Geliebte der Ewigkeit (German Edition)
Strukturen, die ihr vertraut waren. Und die sagten ihr, dass ein Herz in seiner Brust schlagen sollte. Außerdem tauchte ein Gedanke auf, eine Erinnerung, dass es dort einst schlug. Nicht das Herz eines Trugbildes, sondern eines Mannes, der gelebt und geliebt hatte. Sie schüttelte diesen seltsamen Gedanken ab. Quinn hatte ihr gesagt, Nathair sei nur ein Trugbild, mehr nicht. Hinter der schönen Maske verbarg sich etwas, das kein Herz benötigte, um zu existieren.
Traf das auch auf sie zu? Erschrocken entzog sie ihm die Hand, legte die Finger auf die Stelle neben ihrem Kehlkopf. Fühlte voller Erleichterung ihren Puls. Sie war nicht tot. Oder untot. „Warum haben die Tabletten nicht gewirkt? Kein Mensch überlebt eine Überdosis Hexamethason.“ Sie musste es wissen, Suizide waren Tagesgeschäft.
„Du bist kein Mensch, Morrighan.“
„Das stimmt nicht!“
„Sagt dir das dein Puls?“ Er strich mit den Fingerkuppen über die Stelle, an der sie eben noch den Beweis für ihre Menschlichkeit ertastet hatte. „Ein Herzschlag macht dich nicht zu einem Menschen, nicht dein äußeres Erscheinungsbild oder deine Seele.“ Er schmunzelte. „Es erstaunt dich sicher zu hören, dass selbst ich als Dämon eine besitze. Menschen glauben nur zu gern, ein Exklusivrecht darauf zu besitzen, dabei würde ich sie manchem Tier eher zusprechen als den meisten Sterblichen.“
„Willst du mir sagen, dass ich nie hätte sterben können?“ Sie rieb über ihre Seite. Als der Junkie ihre Rippen mit gezielten Tritten gebrochen hatte und sie verzweifelt um Luft rang, hatte sie den Tod vor Augen gesehen. Damals glaubte sie das zumindest. „Was ist mit dem Tumor? Werde ich nicht daran sterben?“
„Du bist als Mensch geboren, du hättest jederzeit sterben können. Möglicherweise auch an dem Tumor, wenn du nicht rechtzeitig hierhergekommen wärst.“
Sie registrierte den feinen Unterschied sofort. Nathair sagte nicht
zu ihm
, sondern lediglich
hierher
. Dieser Ort war sicher nicht daran schuld, dass der Tumor sie nicht mehr zu töten vermochte. Sie hegte eine gewisse Vermutung, wer dafür verantwortlich war, aber sie wollte die Bestätigung von Nathair.
„Wenn du beispielsweise in dieses Flugzeug gestiegen wärst“, sprach er inzwischen weiter. „Gemeinsam mit deinen Eltern.“
„Hast du sie umgebracht?“ Bittere Galle brannte in ihrer Kehle. Morrighan schluckte krampfhaft. „Meinetwegen?“
„Nein.“
Sie suchte nach Hinweisen einer Lüge, aber entweder war er ein geschickterer Lügner als sie oder er sagte die Wahrheit. Kein Blinzeln, kein Blick nach rechts oben und kein Wegschauen. Auch nicht, als er nun seine knappe Antwort ausbaute.
„Welches Interesse sollte ich am Tod deiner Eltern haben? Zu dieser Zeit hatte ich nicht einmal Interesse an dir. Ich besaß noch keinerlei Anrecht auf dich.“ Das klang logisch. Warum sollte er Menschen töten, wenn es ihm keinen Vorteil brachte? Aus Langeweile? Bosheit? Quinns Worten zufolge war das nicht abwegig. Aber dann hätte es jeden beliebigen Menschen treffen können. Dass es ausgerechnet ihre Eltern traf, wäre ein zu großer Zufall gewesen.
„Deine Eltern zu töten, hätte mich bei den Verhandlungen mit den Druiden nicht weitergebracht. Ich kann nicht sagen, ob der Absturz zu den Plänen der Druiden mit dir gehörte oder ob es schlicht ein Unglück war.“
Leere breitete sich aus. Langsam ergab einiges Sinn. „Waren meine Eltern nur Fassade? Engagiert von den Druiden?“ Früher hatte sie die Erzählungen, die sich um die keltische Priesterkaste rankten, für abergläubische Märchen gehalten, die ihr nicht ihr Vater erzählte. Obwohl er sonst an alles glaubte, das die irische Sagenwelt bevölkerte, schwieg er sich über Druiden weitgehend aus. Wenn er sie erwähnte, dann mit einem Unterton in der Stimme, den sie wahrscheinlich jetzt erst richtig einzuordnen vermochte. Ihr Vater, beziehungsweise der Mann, den sie dafür gehalten hatte, fürchtete sich vor ihnen.
„Meines Wissens waren sie deine Eltern. Du bist ihr Fleisch und Blut. Mit dem Zusatz der Sceathrach, die die Druiden in dich gepflanzt haben.“
Sie sollte Erleichterung bei diesen Worten empfinden, doch fühlte nichts dergleichen. Es machte keinen Unterschied, obwohl es das sollte. Hieß das doch, dass sie eine Zeit lang ein normaler Mensch mit einem normalen Leben war.
„Ich nehme an, meine Eltern wussten das.“ Deshalb hatten sie ihr nie das Gefühl gegeben, geliebt zu werden. Sie wussten, was in ihr
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