Nathan nun überreichte. Das Leder war rissig und verzogen, als hätte der Band jahrzehntelang unter einem Stapel aus Kisten und anderen Papieren gelegen.
»Ein Friedensangebot? Wieso denn das?«
»Ich habe mich wegen unseres letzten Treffens schlecht gefühlt. Daher möchte ich nochmal von vorn anfangen, sozusagen die Zeit zurückdrehen. Ich finde, dass wir viel bessere Kollegen als Liebende sind.«
»Da muss ich dir zustimmen, aber es gab auch Momente an diesem Abend, die ich um nichts auf der Welt hätte verpassen mögen. Was haben wir denn hier?« Nathan öffnete die Mappe. Die spröden Seiten darin rochen nach Staub und Schimmel, doch dieser Duft war einem Historiker wie Nathan natürlich sehr vertraut. Die Seiten waren mit einer spinnenartigen Schrift bedeckt, und die Tinte hatte sich schon graubraun verfärbt. Zuerst war er sich nicht sicher, was er da vor sich hatte, aber als sich seine Augen an die in fließender Schrift beschriebenen Zeilen gewöhnt hatten, begriff er, welchem Zweck sie dienten.
»Das sind
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