Geliebte der Finsternis
er am Steuer saß, prallte etwas gegen den Wagen. Aus der nächtlichen Finsternis sprang ein großer schwarzer Drache auf die Motorhaube.
»Lassen Sie die Frau heraus«, befahl er mit Strykers Stimme, »und Sie werden am Leben bleiben.«
Statt zu antworten, setzte Wulf seinen SUV zurück und gab Gas, riss das Lenkrad herum und schleuderte das Biest in die Luft.
Kreischend pustete der Drache einen Feuerstrahl auf den Wagen. Wulf fuhr in halsbrecherischem Tempo weiter, das Monstrum breitete seine Flügel aus und nahm die Verfolgung auf. Schließlich flog es empor und verschwand in einer gleißenden Goldwolke.
»Was zum Geier war denn das?«, fragte Wulf.
»Apostolos«, murmelte Cassandra und bekämpfte die Nebelschwaden, die ihr Gehirn betäubten, »der Sohn der atlantäischen Zerstörerin und ein Gott. Also sind wir ziemlich übel dran.«
»Unsinn«, seufzte er angewidert, »das kriegen wir schon hin.«
Als der Expedition plötzlich von acht Daimons auf Motorrädern umzingelt wurde, zweifelte Wulf an seiner optimistischen Prognose.
Aber nur drei Sekunden lang.
Lachend musterte er die Daimons. »Weißt du, was das Besondere an diesem Auto ist, Cassandra?«
»Nein.«
Blitzschnell lenkte er den Expedition gegen drei Motorräder, und die Fahrer landeten am Straßenrand. »Damit kann man Daimons wie Moskitos wegfegen.«
»Und weil diese Bastarde ebenfalls blutsaugende Insekten sind, würde ich sagen - nur zu!«
Wulf warf ihr einen kurzen Seitenblick zu. Offensichtlich eine Frau, die auch im Angesicht des Todes ihren Humor bewahrte. Das wusste er zu schätzen.
Allem Anschein nach hatten die restlichen Daimons
keine Lust mehr, Mad Max zu spielen, denn sie blieben hinter dem SUV zurück. Er beobachtete im Rückspiegel, wie sie aus dem Blickfeld verschwanden.
Erleichtert atmete Cassandra auf, drehte sich um und hielt nach den Daimons Ausschau. Aber sie waren nicht mehr zu sehen.
»Was für eine Nacht …«, sagte sie leise. Jetzt konnte sie wieder klarer denken, und sie erinnerte sich an alles, was in ihrem Apartment geschehen war. Neue Panik stieg in ihr auf, denn sie entsann sich, dass sie vergeblich nach Kat gesucht hatte. »Warte, wir müssen zurückfahren!«
»Warum?«
Aufgeregt ergriff sie Wulfs Arm. »Weil ich nicht weiß, was meinem Bodyguard zugestoßen ist.«
Ohne die Straße aus den Augen zu lassen, fragte er: »War sie nicht in der Wohnung?«
»Doch, vielleicht …« Cassandra unterbrach sich, um nachzudenken. »Da bin ich mir nicht sicher. Sie ging in ihr Zimmer und telefonierte. Als es klopfte, wollte ich Kat holen, denn sie sollte mich zur Tür begleiten. Aber ich fand sie nicht.« Verzweifelt ließ sie seinen Arm los. Wenn der Freundin nach all den gemeinsamen Jahren etwas zugestoßen war … »Glaubst du, die Daimons haben sie getötet?«
»Keine Ahnung.« Wulf wechselte die Fahrspur. »Ist das die blonde Frau im Club?«
»Ja.«
Er zog sein Handy aus dem Gürtel und wählte eine Nummer.
Während Cassandra wartete, kaute sie an ihren Fingernägeln.
Aus dem Telefon tönte eine schwache Stimme.
»Hi, Binny«, begann Wulf, »du musst mir einen Gefallen
tun. Gerade habe ich die Sherwood-Studentenapartments bei der University of Minnesota verlassen. Vielleicht - oder auch nicht - gibt’s da einen Todesfall …« Er schaute zu Cassandra hinüber. Aber seine Augen verrieten nicht, was er dachte und fühlte. »Ja, ich weiß, heute Nacht ist der Teufel los. Und du weißt noch längst nicht alles.«
Er legte seine Finger auf das Handy.
»Wie heißt deine Freundin, Cassandra?«
»Kat Agrotera.«
Erstaunt runzelte er die Stirn. »Woher kenne ich diesen Namen?«
Dann teilte er ihn der Person am anderen Ende der Leitung mit.
»Scheiße!«, stöhnte er nach einer kurzen Pause. »Meinst du, die sind mit ihr verwandt?«
Er warf wieder einen Blick in Cassandras Richtung. Diesmal wirkte sein Stirnrunzeln noch düsterer.
»Das weiß ich nicht, Binny. Ash hat gesagt, ich soll sie beschützen. Und jetzt höre ich einen Familiennamen, der ihren Bodyguard mit Artemis in Verbindung bringt. Könnte das ein unheimlicher Zufall sein?«
Cassandra legte den Kopf schief. Natürlich, Kats Nachname - so lautete einer der vielen Beinamen der griechischen Göttin Artemis. Warum ist mir das noch nie aufgefallen?
Nachdem sie aus Belgien geflohen war, eine Daimon-Bande auf den Fersen, hatte sie Kat in Griechenland kennengelernt. Eines Nachts stand ihr die blonde Frau in einem Kampf bei und erzählte, sie sei
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