Geliebte Betrügerin
eingeschätzt hatte. Er hatte ihr einen Schrecken einjagen wollen.
»Ihre Gnaden, die Herzogin, hatte ein Feuerwerk arrangiert, also hatten die Bediensteten die Vorhänge offen gelassen.« Lord Reynard lächelte hingerissen. »Gott sei Dank, sonst hätten wir diesen großartigen Anblick verpasst.«
»Gott sei Dank«, bestätigte Kerrich geheuchelt.
Reynard beugte sich zu ihm hinüber und schlug ihm aufs Knie. »Du bist nur neidisch, weil du es nicht gesehen hast. Dabei bist du doch im Garten gewesen. Du hättest nur nach oben sehen müssen, junge!«
»Mir war übel. Ich hatte eines der Pferde genommen und war schon zu Hause«, blieb Kerrich eisern bei der Geschichte, die er seit zwölf Jahren erzählte.
»Wie auch immer. Der Nebel hätte dir vielleicht ohnehin die Sicht genommen. Der Nebel ist wie ein Irrlicht an den Fenstern vorbeigewirbelt, hat das Kerzenlicht eingefangen und ist davongetanzt, als er den König und die Duchess of Kent hat streiten hören.«
»Ja, alles war feucht vom Nebel«, bestätigte Kerrich. Das Spalier. Das Dach. Und das Sims des Fensters, hinter dem sich dieses eine Mädchen, das offenbar ein Übernachtungsgast gewesen war, fürs Bett entkleidet hatte …
»Dieser junge Mann hat uns eine Unterhaltungseinlage beschert, die man mit Geld nicht hätte kaufen können.« Lord Reynard lachte auf eine Art, dass Kerrich sich winden wollte. »Und da hing der Bursche. An einem zerbrochenen Spalier vor den Fenstern des Speisesaals. Kopfüber, die Hosen heruntergerissen, bis auf das eine Stück, das sich im Stiefel verhängt hatte -« Lord Reynard brach ab, weil er lachen musste.
Kerrich hoffte schon, dass er es hinter sich hatte.
Aber nein. »Seine Arme hingen über seinen Kopf hinunter. Das freie Bein strampelte herum. Und im Licht der Kerzen leuchtete sein nackter Hintern wie der Vollmond.« Wieder Gelächter.
Kerrich lächelte mit so viel geheucheltem Vergnügen, dass es schmerzte.
»Und als er sich halb um die eigene Achse gedreht hat, haben wir auch noch den Rest des Sternbildes gesehen.« Lord Reynard klopfte sich auf die Schenkel und grölte über seinen eigenen Witz.
»Wie drollig«, sagt Kerrich.
»Oh, ja. Ich sage dir, junge, dieser Komet hatte wahrlich einen langen Schweif!«
Kerrich hätte am liebsten sein Gesicht bedeckt.
Reynard schüttelte immer noch kichernd den Kopf. »Die alte Schachtel von Herzogin hat vor Entsetzen zu kreischen angefangen. Aber erst – und das ist uns allen aufgefallen, nachdem wir die ganze Vorstellung zu Gesicht bekommen hatten. Und der König hat immer wieder gesagt ~Das ist das erste Mal, dass ich in einer Nebelnacht einen solchen Vollmond sehe~.«
»König William hatte seine eigene Art, sich auszudrücken«, sagte Kerrich.
»Eigentlich nicht. Er hatte nicht viel von einem König und auch nicht von einem Spaßmacher. Aber die Gazetten haben den Satz verwendet und unzählige Karikaturen von dem Burschen gedruckt, wie er da kopfüber vorm Fenster hing.« Lord Reynard zeigte mit gekrümmtem, arthritischen Finger auf Kerrich. »Weißt du, dass ich alle diese Zeichnungen gesammelt und aufbewahrt habe?«
Kerrich nahm einen großen Schluck Whisky. »Nein, das wusste ich nicht.«
»Wir haben nie herausgefunden, wer der Bursche war.«
Kerrich setzte sich ein wenig gerader hin. »Du hast doch gesagt, es sei irgendein Faxenmacher von niedrigem Stand gewesen.«
Lord Reynard legte den Finger ans Kinn und nickte. »Das hat die Herzogin behauptet. Und die anderen haben es nachgeplappert. Aber ich sage dir, junge, ich habe unter dem Hemd, das ihm übers Gesicht hing und es unmöglich machte, ihn zu identifizieren, etwas gesehen -«
Kerrich fühlte sich krank.
»Ich habe ein Stück von seinem Jackett gesehen. Ich habe genau hingeschaut, bevor er dann schließlich heruntergefallen ist. Es war ein gut gemachtes Jackett, von einem guten Schneider.« Lord Reynard blickte Kerrich in die Augen. »Wenn du nicht das Pferd genommen hättest und nach Hause geritten wärst … ich hätte gedacht, du selest es gewesen.«
Kapitel 8
Kerrich rückte sich die Kissen zurecht, lehnte sich ans Kopfende des Betts und studierte halbherzig das echte Bilanzenbuch der Bank. ja, er sah, wo die Fälschungen einen langsamen, aber beständigen Abfluss von Geldern verursacht hatten. Er hätte Lewis dafür am liebsten durchgeschüttelt. Aber er durfte nicht. Durfte nicht, weil Mr. Veare gesagt hatte, dass er nicht durfte.
Kerrich schloss die Augen, lehnte sich zurück und dachte an
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