Geliebt, begehrt, verwoehnt
machen.
Eigentlich brauchte sie, Melly, niemanden, der ihr die aktuelle Entwicklung erklärte. Sie wusste auch so Bescheid. Von den Führungskräften, die sie in letzter Zeit in neue Positionen vermittelt hatte, hatten fast alle auf Vertragsklauseln bestanden, die ihnen mehr Zeit für die Familie garantierten.
Früher hatten ihre gemeinsamen Abende erst spät geendet, jetzt schienen alle danach noch etwas anderes vorzuhaben. Alle bis auf sie. Von dem Weinlokal, in dem sie sich getroffen hatten, war es nicht weit zu ihrer Wohnung. Melly beschloss, zu Fuß zu gehen. Auf halbem Weg blieb sie vor einem kleinen Supermarkt stehen, der so spät noch geöffnet hatte. Einer plötzlichen Eingebung folgend, ging sie hinein. Erst als sie wieder draußen auf der Straße stand, fragte sie sich, warum sie alle Zutaten für Chili gekauft hatte.
"Grandma, warum kommst du nicht mit mir nach London? Wir könnten ein bisschen einkaufen und uns abends ein neues Musical ansehen", schlug Melly Arabella Russell am Wochenende vor.
"Es ist lieb von dir, dass du an mich denkst, Melly, aber ich bin einfach nicht in der Stimmung. Hier zu Hause fühle ich mich deinem Großvater näher, obwohl wir hier nur ein paar Monate gewohnt haben."
Ihre Großeltern waren sechs Monate vor dem Tod ihres Großvaters in ein kleineres Haus umgezogen. Es machte Melly traurig, ihre Großmutter so reden zu hören. In den wenigen Wochen, seit sie sie zuletzt gesehen hatte, schien sie alt und gebrechlich geworden zu sein. Sie wirkte müde und hatte keine rechte Freude mehr am Leben.
Melly konnte sich eine Welt ohne ihre Großmutter nicht vorstellen. Panik überkam sie, wenn sie an diese Möglichkeit auch nur dachte. Wenn Finn sie nicht daran gehindert hätte, das Haus zu kaufen, dann hätte sie jetzt eine wunderbare Überraschung für ihre Großmutter. Sie hätte sich darauf freuen können, die Augen der alten Dame wieder leuchten zu sehen, wenn sie das Haus betrat, in dem sie als jung verheiratete Frau einmal glücklich gewesen war.
Melly war sicher, dass ihre Großmutter in dem alten Haus ihren verstorbenen Mann vor sich sehen würde, wie er damals gewesen war. Aus den vielen schönen Erinnerungen hätte sie Kraft und Lebensmut schöpfen können. Doch Finn hatte es verhindert.
Unvermittelt stand Melly auf und ging in die Küche ihrer Großmutter. Dort fing sie an, die Schränke zu durchsuchen.
„Melly, was machst du da?"
Melly fühlte sich ertappt und drehte sich zu ihrer Großmutter um, die ihr in die Küche gefolgt war.
"Ich wollte Chili kochen."
"Wie bitte?"
Melly errötete und schloss die Türen der Küchenschränke wieder. Was war nur mit ihr los? Warum überkam sie jedes Mal, wenn sie an Finn dachte, der unwiderstehliche Drang, Chili zu kochen? Es hielt die Erinnerung an die Zeit lebendig, die sie gemeinsam verbracht hatten. Aber warum wollte sie das? Dafür gab es nur eine Erklärung, und die gefiel Melly überhaupt nicht. Es gab ihr zu denken, dass sie an den Erinnerungen an Finn hing wie ein Kind an seiner Lieblingskuscheldecke, die es an sich zog, wenn es sich einsam fühlte.
Es war über einen Monat her, dass sie Finn zuletzt gesehen hatte. Genau genommen, waren es fünf Wochen, zwei Tage und siebendreiviertel Stunden.
Nicht, dass sie die Stunden zählte. Es war ihr völlig gleichgültig. Sie war glücklich, es ging ihr gut, ihr Leben war perfekt. Alles war genau so, wie sie es sich immer gewünscht hatte, abgesehen von der Sorge um ihre Großmutter.
Zum Kuckuck mit Finn und seiner Abneigung gegenüber Großstädtern! Er hatte kein Recht, darüber zu bes timmen, was andere Leute durften und was nicht. Allein sein Geld verlieh ihm die Macht, dafür zu sorgen, wer sein Nachbar wurde.
Hoffentlich ist er glücklich ganz allein in dem großen Haus, mit seinem Land und seinen Alpakas und dem leer stehenden Altenteil nebenan, dachte Melly bitter. Nein, berichtigte sie sich, ich hoffe, er ist so unglücklich, wie er es verdient. Ihre Großmutter dagegen hatte es nicht verdient, unglücklich zu sein.
Finn betrachtete freudlos seine neue Umgebung. Vor drei Tagen hatte er das Anwesen in Besitz genommen. Das Vieh war in den neuen Stallungen untergebracht, und er hatte ein erstklassiges Team von Mitarbeitern zusammengestellt, das ihm helfen sollte, seine landwirtschaftlichen Pläne in die Tat umzusetzen. Er fragte sich, warum er nicht glücklich war.
Finn stand in der Bibliothek des Herrenhauses, in der er sein Arbeitszimmer einrichten wollte, und
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